Ebersberg

Kampf um die Artenvielfalt: Indisches Springkraut bedroht Ebersberg

Im Landkreis Ebersberg hat das Indische Springkraut einen verheerenden Einfluss auf die heimische Flora. Diese aus Asien stammende Pflanze hat sich so stark vermehrt, dass sie nun die Lebensräume einheimischer Pflanzen in den Wäldern und Wiesen zurückdrängt. Der Agrarbiologe Josef Rüegg, der sich intensiv mit der Bekämpfung invasiver Pflanzenarten auseinandersetzt, erkennt in diesem Prozess einen Verdrängungskampf, der, so sagt er, bereits verloren ist. Dennoch bleibt er in seinem Einsatz für die Natur unermüdlich aktiv.

„Wenn ich die pinken Blüten des Indischen Springkrauts in der Augustsonne erblicke, wird mir angst und bange“, erklärt Rüegg. Auf einer Wiese in Englmeng steht er umgeben von den farbenprächtigen, jedoch bedrohlichen Pflanzen. Für die Kinder mag das Schnackeln der Samen spannend sein, für Naturfreunde hingegen ist es ein Anzeichen von Übernahme. Das Springkraut blüht aktuell prächtig, während die einheimischen Arten unter dem Druck der invasiven Arten leiden.

Die Herausforderung der Neophyten

Neophyten sind Pflanzen, die in ein neues Ökosystem eingewandert sind. Viele dieser Arten, wie das Indische Springkraut und die Kanadische Goldrute, sind besonders hartnäckig und nehmen heimischen Pflanzen den Raum, den sie benötigen, um zu gedeihen. Rüegg beschreibt die Kanadische Goldrute als „Sträflingsarbeit“ zu beseitigen, da ihr Wurzelwerk so stark ist, dass aufwendige Maßnahmen nötig wären, um diese Pflanze effektiv loszuwerden.

„Um wirklich gegen die Goldrute vorzugehen, würde es bedeuten, den Mutterboden bis zu zehn Zentimeter tief auszutauschen“, sagt Rüegg ernüchtert. Doch dafür fehlen die Ressourcen, und so wird weiterhin im Rahmen von Freiwilligenprojekten versucht, das Überhandnehmen der Neophyten einzudämmen. Junge Leute, die ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) absolvieren, packen tatkräftig an und entfernen die unerwünschten Pflanzen mit Handarbeit.

Diese Anstrengungen sind jedoch eher teilweise erfolgreich. Rüegg weiß, dass ein Biotop wie das am Antoliniweiher stetes Management benötigt, um die heimischen Arten zu schützen. Diese Flächen sind wichtig, da sie als Trittsteine für bedrohte Pflanzen- und Tierarten fungieren, die anderswo im intensiv bewirtschafteten Land nicht überleben können.

Woher kommen die invasiven Arten?

Die Entstehung invasiver Pflanzenpopulationen kann oft auf menschliche Eingriffe zurückgeführt werden. In vielen Fällen wurden Pflanzen absichtlich in die Gegend gebracht, oder Überreste aus Gärten und Parks gelangen so in die Natur. Rüegg nennt Beispiele wie den Bambuswald in der Frauenneuhartinger Filze und unerlaubt ausgesetzte Goldfische am Ilchinger Weiher. Solche Eingriffe können erhebliche Schäden im örtlichen Ökosystem anrichten.

Aber nicht nur Pflanzen sind betroffen. Auch Tiere, die als Neozoen bezeichnet werden, stellen eine Bedrohung dar. Der Waschbär und andere, aus anderen Regionen eingewanderte Tierarten, setzen sich zunehmend in den heimischen Lebensräumen durch und tragen zur Verdrängung einheimischer Fauna und Flora bei.

Rüegg betont die Wichtigkeit der Aufklärung der Bürger und Hobbygärtner. Er ruft dazu auf, Schnittgut über die richtigen Kanäle zu entsorgen und nicht einfach im Wald abzulegen. Solche Entsorgungen führen oft dazu, dass invasive Arten eine neue Heimat finden und sich ungebremst ausbreiten können.

