Am Samstagnachmittag setzte eine Gruppe von rund 80 Menschen ein eindrucksvolles Zeichen für die Rechte von Menschen mit Behinderung auf dem Marienplatz in München. Unter dem Motto „Randgruppenkrawall“ fordern die Teilnehmenden eine konsequentere Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, die seit 2009 in Deutschland in Kraft ist. Trotz dieser gesetzlichen Grundlage beklagen viele Betroffene, dass grundlegende Rechte oft nicht ausreichend gewährt werden.
Eine lange anhaltende Problematik
Patricia Koller, eine der Veranstalterinnen, äußert scharfe Kritik an der fortwährenden Ausgrenzung und Benachteiligung von Menschen mit Behinderung. Besonders heftig empfindet sie die Erfahrungen von Betroffenen im Umgang mit Behörden, die häufig als schikanös empfunden werden. „Es ist an der Zeit, ein effektives Beschwerdesystem zu etablieren, das Menschen mit Behinderung und psychisch kranken Personen eine Stimme verleiht“, so Koller.
Inklusion im Arbeitsmarkt – Ein unerfüllter Wunsch
Ein zentraler Aspekt der Demonstration ist die Forderung nach mehr Integrationsmöglichkeiten im Arbeitsleben. Antony Wittmann, ein junger Mann mit Lernschwierigkeiten, berichtet von seinem geringen Lohn in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung und der Schwierigkeit, barrierefreie Orte in Ingolstadt zu finden. „Es ist frustrierend, wenn man mit seiner Inklusionsgruppe essen gehen möchte und ständig nach einem geeigneten Ort suchen muss“, erklärt er.
Schulische Inklusion – Ein Rückschritt?
Die Thematik der schulischen Inklusion wurde ebenfalls von Martin Blasi angesprochen, der als Behindertenbeauftragter des Bezirks Bogenhausen an der Demonstration teilnimmt. Blasi erinnert sich an seine eigene Schulzeit in den 1980er Jahren, als er trotz seiner Behinderung die Möglichkeit hatte, ein reguläres Gymnasium zu besuchen. Er kritisiert die heutige Praxis, die es für viele Rollstuhlfahrer schwierig macht, aus Förderschulen zurück in reguläre Schulen zu wechseln: „Ein gut ausgebautes Fördersystem ist wichtig, aber es darf nicht dazu führen, dass die Rückkehr ins Regelsystem unmöglich wird,“ erläutert er.
Ein Zeichen der Solidarität
Die Atmosphäre der Demonstration war geprägt von Solidarität und Gemeinschaft. Die Teilnehmenden fanden sich sowohl auf Klappstühlen als auch in Rollstühlen unter bunten Sonnenschirmen zusammen, während Redebeiträge live in Gebärdensprache übersetzt wurden. Musikalische Beiträge, wie die Darbietung einer Sambagruppe, rundeten die Veranstaltung ab, die mittlerweile zum siebten Mal vom „Behindertenverband Bayern“ organisiert wurde. Unter den Rednern war auch der ehemalige Oberbürgermeister Münchens, Christian Ude, der weiterhin für die Rechte von Menschen mit Behinderung kämpft.
Ein Weg in die Zukunft
Die Demonstration in München ist nicht nur ein Zeichen für den bestehenden Unmut über die unzureichende Umsetzung der Gesetze. Sie zeigt auch das kontinuierliche Engagement und den Willen der Betroffenen und Unterstützer, den Dialog zu fördern und die Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderung nachhaltig zu verbessern. Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten sollten für alle zugänglich sein, um eine inklusive Gesellschaft zu schaffen, in der niemand zurückgelassen wird.