Die Baumschulen in Deutschland sehen sich einer bedeutenden Herausforderung gegenüber, da in den kommenden Jahren strenge Vorschriften zur Reduzierung des Torfanteils in Kultursubstraten in Kraft treten. Insbesondere die Niederlande planen, bis 2025 den Torfanteil auf 65% zu senken, während Großbritannien ab 2026 gänzlich auf Torf verzichten möchte. Diese Entwicklungen werfen die Frage auf, wie sich die deutschen Baumschulen anpassen können, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu bleiben.
Die umweltpolitischen Entscheidungen in unseren Nachbarländern haben direkte Auswirkungen auf alle Betriebe, die Pflanzen exportieren möchten. Die Abnehmergruppen, wie Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und Baumärkte, verlangen zunehmend torfreduzierte Substrate. Produzenten werden folglich gezwungen, ihre Anbauweisen zu überdenken und anzupassen.
Praktische Umsetzung der Torfreduzierung
Das Modell- und Demonstrationsvorhaben ToSBa hat bereits in einigen Betrieben im Ammerland und im Kreis Pinneberg gezeigt, dass torfreduzierte Substrate innovativ eingesetzt werden können. In diesen Testphasen gelang es, in bestimmten Kulturen einen Torfersatz von bis zu 50% zu erreichen. Jedoch zeigten sich auch bedeutende Einschränkungen: Einige Pflanzenarten haben Schwierigkeiten, mit einer stark reduzierten Torfmenge auszukommen, was eine weitere Herausforderung darstellt. Ein zusätzliches Problem ist, dass die Ergebnisse stark von den meteorologischen Bedingungen abhängen. Faktoren wie Temperatur und Niederschlag können die Anforderungen der Pflanzen beeinträchtigen.
Niels Sommer, Referent für Produktion und Umwelt beim Bund deutscher Baumschulen (BdB), unterstreicht die Schwierigkeiten, die mit diesen neuen Vorgaben einhergehen. Er betont, dass die Menschen und die Politik bestimmte Standards in der Produktion fordern, die oft in der Praxis schwer umzusetzen sind. Zudem kann die Verfügbarkeit von Torfersatzstoffen ein großes Problem darstellen; viele Holzreste, die als Ersatz dienen könnten, werden gegenwärtig für die Energiegewinnung verwendet. Andere alternative Materialien müssen aus weiter entfernten Regionen bezogen werden, was sie unter Umständen anfällig für Lieferengpässe macht.
Ein bedeutsamer Aspekt der Umstellung auf torfreduzierte oder gar torffreie Substrate ist der erhöhte finanzielle Aufwand. Dieser steigende Kostenfaktor erfordert nicht nur die Investition in neue Materialien, sondern auch in Beratung und Schulung der Mitarbeiter, um die Pflanzenpflege unter den neuen Bedingungen zu optimieren. Die Unsicherheit macht sich auch in den Köpfen der Verbrauchenden bemerkbar: „Pflanzen in torfreduzierten Substraten brauchen mehr Aufmerksamkeit und gezielte Pflege, etwa in Bezug auf Düngung und Bewässerung“, erklärt Sommer und weist darauf hin, dass nicht alle Gartenbaubetriebe dazu die nötigen Kenntnisse besitzen.
Zukunftsausblick für die Branche
Die Projekte ToSBa und ToPGa sind auf dem besten Weg, die kommenden Herausforderungen der Torfreduzierung zu meistern. Das Projekt ToSBa 2.0, das bald startet, hat das Ziel, die Torfmenge in den verwendeten Substraten weiter zu verringern oder sogar komplett zu ersetzen. Zudem unterstützt das Verbundprojekt FiniTo die Betriebe seit einem Jahr dabei, auf torffreie Alternativen umzustellen. Die enge Zusammenarbeit mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium ermöglicht es, die Bedürfnisse der Branche an die Politik zu kommunizieren und auf bestehende Schwierigkeiten hinzuweisen.
Die Bereitschaft und das Engagement der Baumschulen zur Anpassung an die neuen Bedingungen sind bereits spürbar. Es lässt sich festhalten, dass einige Betriebe momentan durchaus in der Lage sind, mit einem reduzierten Torfanteil zu produzieren. Doch um in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, wird eine umfassende Anpassung an die neuen Produktionsanforderungen erforderlich sein, wobei der weitere Austausch zwischen Politik, Wissenschaft und Praktikern eine entscheidende Rolle spielt.
