Düsseldorf kämpft mit einem drängenden Lehrermangel, der immer mehr an die Oberfläche kommt, während das neue Schuljahr beginnt. NRW-Schulministerin Dorothee Feller hat Anstrengungen angekündigt, um die Schülerkompetenzen, insbesondere an Grundschulen, zu verbessern. Doch die Reaktionen der Gewerkschaften zeigen, dass große Herausforderungen bestehen bleiben.
Zum Auftakt des Schuljahres hat das Bildungsministerium Maßnahmen präsentiert, die unter anderem mehr Fachunterricht in Deutsch und Mathematik für Grundschulen vorsehen. Jedes Jahrgangsniveau soll eine zusätzliche Stunde in diesen Kernfächern erhalten, während die Förderung in diesen Fächern verbindlich festgelegt wird. Gleichzeitig sollen neue Pilotprojekte zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) sowie ein Netzwerk zur Unterstützung neu zugewanderter Schülerinnen und Schüler eingeführt werden. Trotz dieser Pläne bleibt eine kritische Frage im Raum: Wo sind die Lehrkräfte, die diese neuen Anforderungen umsetzen können?
Lehrermangel als zentrales Problem
Monika Maraun, Sprecherin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Düsseldorf, bringt die prekäre Situation der Lehrerinnen und Lehrer auf den Punkt: „Es ist kein Fachpersonal da, möchte man zurück brüllen.“ Auch wenn die Erhöhung der Stunden in Deutsch und Mathe theoretisch vorteilhaft ist, sieht Maraun das Hauptproblem in der fehlenden Kapazität, diese Veränderungen umzusetzen. In einer Zeit, in der bereits aktuelle Themen und digitale Herausforderungen die Zeit der Lehrkräfte beanspruchen, bleibt kaum Raum für zusätzliche Aufgaben.
„Die Situation an den Grundschulen ist fatal“, äußert sie besorgt. Im Vergleich zu anderen Städten scheint Düsseldorf zwar auf dem Papier besser dazustehen, doch viele Lehrkräfte, die in Düsseldorf eingestellt wurden, sind aufgrund höherer Bedarfe in Städte wie Duisburg und Mülheim abgeordnet worden. Damit ist der Mangel an Lehrkräften auch in der Landeshauptstadt spürbar. „Wir haben Grundschulen, da fehlen drei bis vier Klassenlehrer“, stellt Maraun fest und weist auf den hohen Krankenstand sowie Lehrerinnen und Lehrer in Elternzeit hin. Vertretungskräfte sind häufig nicht ausreichend qualifiziert, was die Belastung der regulären Lehrkräfte weiter erhöht.
Kritik an den Maßnahmen des Schulministeriums
Die Gewerkschaft äußert sich kritisch zu den angekündigten Maßnahmen der Ministerin. Maraun beschreibt die Situation als eine Art „Show-Input“, die nicht die Realität an den Schulen widerspiegelt. „Man hat den Eindruck, man hat es mit einem mit Scheuklappen geschützten Pferd zu tun“, beschreibt sie die Abkopplung der politischen Entscheidungen von den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort. Die Tatsache, dass die verpflichtende Erstellung von Arbeitsplänen abgeschafft wurde, wird hingegen als positiv wahrgenommen, denn diese konnten oft nur von fachkompetentem Personal erstellt werden.
Ein weiterer Punkt der Kritik betrifft die gefürchtete Minderung von Fördermaßnahmen. Holger Thrien, ein Kollege von Maraun, warnt davor, dass die zusätzlichen Stunden in den Kernfächern aus dem Förderunterrichtskontingent abgezweigt werden sollen. Dies könnte zu einem massiven Rückgang der individuellen Förderung von Schülerinnen und Schülern führen, die diese in Kleingruppen dringend benötigen. Auf lange Sicht, so Thrien, könnten viele Kinder die Klassenziele nicht erreichen, was negative Schulbiografien zur Folge hätte.
Zusätzlich kommen die Förderschulen nicht ungeschoren davon. Die GEW kritisiert, dass in der Pressemitteilung der Stadt zu den neuen Schulanfängern die Förderschulen nicht erwähnt werden und die ansteigenden Schülerzahlen in diesen Schulen nicht ausreichend berücksichtigt werden. Die Nachfrage nach Lehrkräften und Raumangebot in den Förderschulen ist hoch, doch die Ausstattung und die digitale Infrastruktur bleiben hinter den Erwartungen zurück.
Trotz der Herausforderungen gibt es einen Lichtblick: Die neu installierte Visualisierungstechnik an Förderschulen wird als positiver Fortschritt gewertet. Die Gewerkschaft sieht hierin eine Möglichkeit, den Unterricht grundlegend zu verbessern, doch ohne ausreichende Lehrkräfte und Ressourcen bleibt die Zukunft ungewiss.
