Dresden steht am Sonntag vor einer wegweisenden Landtagswahl, wie sie in der Geschichte des Freistaates Sachsen möglicherweise noch nie so offen war. In den Umfragen liefern sich die Christlich Demokratische Union (CDU) und die Alternative für Deutschland (AfD) ein Kopf-an-Kopf-Rennen, wobei sich die Wahlbeteiligung als entscheidend herausstellen könnte. Insbesondere etwaige Überraschungen durch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) machen die Angelegenheit noch spannender, da diese neu gegründete Partei in Umfragen von bis zu 15 Prozent spricht und sich somit als drittstärkste Kraft etabliert hat.
Im Fokus der Wahl stehen die potenziellen Machtverhältnisse im neuen Landtag. Der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer stellt fest, dass die CDU seit 1994 zwar mehrere Wahlsiege errungen hat, dennoch konnte sie signifikant bei den Zweitstimmen verlieren. Der Rückgang der Zweitstimmen ist ein besorgniserregender Trend, der die Unsicherheit der wahlprozesse widerspiegelt. Von über 1,2 Millionen Zweitstimmen 1994 auf nur 645.000 im Jahr 2014, glücklicherweise stieg die Zahl 2019 auf 695.000. Dennoch bleibt fraglich, ob dieser Trend sich erneut fortsetzen wird.
Ungewissheit über die Regierungsform
Die unklare Wahrscheinlichkeit eines Bündnisses zwischen der CDU und der AfD ist ein heiß diskutiertes Thema. Während die CDU kategorisch ausschloss, mit der AfD eine Regierung zu bilden, setzt der Verfassungsschutz die AfD in Sachsen als rechtsextrem ein. In Umfragen liegt die CDU bei 33 Prozent, während die AfD mit 30 Prozent dicht folgt. Für die Koalitionsverhandlungen könnte der Studiensituation bedeutsam sein, dass die Grünen und die SPD unter Druck stehen, um zumindest einen Platz im Parlament zu sichern – dies könnte sogar für die Linke mit 4 Prozent steinig werden.
Politikexperte Johannes Kiess von der Universität Leipzig meint, dass das Ergebnis dieser Wahl so offen ist wie nie und der Wahlkampf dadurch viel intensiver wird. Sowohl Grüne als auch Linke könnten auf Direktmandate angewiesen sein, um einen Wiedereinzug in den Landtag zu gewährleisten. Darüber hinaus hat sich die politische Landschaft durch das Erscheinen des BSW gewandelt, das eine Schlüsselfunktion in der kommenden Regierungsbildung haben könnte.
Das BSW scheint indes Sorge darüber zu hegen, ob es ernsthaft an einer Regierungsbeteiligung interessiert ist. Sowohl Kiess als auch Vorländer spekulieren, dass Sahra Wagenknecht möglicherweise mit Blick auf die Bundestagswahl 2024 verschiedene Spielzüge in Betracht zieht. Das wäre eine faszinierende Dynamik, die auch bei den etablierten Parteien das Nachdenken und die strategische Planung voranbringen müsste.
Erhöhte Aggressivität im Wahlkampf
Die Wahlen in Sachsen werden von einem spürbaren Anstieg in der Aggressivität und dem Populismus im Wahlkampf durchzogen. In jüngster Zeit wurde mehrere Fälle von Gewalt dokumentiert, die den besorgniserregenden Trend unterstreichen. Ein Vorfall, bei dem der SPD-Politiker Matthias Ecke angegriffen wurde, zeigt auf, wie gewalttätig die politische Atmosphäre geworden ist. Solche Ereignisse werfen einen Schatten auf das politische Klima, in dem die Wähler ihre Stimme abgeben.
Der Wahlkampf stellt nicht nur die Wähler vor eine Wahlentscheidung, sondern sie bringt auch die Parteien in eine schwierige Lage. Während CDU und SPD in der Vergangenheit stabile Koalitionen gebildet haben, gibt die derzeitige Umfragelage keinen klaren Hinweis auf eine mögliche Mehrheit. Die Grünen erhoben vor Kurzem auch Vorwürfe gegen das BSW, dessen demokratische Verankerung in Frage gestellt wurde – nach eigenen Angaben unterlaufen sie die demokratischen Prinzipien. Politische Muschikähne und Vorwürfe unterstreichen die Ansprüche jeder Partei, um Wähler zu gewinnen und ein stabiles Regierungsbündnis zu schaffen.
Im Endeffekt bleibt abzuwarten, wie die Wähler entscheiden. Die Unsicherheit über die Regierungsbildung und die erwartete Fragmentierung im Parlament könnten zu einem nie zuvor gesehenen Szenario führen, das die politische Landschaft in Sachsen nachhaltig verändere.