Frankfurt am Main
In einer neuen Untersuchung, die von der ManpowerGroup Deutschland in Zusammenarbeit mit YouGov durchgeführt wurde, wird ein alarmierendes Phänomen unter den Beschäftigten in Deutschland aufgedeckt: Die Erholung nach dem Urlaub ist oftmals nur von kurzer Dauer. Von den 2.059 befragten Personen über 18 Jahren sind es 42 Prozent, die angeben, dass der positive Erholungseffekt nach ihrem Urlaub schnell verblasst und sogar 34 Prozent fühlen sich bereits in der ersten Arbeitswoche nach ihrem Urlaub wieder urlaubsreif. Der Druck, der mit einem vollen E-Mail-Posteingang und aufgestauten Aufgaben nach der Rückkehr verbunden ist, macht es vielen schwer, die neu gewonnene Ruhe und Gelassenheit beizubehalten.
Fast jeder achte Befragte (8 Prozent) kehrt sogar unentspannt in den Job zurück. Ein bemerkenswerter Unterschied zeigt sich zwischen Angestellten und Selbstständigen: Während 54 Prozent der Angestellten angaben, dass sie nur kurz erholt aus dem Urlaub kommen, betrifft das nur 36 Prozent der Selbstständigen. Dieses Ungleichgewicht ist nicht nur eine Zahl, sondern spiegelt die unterschiedlichen Herausforderungen wider, mit denen diese beiden Gruppen konfrontiert sind.
Erholung variiert nach Geschlecht und Generation
Die Studie zeigt auch, dass Männer im Vergleich zu Frauen eine bessere Erholung aus dem Urlaub mitnehmen. 41 Prozent der Männer berichten, dass sie einen Monat oder länger entspannt bleiben, während nur 35 Prozent der Frauen dies angeben. Ein weiterer interessanter Aspekt ist der Altersunterschied: 41 Prozent der 25- bis 34-Jährigen fühlen sich noch nach einem Monat erholt, während mehr als die Hälfte der Befragten zwischen 35 und 54 Jahren angibt, dass die Erholung nur kurz anhält.
Ein geografischer Vergleich offenbart zudem Unterschiede zwischen den Bundesländern. Hessen und das Saarland haben eine bemerkenswerte Zahl von Urlaubsgenießern, 47 Prozent in diesen Regionen berichten von einer anhaltenden Erholung. Im Gegensatz dazu müssen Rheinland-Pfälzer*innen mit 53 Prozent die wenigsten Erholungserfolge nach dem Urlaub verzeichnen.
Eine schmerzhafte Einsicht ist die Tatsache, dass vor allem Singles weniger aus ihrem Urlaub mitnehmen. 35 Prozent der alleinstehenden Befragten sind nach einem Monat nicht mehr entspannt, während verheiratete Paare mit 45 Prozent signifikant besser abschneiden. Geht man noch einen Schritt weiter, stellen sich Geschiedene als besonders kritisch heraus: 29 Prozent geben an, nie Urlaub zu machen. Wenn sie es tun, ist der Erholungseffekt ebenso schnell verflogen.
Stressfaktoren nach dem Urlaub
Die Ursachen für den schnellen Abfall des Erholungseffekts sind vielfältig. Ein Überfluss an Arbeitsaufgaben, vor allem wenn man gleich nach der Rückkehr ins Büro in ein volles Programm eintaucht, ist ein oft genannter Stressfaktor. Auch die mentale Umstellung vom Urlaubs- auf den Arbeitsmodus und die Angst, zurückbleibende Projekte nicht fristgerecht abzuschließen, tragen dazu bei, dass die Entspannung schneller verfliegt als gewünscht. Kathrin Gülgel, Karriereexpertin bei der ManpowerGroup, weist darauf hin, wie wichtig es ist, den Wiedereinstieg in den Arbeitsalltag gezielt zu planen, um nicht sofort in Überforderung zu geraten.