Der Ausblick auf die kommenden Herausforderungen
Die angesprochene Problematik des Lehrermangels wird in Düsseldorf und darüber hinaus nicht in naher Zukunft gelöst werden können. Die Stadt steht vor der Aufgabe, Strategien zu entwickeln, um nicht nur die Anzahl der Lehrkräfte zu steigern, sondern auch die vorhandenen Ressourcen besser zu nutzen. Dies könnte entscheidend für die zukünftige Bildungsqualität in NRW sein.
Hintergrund der Bildungsreform
Das Bildungssystem in Nordrhein-Westfalen steht seit mehreren Jahren unter Druck. Anhaltende Berichte über Lehrermangel und die Notwendigkeit von Reformen haben die politische und öffentliche Diskussion geprägt. Die Landesregierung von NRW hat in den letzten Jahren verschiedene Initiativen ins Leben gerufen, um die Qualität der Bildung zu verbessern und auf die steigenden Schülerzahlen zu reagieren. Der Anstieg der Schülerzahlen ist unter anderem auf Zuwanderung und eine steigende Geburtenrate zurückzuführen, was zusätzliche Herausforderungen für die Schulen darstellt.
Zusätzlich gibt es eine zunehmende Diversität in den Schulen, die eine Erweiterung des Lehrpersonals erfordert, um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Schüler gerecht zu werden. Dies geschieht in einem Kontext, in dem viele erfahrene Lehrkräfte in den Ruhestand gehen und nicht genügend neue Lehrerinnen und Lehrer nachrücken. Die Unionsregierung hat Maßnahmen ergriffen, um die Lehrerausbildung zu reformieren und die Bedingungen für Lehrkräfte zu verbessern, doch die Umsetzung dieser Reformen erfolgt nur langsam und stößt häufig auf Widerstand.
Aktuelle Statistiken zum Lehrermangel in NRW
Laut einer Umfrage der GEW von 2022 leiden 80% der Schulen in NRW unter akutem Lehrermangel. In Düsseldorf berichten 70% der Grundschulen von unbesetzten Lehrerstellen, was einen direkten Einfluss auf die Unterrichtsqualität hat. Zudem weisen Studien darauf hin, dass bis zum Jahr 2025 in NRW bis zu 10.000 Lehrkräfte fehlen könnten, wenn keine zusätzlichen Maßnahmen ergriffen werden.
Die steigende Anzahl der Schüler, die Förderbedarf haben, verstärkt das Problem. Ein Bericht des Bildungsministeriums NRW zeigt, dass über 20% der Schüler in Grundschulen Förderbedarf haben, was eine personelle Verstärkung im Bereich Sonderpädagogik erfordert. Doch auch hier werden viele der Stellen nicht besetzt, was zu einem Teufelskreis führt, der einer ganzheitlichen Förderstrategie entgegensteht.
Zusätzlich zur Personaldecke ist auch die technische Ausstattung der Schulen ein wichtiges Thema. Die Digitalisierung in Schulen, die durch Corona verstärkt wurde, benötigt sowohl technisches Personal als auch die richtige Infrastruktur. Eine Studie der Telekom-Stiftung zeigt, dass 56% der Schulen in Deutschland von mangelhafter IT-Ausstattung betroffen sind, was die Einführung innovativer Lehrmethoden erschwert.
Reaktionen aus der Politik und von den Betroffenen
Die politischen Reaktionen auf die Problematik des Lehrermangels und die anstehenden Reformen sind vielfältig. Während die Landesregierung Maßnahmen zur Verbesserung des Personals an Schultern möchte, kritisieren Oppositionsparteien, dass diese Schritte unzureichend sind. Es fehlt an einer langfristigen Strategie, um nicht nur kurzfristige Lösungen, sondern nachhaltige Veränderungen im Bildungssystem zu erreichen.
Lehrkräfte und Eltern äußern häufig ihre Besorgnis über die Qualität der Ausbildung und den zunehmenden Druck auf Lehrerinnen und Lehrer, der die nötige Unterstützung nicht nur für die Schüler, sondern auch für die Lehrkräfte selbst gefährdet. Die GEW fordert daher nicht nur eine Erhöhung der Lehrerstellen, sondern auch eine bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen, um qualifiziertes Personal im Beruf zu halten. Die Diskussion um eine Schulreform ist auch im Licht der steigenden Internationalisierung der Schulbildung wichtig, wo NRW im Vergleich zu anderen Bundesländern aufholen muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Insgesamt ist die Situation an den Schulen in Düsseldorf und NRW ein Spiegelbild komplexer Herausforderungen, die nur durch ein gemeinsames Vorgehen von Politik, Schulen und Gesellschaft bewältigt werden können.