Erding

Dorfener Filmemacher sammeln Geld für Doku über das Jugge

Filmprojekt „Jugend ohne Kontrolle“ von drei Dorfener Filmemachern beleuchtet fünf Jahrzehnte Jugendkultur im autonomen Jugendzentrum Jugge in Dorfen, das 1974 gegründet wurde, um gegen konservative Strömungen zu kämpfen und Raum für politische Auseinandersetzung zu schaffen, und sucht derzeit Unterstützung über Crowdfunding zur Finanzierung.

In Dorfen setzen drei Filmemacher ein spannendes Projekt um, das einen Blick auf 50 Jahre Jugendkultur im hiesigen Jugendzentrum, dem sogenannten „Jugge“, werfen möchte. Die Idee ist entstanden, um die Geschichte und den Einfluss dieses einzigartigen Treffpunkts für junge Menschen festzuhalten, der nicht nur als Freizeitort, sondern auch als Zentrum für politische Auseinandersetzungen diente. Der aktuelle Stand der Finanzierung zeigt, dass sie noch 3.000 Euro von insgesamt benötigten 12.000 Euro sammeln müssen, um das Projekt erfolgreich abzuschließen.

Die Dokumentation mit dem Titel „Jugend ohne Kontrolle“ wird durch Crowdfounding finanziert, was den Filmemachern die Möglichkeit gibt, das Projekt eigenständig zu gestalten. Unter der Leitung von Regisseurin Carina Bethmann werden mehrere Zeitzeugen interviewt, darunter auch eine besondere Persönlichkeit: ein ehemaliger Neonazi, der 2004 an NPD-Demonstrationen in der Region beteiligt war. Dieses Interview ist nur eines von vielen, das die verschiedenen Facetten des Jugendzentrums beleuchtet.

Ein Ort des Wandels und der Streitkultur

Die Geschichte zeigt, dass das Jugge seit seiner Eröffnung am 27. April 1974 ein Ort des Widerstands war. Gegenüber den damals herrschenden konservativen Strömungen stand das Jugendzentrum immer wieder auf der Seite der progressiven Jugendbewegung. Die Jugend traf sich nicht nur zum Feiern, sondern fand hier auch einen Raum für politische und gesellschaftliche Diskussionen. So ist es nicht verwunderlich, dass viele Dorfer Bürger bei den Demonstrationen gegen die NPD in der Innenstadt Flagge zeigten und Solidarität mit dem Jugendzentrum zeigten.

Mit diesen gemeinsamen Erlebnissen wird der Film nicht nur die Historie des Jugge beleuchten, sondern auch Einblicke in persönliche Geschichten geben. Zum Beispiel die eines Nazi-Aussteigers, der in seiner Jugend aktiv gegen das Jugendzentrum vorging. Die Schulden, die das Jugge über die Jahre hinweg ansammelte, wurden durch die Gemeinschaft und den unermüdlichen Einsatz von lokalem Engagement letztlich beglichen.

Finanzierung und Premiere

Die Filmemacher, darunter Carina Bethmann, der Kameramann David Olbrich und Pascal Segiet, haben sich an das Crowdfunding gewandt, um die Produktionskosten zu decken. Mit bereits 9.200 Euro in der Kasse, hoffen sie, ihre Finanzierung bis zur Frist im Jahr 2025 zu vervollständigen. Die erste öffentliche Vorführung wird in einem lokalen Kino stattfinden, was einen weiteren Schritt in der Vernetzung mit der Dorfbevölkerung darstellt.

Bürgermeister Heinz Grundner sieht das Jugge als einen bedeutenden Treffpunkt der Jugend, auch wenn er selbst nie dort war. Seine Aussagen gegenüber der Kamera verdeutlichen den Wert solch eines Ortes für die Entwicklung junger Menschen, die hier ihre Grenzen austesten und dazulernen können.

Ein wichtiger Beitrag zur Jugendkultur

Insgesamt stellt die Produktion des Films nicht nur einen dokumentarischen Beitrag dar, sondern auch eine wertvolle Auseinandersetzung mit der Entwicklung und den Herausforderungen, vor denen Jugendzentren stehen. In einer Zeit, in der viele solche Orte ungewissheitlich kämpfen, soll der Film ein Licht auf das Werken von engagierten jungen Menschen und die Bedeutung ihrer Bewegungen werfen, die oft gegen den Strom schwimmen müssen.

