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Religiöse Minderheiten im Irak: Forderung nach stärkerem Schutz durch Deutschland

Die Gesellschaft für bedrohte Völker fordert am 22. August in Göttingen von der Bundesregierung, dem Bundestag und den Kirchen, sich entschieden für verfolgte religiöse Minderheiten im Irak, insbesondere für Jesiden und Christen, einzusetzen, um auf die weiterhin instabile Lage und das Leiden dieser Gruppen aufmerksam zu machen.

Die Situation der religiösen Minderheiten im Irak bleibt besorgniserregend. Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat die Bundesregierung in Deutschland sowie den Bundestag und die großen Kirchen aufgefordert, sich verstärkt für die Anliegen dieser Menschen einzusetzen. Besonders betroffen sind Christen, Jesiden, Mandäer und Baha’i. Diese Gruppen leiden nach wie vor unter Verfolgung und Diskriminierung in ihrer Heimat, was dringende Maßnahmen erfordert.

Kamal Sido, der Nahostreferent der Organisation, machte am 22. August in Göttingen auf die prekäre Lage der religiösen Minderheiten aufmerksam. Anlässlich des Internationalen Tags zum Gedenken an die Opfer von Gewalttaten aufgrund von Religion oder Glauben, appellierte er an die deutschen Politiker, in Gesprächen mit irakischen Regierungsvertretern konkret auf die Situation dieser Gruppen hinzuweisen. „Die Leute sollten nicht nur Höflichkeiten austauschen, sondern die offensichtlichen Missstände offen ansprechen“, sagte Sido.

Die lange Schattenseite der Vertreibung

Zehn Jahre nach dem grausamen Genozid an der jesidischen Gemeinschaft in Sinjar, wo unzählige Menschen vertrieben und ermordet wurden, leben nach Schätzung der Menschenrechtsorganisation immer noch mindestens 600.000 Binnenflüchtlinge in der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak. Darunter sind laut Schätzungen etwa sieben Prozent Christen. Die Mehrheit der Binnenflüchtlinge sind jedoch Jesiden, deren Hoffnung auf Rückkehr in ihre Heimat durch die anhaltende Instabilität im Land immer wieder gedämpft wird.

„Wegen der angespannten Lage und des Erstarkens des politischen Islams sind viele der religiösen Minderheiten dazu gezwungen, über eine Auswanderung nachzudenken“, so Sido. Die radikalen Strömungen des Islamismus, sowohl schiitischer als auch sunnitischer Prägung, beeinträchtigen nicht nur die Sicherheit in den arabischen Regionen des Irak, sondern auch in der autonomen Region Kurdistan. Der Druck auf die religiösen Minderheiten bleibt hoch, und Perspektivlosigkeit ist weit verbreitet.

Der schreckliche Leidensweg der Jesiden

Anlässlich des Gedenkens erinnerte die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) insbesondere an die Grausamkeiten, die die Jesiden erlitten haben. Ab August 2014 wurde diese Glaubensgemeinschaft systematisch vom „Islamischen Staat“ verfolgt. Massaker an mehr als 5.000 männlichen Jesiden und die Versklavung von rund 7.000 Jungen und Frauen waren schreckliche Folgen dieser Verfolgung. Petra Bosse-Huber, EKD-Auslandsbischöfin, äußerte, dass die Jesidinnen in dieser Zeit unvorstellbares Martyrium erlebt hätten. Viele von ihnen seien gedemütigt und vergewaltigt worden, einfach weil sie in den Augen der Extremisten als Ungläubige galten.

Die kirchlichen Vertreter betonen, dass es nicht nur um die Erinnerung an vergangenes Unrecht geht, sondern auch darum, die betroffenen Menschen aktiv zu unterstützen. Die von der EKD angesprochenen Abschiebungen von Jesiden aus Deutschland sind nicht zu rechtfertigen, meint Bosse-Huber. Auch wenn der IS theoretisch besiegt sei, bleibe die Gefahr für die Minderheiten bestehen. Ihrer Meinung nach ist eine dauerhafte Bleiberechtsregelung für diese gefährdeten Gruppen dringend erforderlich.

