Duisburg (ots)
In der Ukraine stehen die Schulen vor einem dramatischen Schulbeginn. Am 1. September 2022 startet das dritte Schuljahr unter den verheerenden Bedingungen eines Krieges, und die Realität ist hart: 3,8 Millionen Kinder kämpfen nicht nur um ihr Recht auf Bildung, sondern auch um ihre Sicherheit. Auch wenn das internationale Recht den Schutz von Bildungseinrichtungen fordert, lassen die Angriffe Russlands auf Schulen und Krankenhäuser keinen Raum für Normalität.
Die Kindernothilfe berichtet von den katastrophalen Auswirkungen, die der anhaltende Konflikt auf die Bildung hat. „In diesem Krieg kämpfen nicht nur Soldaten, sondern auch Kinder – um ihr Recht auf Bildung“, erklärt Carsten Montag, Mitglied des Vorstands der Kindernothilfe. Einheitliche Schulstrukturen sind kaum aufrechtzuerhalten. Tausende von Schulen sind beschädigt oder ganz zerstört, und die inakzeptablen Verhältnisse sorgen für eine immense Notlage unter den jungen Menschen.
Herausforderungen für die Bildung
Die alltäglichen Herausforderungen, mit denen Kinder und Jugendliche konfrontiert sind, sind überwältigend. Die Zerstörung von Infrastruktur, häufige Stromausfälle und der Mangel an Lehrkräften und Lehrmaterial hinterlassen eine riesige Bildungslücke. Und während viele Kinder die Schule nicht mehr besuchen können, sind die Alternativen nicht einfach. Laut den Daten der Partnerorganisation SavED sind etwa ein Drittel der Schüler*innen ins Ausland geflohen, ein weiteres Drittel nimmt online am Unterricht teil, und nur die verbleibenden Schüler*innen haben noch die Möglichkeit, in ihre Schulen zu gehen.
Die physische und psychische Sicherheit ist ein ständiges Anliegen. Viele Schulen bieten nicht einmal ausreichend Schutzräume an, sodass Schülerinnen und Schüler in Kelleräumen untergebracht sind, die zu feuchten und somit ungesunden Lernumgebungen werden können. Dieses besorgniserregende Umfeld hat umfangreiche Konsequenzen auf das Lernverhalten und die psychische Gesundheit junger Menschen.
Für die Kinder, die auf den Fernunterricht angewiesen sind, gibt es zusätzliche Hürden. In vielen ländlichen Regionen ist der Zugang zum Internet und zu den notwendigen Technikgeräten mangelhaft. „In früher besetzten Städten haben russische Soldaten oft Computer und andere Geräte gestohlen“, erläutert SavED. Dies potenziert die Schwierigkeiten, da auch häufige Stromausfälle die Qualität des Unterrichts beeinträchtigen und die schulischen Leistungen negativ beeinflussen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, organisiert SavED spezielle „Blackout-Rucksäcke“ für 1.000 Kinder, die mit nützlichen Unterrichtsressourcen ausgestattet sind.
Psychosoziale Unterstützung und Gemeinschaftsprojekte
Bei diesen kritischen Bedingungen wird die Bedeutung von außerschulischen Aktivitäten deutlich. Die Kindernothilfe-Partner setzen daher auf kreative Projekte, um den Kindern trotz aller Widrigkeiten einen Raum für Lernen und Lernen in Gemeinschaft zu bieten. Aktuell plant die Organisation „Voice of Romni“ ein Fest zum Start des neuen Schuljahres. Das Programm beinhaltet Tanzworkshops und wissenschaftliche Experimente, um die soziale Interaktion und das Lernen zu fördern.
Insbesondere bei den Geflüchteten ist der Lehrerbedarf ein alarmierendes Thema. Viele Lehrkräfte haben die Ukraine verlassen, was zu einem enormen Mangel an bildungserfahrenem Personal führt. Die Folgen sind bereits deutlich sichtbar: es entstehen signifikante Defizite in Mathematik und Lesefähigkeit unter den Schüler*innen. „Ohne Bildung hat die Ukraine keine Zukunftsperspektive“, warnt Montag.
Die Kindernothilfe engagiert sich seit 65 Jahren weltweit für benachteiligte Kinder und deren Familien. Ihre transparente Arbeit wird durch das jährliche Spenden-Siegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) anerkannt.