Frankfurt (ots)
In einem bewegenden Interview mit der Frankfurter Rundschau hat Daniel Muth, der Polizeipräsident von Südosthessen, seine tiefe Betroffenheit über die Fehler der Polizei im Umgang mit den Opfern des tragischen Terroranschlags von Hanau zum Ausdruck gebracht. Dies geschah fast fünf Jahre nach der verhängnisvollen Nacht am 19. Februar 2020, als ein rechtsextremer Täter rassistisch motiviert neun Menschen ermordete und anschließend seine Mutter und sich selbst tötete. Muth sagt klar und deutlich: „Wir haben Fehler im Umgang mit den Opfern und den Angehörigen gemacht.“ Diese Aussage kommt zu einem Zeitpunkt, an dem das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden auf dem Spiel steht, und sie könnte für viele eine Art von Erlösung darstellen.
Der Polizeipräsident erklärte, dass bei einem derart ernsten Vorfall wie diesem eine spezielle Landeslage hätte ausgelöst werden müssen. Eine solche Landeslage bedeutet, dass die Verantwortung für die Situation an einen erfahrenen Polizeiführer übergeben wird. „Das ist damals nicht geschehen“, betonte Muth. Dies wirft Fragen über die Organisationsstruktur und die Reaktionsfähigkeit der Polizei auf. In einer Zeit, in der viele Menschen auf ein effektives Krisenmanagement angewiesen sind, sind solche Versäumnisse inakzeptabel.
Die Auswirkung auf die Angehörigen
Die unmittelbaren Folgen des Anschlags waren für die Angehörigen der Opfer verheerend. Die Polizei hatte sie in einer Sporthalle versammelt, in der Schießscheiben hingen. Dort mussten sie stundenlang warten und waren in Ungewissheit darüber, ob ihre Liebsten noch leben. „Das muss für sie sehr schwer zu ertragen gewesen sein“, erklärte Muth. Die Art und Weise, wie die Todesnachrichten überbracht wurden, war alles andere als einfühlsam, und das hat tiefe Narben hinterlassen, wie die Angehörigen eindringlich schilderten. Die Erinnerung an diese Momente ist für die Betroffenen traumatisch. Es zeigt sich, dass nicht nur der Verlust eines geliebten Menschen, sondern auch die Art des Umgangs mit den Betroffenen eine große Rolle spielt.
Besonders bemerkenswert ist, dass der damalige Innenminister Peter Beuth (CDU) nach dem Vorfall keine Fehler der Polizei eingestand und den verantwortlichen Polizeipräsidenten zum Landespolizeipräsidenten beförderte. Dies führte zu Irritationen unter den Bürgern und hat dazu beigetragen, das Misstrauen gegenüber den Behörden weiter zu schüren. Muth, der die Nachfolge von Ullmann und Möller angetreten hat, hat sich nun Im Juni 2024 öffentlich bei den Angehörigen entschuldigt und sich klar hinter die Worte seines Vorgängers Roman Poseck gestellt.
Diese Entschuldigung impliziert nicht nur eine persönliche Verantwortung von Muth, sondern zeugt auch von einem notwendigen Wandel innerhalb der Polizeiführung und der Politik. Die Aufarbeitung solcher traumatischen Ereignisse ist wichtig, nicht nur für die Angehörigen, sondern auch für die Gesellschaft als Ganzes. Es lässt sich nicht negieren, dass die Aufklärungs- und Reaktionsstrategien im Umgang mit rechtsextremem Terrorismus und seinen Opfern in Deutschland eine grundlegende Neubewertung erfahren müssen. Der Vorfall zeigt die dringende Notwendigkeit für eine Reform, um sicherzustellen, dass ähnliche Fehler in der Zukunft nicht mehr passieren.