Die Forderungen an die deutsche Politik sind also klar: Ein stärkeres Engagement für die religiösen Minderheiten im Irak ist notwendig. Die Hinweise auf die Risiken und Notlagen dürfen nicht weiter ignoriert werden. Politische Rückendeckung für Islamistengruppen aus Ländern wie der Türkei, dem Iran oder Katar zeigt die Komplexität der Situation im Irak und die Herausforderungen, vor denen diese Gemeinschaften stehen.

Dringlichkeit der politischen Unterstützung

Um effektiv auf die Bedürfnisse und die Sicherheit der religiösen Minderheiten einzugehen, ist ein politischer Dialog erforderlich. Dieser sollte nicht nur leere Worte oder Höflichkeiten umfassen, sondern handfeste Maßnahmen und klare Positionierungen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Stimmen der Betroffenen gehört werden und die Bundesregierung sowie die Kirchen entschlossene Schritte unternehmen, um die Lage im Irak zu verbessern. Der Einsatz für verfolgte Gruppen ist nicht nur ein moralischer Imperativ, sondern auch eine humanitäre Notwendigkeit, die nicht ignoriert werden darf.

Die Situation religiöser Minderheiten im Irak ist nicht nur eine humanitäre Krise, sondern auch ein komplexes Zusammenspiel politischer, wirtschaftlicher und sozialer Faktoren. Die Verfolgung von Christen, Jesiden und anderen Minderheiten hat tiefgreifende Wurzeln in der Geschichte des Landes und den Entwicklungen in der Region. Insbesondere nach dem Sturz des Saddam-Hussein-Regimes 2003 erlebte der Irak erhebliche Veränderungen, die zu einem Machtvakuum führten. Dies begünstigte das Aufkommen extremistischer Gruppierungen, die gezielt religiöse Minderheiten angreifen.

Die ökonomischen Bedingungen im Irak sind ebenso dezimiert wie die Sicherheitslage. Viele Binnenflüchtlinge leben in prekären Verhältnissen, ohne Zugang zu den grundlegenden Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheit und Arbeit. In manchen Gebieten, wie der Autonomen Region Kurdistan, haben sich die Bedingungen zunächst verbessert, doch bleiben diese oft unzureichend und gefährdet durch die anhaltende Unsicherheit und politischen Spannungen.

Integration und Rückkehrmöglichkeiten

Die Rückkehr von Binnenflüchtlingen, insbesondere von Jesiden und Christen, steht vor enormen Herausforderungen. In vielen Fällen ist die notwendige Infrastruktur zur Unterstützung einer sicheren Rückkehr nicht vorhanden, und viele der zurückkehrenden Flüchlinge ziehen es vor, anderswo ein neues Leben zu suchen. Zudem gibt es Berichte über Reaktionen der Bevölkerung gegenüber Rückkehrern, die von Misstrauen bis hin zu weiteren Konflikten reichen können.

Die deutsche Bundesregierung hat mehrere Initiativen zur Hilfe für die betroffenen Minderheiten ins Leben gerufen, jedoch sind viele dieser Maßnahmen oft temporär und nicht nachhaltig.

Aktuelle Statistiken zur Lage der Minderheiten

Eine aktuelle Erhebung zur Situation von Binnenflüchtlingen im Irak zeigt, dass etwa 2,3 Millionen Menschen nach wie vor in einem flüchtlingsähnlichen Zustand leben (UNHCR). Die Anzahl der wieder in ihre Heimat zurückgekehrten Jesiden wird auf weniger als 50.000 geschätzt, während die christliche Bevölkerung, die vor dem IS über eine Million betrug, auf schätzungsweise 200.000 geschrumpft ist. Diese Zahlen verdeutlichen die dramatische Situation der religiösen Minderheiten und zeigen, dass die Bemühungen um eine vollständige Rückkehr und Integration nach wie vor tiefgreifende Unterstützung benötigen.

Außerdem beklagen viele der zurückgekehrten ChristInnen und JesidInnen, dass sie entweder keinen Zugang zu ihren ehemaligen Wohnorten haben oder dass diese zerstört sind, was die Rückkehr weiter erschwert und die Hoffnung auf eine Normalisierung verringert.

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