In Deutschland werden zunehmend Fälle des West-Nil-Virus (WNV) entdeckt. Eine bemerkenswerte Entwicklung ist die kürzlich bestätigte Infektion einer Frau aus Sachsen, die das Robert-Koch-Institut (RKI) am 30. August 2024 meldete. Diese Meldung hat die Aufmerksamkeit auf die mögliche Ausbreitung des Virus gelenkt, insbesondere da dies der erste Fall in diesem Jahr ist.
Entdeckt wurde das Virus bei der Analyse einer Blutspende, und der Experte Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin kündigte an, dass auch in Deutschland in Zukunft mit weiteren Infektionen zu rechnen sei. Die Besorgnis über die Situation wurde durch die jüngsten Todesfälle in Italien und die Entdeckung von weiteren WNV-Fällen in Österreich verstärkt.
Eine lange Vorgeschichte
Ursprünglich kommt das West-Nil-Virus aus Afrika und tauchte in Europa erstmals in den 1960er Jahren in Frankreich auf. Dies zeigt, wie Wanderungsbewegungen von Zugvögeln das Virus über den Mittelmeerraum nach Europa gebracht haben. Laut dem RKI wurden in Deutschland seit 2019 immer wieder geringe Fallzahlen beim Menschen registriert, die jedoch von Jahr zu Jahr schwankten.
Im Jahr 2024 ist die Zahl der beobachteten Tiere, insbesondere bei Vögeln und Pferden, besorgniserregend gestiegen. Allein bis zum 23. August berichtete das Friedrich-Loeffler-Institut von 18 Nachweisen bei Vögeln und 14 bei Pferden. Geografisch sind die Regionen Berlin, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt besonders betroffen. Die Ergebnisse von Blutspenden deuten darauf hin, dass viele Menschen möglicherweise infiziert sein könnten, ohne es zu wissen.
Übertragungswege und Symptome
Die Übertragung des West-Nil-Virus erfolgt hauptsächlich durch Stechmücken, die das Virus von wildlebenden Vögeln auf andere Tiere und Menschen übertragen. In der Mehrzahl der Fälle verläuft die Infektion asymptomatisch – etwa 80 Prozent der Infizierten zeigen keine Symptome. Wenn Symptome auftreten, sind sie oft unspezifisch und können Fieber oder Hautausschlag umfassen. Die Inkubationszeit beträgt zwei bis 14 Tage.
Besonders gefährdet sind ältere Menschen und Personen mit Vorerkrankungen, da schwerere Verläufe in diesen Gruppen häufiger auftreten. Die Möglichkeit schwerer neuroinvasiver Erkrankungen bleibt jedoch für die Mehrheit der Infizierten gering, da nur etwa ein Prozent der Fälle in solch schweren Komplikationen resultiert.
Die Prognosen der Experten deuten darauf hin, dass die Anzahl der Fälle in den kommenden Jahren in Deutschland ansteigen könnte, insbesondere durch die sich verändernden klimatischen Bedingungen, die für die Verbreitung des Virus förderlich sind. In Südeuropa kommt es bereits seit geraumer Zeit zu größeren Ausbrüchen, und die Warnungen aus den Urlaubsregionen in Italien sind ein deutliches Zeichen für die ernsthafte Bedrohung.
Ein bedeutender Aspekt ist die Tatsache, dass der derzeit verwendete Screening-Test auch für das Usutu-Virus anschlägt, welches aktuell mit dem massiven Amselsterben in Verbindung gebracht wird. Diese Überschneidung der Tests führt dazu, dass die Unterscheidung der beiden Viren kompliziert und langwierig sein kann und zwischen Probenahme und Ergebnis eine Verzögerung von mehreren Wochen auftreten kann.
Alles in allem ist der aktuelle Fall der WNV-Infektion in Deutschland nicht nur ein Anlass zur Sorge, sondern beleuchtet auch die Notwendigkeit, wachsam gegenüber den sich verändernden Gesundheitsrisiken in unserem Land zu bleiben. Die Fachwelt wird die weiteren Entwicklungen aufmerksam beobachten, um geeignete Maßnahmen zur Eindämmung und Prävention ergreifen zu können.