Der Druck durch invasive Arten kann zur Verdrängung heimischer Pflanzenarten führen. Diese benötigen aber weiterhin einen Lebensraum, um zu gedeihen. Die Verantwortlichen kämpfen nicht nur gegen das bestehende Überhandnehmen, sondern versuchen auch, zukünftigen Problemen vorzubeugen. Beispiele wie die Asiatische Tigermücke, die in der Region mittlerweile nachgewiesen ist, zeigen, dass die Herausforderungen nicht abnehmen werden.

Neophyten, wie das Indische Springkraut und die Kanadische Goldrute, stellen eine erhebliche Bedrohung für die heimische Flora dar. Diese Pflanzen sind in der Lage, sich schnell auszubreiten und andere Pflanzenarten zu verdrängen. Die Auswirkungen dieser Invasion sind weitreichend und betreffen nicht nur die Pflanzenwelt, sondern auch die damit verbundenen Ökosysteme, einschließlich der Tierarten, die auf ein gesundes Pflanzenwachstum angewiesen sind. Laut einer Studie des Bundesamts für Naturschutz (BfN) sind invasive Arten für etwa 42 Prozent der in Europa bedrohten Pflanzenarten verantwortlich. Die Gefährdung heimischer Arten durch solche Einwanderer ist somit ein alarmierendes Phänomen, das landesweit Aufmerksamkeit erfordert.

Einfluss auf die Biodiversität

Die Ausbreitung invasiver Arten gefährdet nicht nur die Biodiversität, sondern hat auch tiefergehende Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem. Neophyten verändern die Lebensbedingungen für heimische Arten, indem sie Nährstoffe und Lichtressourcen rauben. Dies kann zu einem Rückgang der biologischen Vielfalt führen, was wiederum das Nahrungsnetz destabilisieren kann. Wissenschaftler warnen, dass die Abnahme von heimischen Pflanzen zu einer verringerten Insektenvielfalt führt, die für Bestäbung und als Nahrungsquelle für Vögel wichtig ist. Ein Beispiel ist der Rückgang der Wildbienenpopulationen, die zunehmend unter dem Druck invasiver Pflanzen leiden.

Eine Untersuchung der Universität Göttingen zeigt, dass invasive Pflanzen systematisch die Nahrungsversorgung für Insekten reduzieren, was zu einem negativen Einfluss auf die Vogelpopulationen führt. Im Landkreis Ebersberg sind solche Zusammenhänge besonders relevant, da das Gebiet eine hohe Biodiversität aufweist, die nun durch invasive Arten bedroht wird.

Die Rolle des Klimawandels

Der Klimawandel spielt ebenfalls eine bedeutende Rolle im Umgang mit invasiven Arten. Mit den sich ändernden klimatischen Bedingungen wird erwartet, dass sich die Habitate für viele invasive Arten vergrößern. Wärmeres Wetter kann die Fortpflanzungsrate dieser Spezies erhöhen und ihnen ermöglichen, schneller neue Gebiete zu besiedeln. Bei den bereits angesiedelten Neozoen wie Waschbären und Nutria ist zu beobachten, dass ihre Populationen in Deutschland zunehmen. Diese Tiere treten zunehmend in direkte Konkurrenz mit heimischen Arten um Lebensräume und Nahrungsressourcen.

Nach Angaben des Umweltbundesamtes wird der Einfluss des Klimawandels auf die Biodiversität in Deutschland bis 2100 immer gravierender werden. Experten schätzen, dass bis zu 60 Prozent der heimischen Arten unter dem Druck des Klimawandels und invasiver Arten gefährdet sein könnten. Dies stellt eine zusätzliche Herausforderung für Naturschützer wie Josef Rüegg dar, die versuchen, die verbliebenen Biotope zu erhalten und zu schützen.

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