In der kleinen Gemeinde Schergenhub, die zu Dorfen gehört, wird an einem tragischen Vorfall erinnert, der sich vor 60 Jahren ereignete. Am 9. Juli 1964 wurde der Taxiunternehmer Karl Bise, damals 34 Jahre alt und Familienvater von zwei Kindern, Opfer eines Mordes, dessen Umstände bis heute nicht vollständig aufgeklärt sind. Bei einer Fahrt mit einem unbekannten Passagier, die auf der B15 in Richtung Dorfen führte, endete sein Leben auf brutale Weise. Die Erinnerung an diesen Mord wird am Sonntag, dem 25. August, um 14 Uhr mit der Segnung eines neuen Kreuzes an der Stätte, wo Bises Leiche gefunden wurde, wachgehalten.
Klaus Huber, ein Anwohner aus Eibach, spielt eine zentrale Rolle in diesem Gedenken. Der Rückblick auf die grausamen Ereignisse der Vergangenheit hat ihn stark geprägt. Vor vielen Jahren überstand er eine schwere Erkrankung, was ihm die Motivation gab, sich für die Erinnerung an Bise und andere tragisch Verstorbene einzusetzen. Nachdem er in einem Heimatbuch von seinem Onkel über den Mord las, beschloss er, das verwitterte Kreuz, das einst zu Ehren des ermordeten Taxifahrers errichtet wurde, zu ersetzen.
Die Entdeckung und die Erinnerungen
Der Landwirt Peter Zur, heute 84 Jahre alt, war einer der ersten, der vor 60 Jahren die Leiche Bises entdeckte. Er erinnert sich, wie er an einem Tag im Juli 1964 im Schergenhuber Wäldchen einen Mann im hohen Haferfeld sah, den er zunächst für einen schlafenden Urlauber hielt. Erst nach einiger Zeit und durch Berichte in den lokalen Medien wurde ihm klar, dass er einen Mord beobachtet hatte. Sein Bericht über die zwei Einschusslöcher in der Leiche trug zur schnellen Ermittlung durch die Polizei bei, die beim Auffinden der Leiche auf starke Gewalteinwirkung und Schusswunden stieß.
Das ursprüngliche Gedenkkreuz, welches im August 1964 von Bises Taxikollegen errichtet wurde, war in einem beklagenswerten Zustand und wurde von Vandalismus nicht verschont: Es war mehrfach beschossen worden. „Die Erinnerungen an den grausamen Mord und die Trauer über den Verlust schweißten die Kollegen zusammen“, erzählt Zur. Diese traumatische Erfahrung bewegte die Menschen in der Gegend, und der Mord wurde nicht vergessen, obwohl die Identität des Täters bis heute ungeklärt bleibt.
Ein neues Leben für das Gedenken
Klaus Huber gelang es, engagierte Mitstreiter zu gewinnen, um das neue Kreuz zu errichten. Unter anderem halfen Anderl Irl, ein Zimmerer, und Tom Kiefinger, der eine große Freude daran hatte, das Taferl zu schnitzen. Hartl Attensberger baute zudem das Kupferdach für das neue Denkmal. Das Kreuz symbolisiert nicht nur das Gedenken an Karl Bise, sondern auch die Solidarität und das Gemeinschaftsgefühl, das in der Region stark verankert ist.
Die Kosten für das neue Kreuz wurden von Huber übernommen, und er freut sich darauf, zahlreiche Besucher bei der Segnungszeremonie am 25. August willkommen zu heißen. Diese wird von Pater Augustin geleitet, der die Trauer sowie den Respekt für die Vergangenheit durch das neue Kreuz zum Ausdruck bringen wird. Eine Beschilderung wird den Weg vom Anwesen Schergenhub bis zum Gedenkort weisen.
