Rund 10.000 Menschen fanden sich im September 1983 auf dem Johannisplatz in Schwäbisch Gmünd ein, um an einer der bedeutendsten Protestaktionen gegen die Rüstungsstationierung in Deutschland teilzunehmen. Der damalige Showmaster und Schauspieler Dietmar Schönherr, bekannt aus der legendären TV-Show „Wünsch dir was“ und als Commander des Raumkreuzers Orion, war einer der prominenten Teilnehmer dieser Blockade, die sich gegen die Einführung der Pershing-II-Raketen richtete.
Die Protestaktion vor dem Pershing-II-Depot in Mutlangen mobilisierte zahlreiche bekannte Gesichter aus Politik, Kultur und Religion. Unter den etwa 2.500 Demonstranten, die vor dem Tor des Depots standen, fanden sich Politiker wie Hans-Ulrich Klose und Oscar Lafontaine sowie die Schriftsteller Heinrich Böll und Walter Jens. Schönherr trat damals in einen unbefristeten Hungerstreik, um die österreichische Regierung aufzufordern, sich mit den Atommächten für Rüstungsreduktionen einzusetzen. Sein Hungerstreik sollte eine eindringliche Botschaft übermitteln und dauerhafte politische Veränderungen anstoßen.
Die ruhige Protestkultur
Überraschenderweise verlief das Wochenende des Protests relativ friedlich. Trotz der großen Menschenmenge und der intensiven medienwirksamen Aufmerksamkeit, die die Aktion erhielt – 25 Fernsehteams und Journalisten aus aller Welt waren anwesend – blieben gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei aus. Stattdessen fanden zahlreiche Sympathiekundgebungen zwischen Einheimischen und den protestierenden Prominenten statt. Ein Teilnehmer hielt sogar einen Zettel hoch, den ihm ein US-Soldat als ermutigende Botschaft überreichte.
Die Polizei, unter Leitung von Hanspeter Sturm, zeigte sich ebenfalls von der friedlichen Atmosphäre des Protests begeistert. Demonstranten überreichten den Polizisten Blumenstrauß und Geschenke als Zeichen der Wertschätzung. Walter Jens, einer der prominenten Redner bei der Abschlusskundgebung, betonte die bedeutende Rolle der Zivilgesellschaft und der gelebten Demokratie während dieser Tage: „Die Leute von Mutlangen haben gezeigt, was es bedeutet, Demokratie nicht nur zu verkünden, sondern zu leben.“
Dietmar Schönherr versuchte während seines Hungerstreiks, den österreichischen Bundeskanzler Fred Sinowatz dazu zu bewegen, sich für die Abrüstung einzusetzen. In einem offenen Brief teilte Schönherr dem Kanzler mit, dass er nicht eher aufhören werde, bis der Druck auf die atomaren Supermächte gesteigert werde. Sinowatz reagierte prompt per Telegramm und erklärte zwar, dass er die Ansichten Schönherrs teile, sich jedoch gegen die Methode eines Hungerstreiks wende.
Nachwirkungen des Protests
Obwohl Schönherr seine Meinungsäußerung und den Hungerstreik fortsetzte und dadurch vor Gericht gestellt wurde, stellte das Gericht letztlich das Verfahren gegen ihn ein. Stattdessen musste er 8000 Mark an eine gemeinnützige Organisation zahlen. Dies hinderte ihn jedoch nicht daran, sich weiterhin für humanitäre Ziele und soziale Gerechtigkeit zu engagieren. Seine Teilnahme an der Blockade bleibt ein bemerkenswerter Moment in der Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland, die in den 1980er Jahren aufblühte.
Die Blockade des Pershing-II-Depots zeigte eindrucksvoll, wie Menschen unterschiedlichster Herkunft friedlich zusammenarbeiten können, um für eine gemeinsame Sache – in diesem Fall den Frieden – einzutreten. Der starke Einfluss berühmter Persönlichkeiten verlieh der Bewegung zusätzlich Aufmerksamkeit und regte eine breite Diskussion über die Kernpunkte der Rüstungsdebatte an.