Nach Gülgels Empfehlung sollten Beschäftigte vor dem Urlaub ausgiebig aufräumen und klarmachen, was in der ersten Woche nach ihrer Rückkehr möglich ist. Prioritäten setzen und im Team kommunizieren, ist essentiell, um unnötigen Stress zu vermeiden. In ihrer Analyse betont sie auch die Bedeutung von Bufferzeiten, sodass man sich nicht sofort wieder in die Hektik stürzt.
Um die Erholung nach dem Urlaub zu verlängern, empfiehlt Gülgel unter anderem, während des Urlaubs alle Arbeitsbenachrichtigungen auf dem Handy abzuschalten und das Arbeitshandy am besten ganz zu Hause zu lassen. So lässt sich die Versuchung, dienstliche E-Mails zu sichten, minimieren.
Urlaubsfeeling im Arbeitsalltag
Ein wichtiger Tipp von Gülgel, um den Übergang vom Urlaub in den Arbeitsalltag zu erleichtern, besteht darin, kleine Erinnerungen an den Urlaub im Büro zu integrieren. Ob es nun ein besonderes Andenken oder Fotos sind – solche positiven Stimuli können helfen, die Erinnerung an entspannte Urlaubstage wachzuhalten. So lässt sich Stress reduzieren und die nächsten Wochen ein wenig leichter gestalten.
Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz
Immer mehr Studien zeigen, dass Arbeitsstress einen erheblichen Einfluss auf die psychische Gesundheit der Beschäftigten hat. Laut dem DGB-Index Gute Arbeit 2022 gab mehr als jeder zweite Erwerbstätige in Deutschland an, dass er häufig oder sehr häufig unter Stress leidet. Faktoren wie Überstunden, unzureichende Unterstützung durch Führungskräfte und die ständige Erreichbarkeit tragen dazu bei, dass Mitarbeitende Schwierigkeiten haben, zwischen Beruf und privat zu entspannen. Stressbedingte Erkrankungen, wie Burnout, nehmen immer mehr zu und betreffen nicht nur die betroffenen Personen, sondern auch die Unternehmen durch erhöhte Krankheitsausfälle und sinkende Produktivität. Die Wichtigkeit eines ausgeglichenen Arbeitsumfelds ist daher nicht zu unterschätzen Deutscher Gewerkschaftsbund.
Die Rolle von Arbeitgebern in der Stressbewältigung
Ein proaktives Stressmanagement ist unerlässlich, um die Erholung der Mitarbeitenden zu fördern. Unternehmen können Maßnahmen ergreifen, um den Wiedereinstieg nach dem Urlaub zu erleichtern. Dazu zählt beispielsweise eine gezielte Vorbereitung auf die Rückkehr, die Vermeidung von Meetings in den ersten Tagen sowie die Bereitstellung von Ressourcen zur Stressbewältigung, wie beispielsweise Schulungen zur Resilienz. In einem aktuellen Bericht des “BGM Journal” zu Betriebliches Gesundheitsmanagement wird betont, wie wichtig es für Unternehmen ist, ein unterstützendes Arbeitsumfeld zu schaffen, das den Mitarbeitenden dabei hilft, Stress zu umgehen und individuelle Erholungszeiten zu berücksichtigen Betriebliches Gesundheitsmanagement Journal.
Langfristige Trends in der Arbeitswelt
Die aktuellen Umfrageergebnisse zur Erholung nach dem Urlaub reflektieren auch einen wachsenden Trend in der Arbeitswelt: Die Digitalisierung und die damit einhergehende Flexibilisierung haben das Zeitmanagement und die Erreichbarkeit der Mitarbeitenden grundlegend verändert. Während einige flexible Arbeitsmodelle als Vorteil empfinden, berichten andere von einer zusätzlichen Belastung durch die zeitliche Entgrenzung. Insbesondere in der Post-COVID-Ära haben viele Unternehmen hybride Arbeitsweisen eingeführt, die sowohl Vorteile als auch Herausforderungen in der Stressbewältigung mit sich bringen. Laut einer Umfrage des DGB aus dem Jahr 2022 klagten etwa 60 Prozent der Befragten über längere Arbeitszeiten im Homeoffice als im Büro, was die Notwendigkeit effektiver Work-Life-Balance-Strategien verstärkt DGB.