Für alle Interessierten bietet die Webseite www.startnext.com/jugend-ohne-kontrolle weitere Informationen und die Möglichkeit, das Projekt zu unterstützen.

Die Idee, ein Jugendzentrum als Raum für kulturelles und soziales Engagement zu schaffen, ist nicht neu. Seit den 1970er Jahren gibt es in Deutschland zahlreiche Initiativen zur Förderung der Jugendkultur. In vielen Städten wurden Jugendzentren gegründet, um Jugendlichen einen Raum zu bieten, in dem sie ihre Freizeit gestalten und sich mit Gleichaltrigen austauschen können. Diese Zentren wurden häufig von politischen Bewegungen unterstützt, die sich gegen die damaligen gesellschaftlichen Normen stellten. Der Widerstand gegen konservative Ansichten, insbesondere in Bezug auf Jugendkultur und -verhalten, ist ein durchgängiges Thema in der Geschichte dieser Einrichtungen.

Im Kontext von Dorfen stellt das „Jugge“ einen Mikrocosmos dieser sozialen Bewegungen dar. Die politischen Herausforderungen, mit denen Jugendzentren konfrontiert sind, spiegeln sich in vielen Städten wider, wo ähnliche Einrichtungen ebenfalls gegen Vorurteile und gesellschaftlichen Druck kämpfen müssen. Während in Dorfen das Jugendzentrum seit seiner Gründung als linksalternativ gilt, gab es in anderen Regionen auch populärere Konzepte, die stärker auf Freizeitgestaltung und weniger auf gesellschaftliche Kritik fokussiert waren. Ein Beispiel hierfür wäre das Jugendzentrum „Kraftzentrale“ in Augsburg, das sich auch auf die Förderung von Musik und Kunst spezialisiert hat, aber weniger im politischen Spektrum aktiv ist.

Soziale und wirtschaftliche Bedeutung von Jugendzentren

Jugendzentren erfüllen eine wichtige Rolle im sozialen Gefüge vieler Gemeinden. Sie bieten nicht nur einen Raum für Freizeitaktivitäten, sondern fördern auch soziale Integrationsprozesse und die Partizipation junger Menschen. In Deutschland sind schätzungsweise über 1.900 Jugendzentren in Betrieb, die etwa 1,6 Millionen Jugendlichen jährlich als Anlaufstelle dienen. Diese Zentren sind häufig erste Anlaufstellen für junge Menschen, die Unterstützung suchen, sei es in Form von Beratung, Veranstaltungen oder Bildungsangeboten.

Wirtschaftlich gesehen stellen Jugendzentren oftmals einen bedeutenden Faktor für die lokale Wirtschaft dar. Sie ziehen nicht nur Jugendliche an, sondern auch Familien und Interessierte, die an kulturellen Veranstaltungen teilnehmen. Dies sorgt für eine Belebung des umliegenden Gewerbes. Ein starkes Beispiel ist das Jugendzentrum „Die Pinte“ in Heidelberg, das regelmäßig Veranstaltungen organisiert und so zur Umsatzsteigerung bei lokalen Geschäften beiträgt.

Aktuelle finanzielle Herausforderungen

Die Finanzierung von Jugendzentren ist jedoch stetig gefährdet. Viele dieser Einrichtungen sind auf Fördergelder angewiesen, die in den letzten Jahren oft reduziert wurden. Dies führt zu einem Rückgang der verfügbaren Mittel für Programme und Personal. Der finanzielle Druck macht Crowdfunding für Projekte wie das Jugendzentrum in Dorfen zu einer wichtigen Option. Die Filmcrew, die die Dokumentation „Jugend ohne Kontrolle“ erstellt, setzt daher auf die Unterstützung der Gemeinschaft, um ihre Vision umzusetzen.

Die Gruppe auf der Plattform Startnext hat bereits einen beachtlichen Betrag gesammelt, um den Film zu realisieren. Dies verdeutlicht nicht nur die Notwendigkeit solcher Projekte, sondern zeigt auch, dass das Engagement der Bürger eine tragende Säule für die Kultur- und Jugendarbeit in Deutschland sein kann. Solche Initiativen wirken oft nicht nur lokal, sondern tragen auch zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls und zur Schaffung einer positiven Botschaft für die Jugend bei.

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