Wiesbaden (ots)
2023 zeichnete sich durch einen alarmierenden Anstieg illegaler Migration nach Europa aus. Deutschland hat sich dabei als das Hauptziel innerhalb der EU etabliert, was auf die auch weiterhin bestehende Notlage in vielen Herkunftsländern zurückzuführen ist. Statistiken der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache zeigen, dass im vergangenen Jahr rund 380.200 unerlaubte Grenzübertritte registriert wurden, was einen signifikanten Anstieg von etwa 16,5 Prozent im Vergleich zu 2022 darstellt. Damit erreicht die Anzahl der grenzüberschreitenden illegalen Einreisen den höchsten Stand seit 2016.
Ein genauerer Blick auf die deutschen Zahlen zeigt, dass das Bundeskriminalamt (BKA) 266.224 Tatverdächtige für unerlaubte Einreise und Aufenthalt erfasste. Dies stellt im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg von 33,4 Prozent dar. Es ist bemerkenswert, dass viele dieser Migranten zunächst durch die Bundespolizei festgestellt wurden, was die Herausforderungen der Sicherheitskräfte an den Grenzen unterstreicht.
Ursprungsländer der Migranten
Die Herkunftsländer unterscheiden sich erheblich. An der Spitze stehen Syrien, gefolgt von der Türkei und Afghanistan. Ein großer Teil der Migranten hat in ihrem Ankunftsland das Gefühl, sich in einer ausweglosen Lage zu befinden, weshalb sie auf die Dienste von Schleusern zurückgreifen, um nach Deutschland zu gelangen. Im Jahre 2023 gab es bei etwa 39.700 Personen an den deutschen Grenzen konkrete Verdachtsmomente für eine Einschleusung.
Besonders auffällig war der Anstieg der Nutzung bestimmter Migrationsrouten. Im Vergleich zu den Vorjahren entzieht sich der Verkehr über die Westbalkanroute dem Trend, sodass die Zentral- und Ostmediterrane Routen an Bedeutung gewannen. Auch die Art und Weise der Einschleusung hat sich verändert: Vermehrt wurden Migranten zu Fuß, in Kleintransportern oder PKWs angetroffen, was die Entwicklung der Schleusungsmechanismen verdeutlicht.
Die ansteigende Verwendung von Kleintransportern verdeutlicht, wie sich das Schleusungswesen an die Herausforderungen und Kontrollen anpassen kann. Hierbei sind die Schleuser rücksichtslos und setzen die Menschen einer enormen Gefahr aus. Insbesondere die Praxis der Behältnisschleusungen, bei der Menschen mangels Sauerstoff und Wasser in geschlossenen Fahrzeugen transportiert werden, erweist sich als besonders gefährlich. Im Jahr 2023 wurden über 1.200 Fälle solcher Transporte registriert, wobei die Zahl der betroffenen Personen schätzungsweise 17.500 betrug.
Komplizierte Abläufe und die Struktur der Schleuserorganisationen werden durch den Einsatz moderner Kommunikationstechnologien weiter verkompliziert. Plattformen wie Telegram und WhatsApp werden zur Koordination dieser illegalen Aktivitäten genutzt. Zudem werben diese Organisationen gezielt über soziale Medien, um neue Klienten zu gewinnen, was die Reichweite ihrer Dienste erhöht.
Reaktion der Behörden und internationale Zusammenarbeit
Die deutschen Sicherheitsbehörden stehen vor der Herausforderung, die steigende Zahl der Schleusungen zu bewältigen. In den letzten Jahren ist die Anzahl der kriminalpolizeilichen Ermittler, die auf diese Delikte spezialisiert sind, gestiegen. Dies führte zu einem Anstieg der festgestellten Gruppierungen von 49 im Jahr 2022 auf nunmehr 58 im Jahr 2023. Die Behörden müssen effektiv gegen diese oft international tätigen Banden vorgehen, die sich nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern wie Syrien, der Türkei und der Ukraine aufhalten.