Nachhaltigkeit im Gartenbau
Die fortschreitende Reduktion des Torfanteils in der Produktion ist nicht nur eine betriebliche Herausforderung, sondern auch ein Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft für die Baumschulen. Der Trend zu torfreduzierten Produkten könnte letztendlich einen positiven Einfluss auf die Umwelt haben und eine breitere Diskussion über nachhaltige Anbaumethoden anstoßen. Es bleibt abzuwarten, wie schnell sich die Praktiken anpassen und ob die Verbraucher sich entsprechend auf die Veränderungen einstellen können.
Die Diskussion über die Verwendung von Torf in der Gartenbaubranche ist eng mit den Themen Umwelt- und Klimaschutz verbunden. Torf wird hauptsächlich in Hochmooren gebildet und spielt eine entscheidende Rolle im Kohlenstoffkreislauf. Bei der Gewinnung und Verwendung von Torf gelangen große Mengen an CO2 in die Atmosphäre, was zur globalen Erwärmung beiträgt. Dies hat dazu geführt, dass verschiedene europäische Länder angefangen haben, den Einsatz von Torf zu regulieren und zu reduzieren. In Deutschland ist der Handlungsspielraum dahingehend zwar vorhanden, jedoch ist eine nationale einheitliche Strategie zur Torfreduzierung noch nicht umfassend umgesetzt worden.
Einige Organisationen und Initiativen arbeiten jedoch an verschiedenen Ansätzen, um den Torfverbrauch zu senken. Stattdessen wird auf alternative Materialien gesetzt, die aus nachhaltigen Quellen stammen oder aus Recyclingprozessen gewonnen werden. Diese Materialien haben oft unterschiedliche physikalische Eigenschaften, die bei der Kultivierung von Pflanzen berücksichtigt werden müssen. Dazu zählen beispielsweise Kokosfaser, Kompost oder Lauberde. Die Umstellung auf diese Alternativen erfordert ein Umdenken in der Gartentechnik und ermöglicht gleichzeitig eine langfristige Schonung der Moorlandschaften.
Einfluss der Agrarpolitik auf die Torfreduzierung
Die Agrarpolitik hat erheblichen Einfluss auf die Praktiken in der Garten- und Baumschulwirtschaft. Die EU-Kommission hat sich klar gegen die Verwendung von Torf ausgesprochen, was sich bereits in verschiedenen Förderprogrammen widerspiegelt. Landwirte und Gärtner, die auf torfreduzierte Kultursubstrate umstellen, können finanzielle Unterstützung erhalten.
Der Bund deutscher Baumschulen (BdB) beispielsweise fördert den Austausch von Informationen und die Schulung seiner Mitglieder in Bezug auf die vorteilhaften Eigenschaften torfreduzierter Substrate.
Diese Unterstützung könnte zunehmend wichtiger werden, da der Druck auf die Baumschulen wächst, sich an die geforderten Umweltstandards anzupassen. In Deutschland gibt es bisher keine gesetzlichen Vorschriften zur Reduzierung von Torf, was die Situation jedoch nicht einfacher macht. Die Entwicklung strikterer Regelungen könnte die Branche vor große Herausforderungen stellen, zumal viele Baumschulen traditionell auf Torf setzen.
Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen
Die Baumschulen in Deutschland stehen gegenwärtig vor der Herausforderung, ihre Produktionsmethoden zu modernisieren, um die bevorstehenden gesetzlichen Anforderungen erfüllen zu können. Ein Schlüsselproblem bleibt dabei die Verfügbarkeit geeigneter Alternativen zu Torf. Aktuell gibt es nur eine begrenzte Auswahl an ökologisch nachhaltigen Substraten, die den besonderen Anforderungen in der Baumschulproduktion gerecht werden.
Darüber hinaus ist auch der Preis für torfreduzierte Substrate oft höher als für konventionelles Torfsubstrat, was die wirtschaftliche Situation vieler Baumschulen zusätzlich belastet. Laut einer Umfrage des BdB gaben 68 % der befragten Baumschulen an, dass die höheren Kosten für torfreduzierte Substrate eine große Hürde darstellen. Aus diesen Gründen sind zusätzliche Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen erforderlich, um neue, kostengünstige, und umweltfreundliche Alternativen zu finden, die den Anforderungen der Pflanzenproduktion gerecht werden. Diese neuen Produkte sollten nicht nur die gleichen Ertragspotentiale wie Torf bieten, sondern auch die spezifischen Pflegeanforderungen der Kulturen berücksichtigen.