In dieser kleinen Gemeinde, in der jeder jeden kennt, ist das neue Kreuz ein Zeichen des Miteinanders und des Gedenkens an eine dunkle Episode in der lokalen Geschichte. Es signalisiert, dass auch tragische Ereignisse nicht in Vergessenheit geraten dürfen und dass Gedenken eine wichtige Rolle im Zuge der Geschichte spielt.
Geschichte des Gedenkens
Die Errichtung von Gedenkkreuzen in Deutschland hat eine lange Tradition, die häufig mit tragischen Ereignissen oder besonderen historischen Momenten verbunden ist. Gedenkorte sind nicht nur Ausdruck des kollektiven Gedächtnisses, sie bieten auch einen Raum für Trauer und Reflexion über Verlust und Gewalt. In vielen Gemeinden gibt es solche Denkmäler, und oft geschieht die Pflege oder Erneuerung durch engagierte Bürger, die die Erinnerung an die Verstorbenen wach halten wollen.
Im Fall des ermordeten Taxiunternehmers Karl Bise zeigt sich, wie wichtig solch ein Gedenken für die lokale Gemeinschaft ist. Das neue Kreuz ist nicht nur ein Zeichen für die Trauer über den Verlust eines Menschen, sondern auch ein Symbol für das Bedürfnis nach Gerechtigkeit und Erinnerung. Die Tatsache, dass Huber und seine Mitstreiter das Kreuz aus eigenen Mitteln und mit persönlichem Engagement errichtet haben, spricht für die Verbundenheit der Dorfgemeinschaft, die auch nach Jahrzehnten den Mord nicht vergessen hat.
Die soziale Dynamik der 1960er Jahre
Der Mord an Karl Bise ereignete sich in einer Zeit, die durch soziale und wirtschaftliche Veränderungen geprägt war. Die 1960er Jahre waren in Deutschland eine Phase des Wandels, gekennzeichnet durch das Wirtschaftswunder, das steigenden Wohlstand und Mobilität mit sich brachte. Mehr Menschen als je zuvor waren auf der Straße unterwegs, oft auch per Taxi, was die Bedeutung des Taxigewerbes erhöhte.
Allerdings war diese Zeit auch von gesellschaftlichen Spannungen geprägt. Die Kriminalitätsraten stiegen in vielen städtischen Gebieten, und eine Welle von Gewalttaten erregte die öffentliche Aufmerksamkeit. Die brutalen Umstände des Mordes an Bise, der in einem ländlichen Gebiet stattfand, verstärkten zusätzlich die Ängste der damaligen Bevölkerung. Das Bewusstsein für solche Verbrechen führte zu einem gesteigerten Bedürfnis nach Sicherheit und Rechtssicherheit. Die Menschen begannen, sich intensiver mit ihrer Umgebung und den potenziellen Gefahren auseinanderzusetzen.
Gedenken und Trauer im digitalen Zeitalter
In der heutigen Zeit gibt es zahlreiche Plattformen, um das Gedenken an Verstorbenen, insbesondere an Opfern von Gewalt, zu bewahren und zu fördern. Social Media, Erinnerungswebseiten und Online-Communities bieten Besuchern die Möglichkeit, persönliche Erfahrungen und Trauerfälle zu teilen. Diese digitalen Räume können als wichtige Ergänzung zu physischen Gedenkorten fungieren und ermöglichen ein breiteres Publikum, sich mit der Geschichte und den Hintergründen solcher Verbrechen auseinanderzusetzen.
Die Erneuerung des Kreuzes für Karl Bise könnte in einem ähnlichen Kontext betrachtet werden. Es ist ein lokales Gedenken, das jedoch auch online Unterstützung und Aufmerksamkeit erhalten könnte, wenn lokale Historien und Geschichten dann in sozialen Netzwerken geteilt werden. Solche Dynamiken tragen dazu bei, dass die Erinnerungen an schreckliche Vorfälle lebendig bleiben und zukünftige Generationen sich mit der Geschichte ihres Umfeldes engagieren können.