Ein positives Beispiel für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit wurde im Jahr 2023 in Serbien sichtbar, wo verstärkte polizeiliche Maßnahmen dazu führten, dass Schleusungen über die Balkanroute eingedämmt wurden. Diese koordinierte Anstrengung zeigt, wie wichtig länderübergreifende Kooperation im Kampf gegen die Schleusungskriminalität ist.
Die aktuellen Entwicklungen führen zu einem wachsendem Druck auf die nationalen und internationalen Strafverfolgungsbehörden, die sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene Hand in Hand arbeiten müssen.
Schleusungskriminalität im europäischen Kontext
Die Schleusungskriminalität ist ein Problem, das nicht nur Deutschland betrifft, sondern auch viele andere europäische Länder. Im Jahr 2022 registrierte Europol einen Anstieg der illegalen Einreisen in die EU, wobei fast 250.000 unerlaubte Grenzübertritte gezählt wurden. Die überwiegende Mehrheit dieser Einreisen erfolgte über das Mittelmeer, insbesondere die zentrale Mittelmeerroute. Europol, die Europäische Agentur für Strafverfolgungskooperation, berichtete, dass Schleuserbanden zunehmend organisiert und gewalttätig agieren, was die Gefahren für Migranten erhöht, die oft unter extremen Bedingungen reisen. Die Anzahl der Todesopfer im Mittelmeerraum hat dabei besorgniserregende Ausmaße angenommen, mit Tausenden von Menschen, die jedes Jahr während der gefährlichen Überquerung ihr Leben verlieren. Weitere Informationen zu den Entwicklungen in der Schleusungskriminalität finden Sie auf Europol.
Aktuelle Maßnahmen gegen Schleusungskriminalität
Um der wachsenden Bedrohung durch Schleusungskriminalität entgegenzuwirken, haben verschiedene europäische Länder und Organisationen ihre Strategien überarbeitet und verstärkt. Die Europäische Kommission hat im Jahr 2021 einen Aktionsplan zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität ins Leben gerufen, der spezielle Maßnahmen zur Bekämpfung der Schleusungskriminalität umfasst. Dies beinhaltet die Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden sowie den Austausch von Informationen zwischen den Mitgliedstaaten. Zusätzlich haben Länder wie Italien, Griechenland und Spanien ihre Küstenschutzsysteme verbessert, um illegalen Einwanderern und Schleusern entgegenzuwirken.
In Deutschland haben die Behörden in den letzten Jahren verstärkte Kontrollen an den Grenzen sowie intensivere Ermittlungen gegen Schleuserbanden durchgeführt. Die Bundespolizei hat regelmäßig Schulungen und spezielle Einsätze organisiert, um die Strukturen dieser kriminellen Netzwerke aufzudecken und zu zerschlagen.
Herausforderungen der Integrationspolitik
Die Zunahme der Migration und die Herausforderungen, die mit der Schleusungskriminalität verbunden sind, werfen auch Fragen zur Integrationspolitik in Deutschland und Europa auf. Der Zuzug von Migranten aus Krisengebieten, die oft durch Schleuser nach Deutschland gelangen, stellt die Gesellschaft vor verschiedene Herausforderungen. Um einen erfolgreichen Integrationsprozess zu unterstützen, muss sich die Politik gezielt mit den Bedürfnissen und Erwartungen der Migranten auseinandersetzen.
Um Integration zu fördern, haben verschiedene Programme versucht, sprachliche, berufliche und soziale Barrieren abzubauen. Der Zugang zu Bildung, Arbeitsplätzen und medizinischer Versorgung ist entscheidend für die erfolgreiche Eingliederung in die Gesellschaft.
Darüber hinaus ist eine Sensibilisierung der Aufnahmegesellschaft erforderlich, um Vorurteile abzubauen und ein harmonisches Zusammenleben zu fördern. Maßnahmen zur Aufklärung über kulturelle Unterschiede und die Vorteile einer vielfältigen Gesellschaft können dabei helfen, Akzeptanz zu schaffen und Spannungen abzubauen.
Diese Aspekte zeigen, dass die Bekämpfung der Schleusungskriminalität eng mit der Integration von Migranten verbunden ist und dass eine umfassende Politik notwendig ist, um beiden Herausforderungen gerecht zu werden.