Erfurt. Der Willy-Brandt-Platz in der thüringischen Landeshauptstadt erstrahlte am Samstagabend in den strahlenden Farben der Ukraine, während die dort versammelten Geflüchteten und Unterstützer ihren Nationalfeiertag feierten. Die Feierlichkeiten, die zum dritten Mal inmitten des anhaltenden Krieges stattfanden, vereinten Menschen, die durch Schmerz und Verlust zusammengekommen waren, um ihre Einheit und ihren Glauben an die Unabhängigkeit zu bekräftigen.
Vereint durch die Trauer um ihre Angehörigen, die an der Front kämpfen, und den Stolz auf ihre Kultur, haben sich Ukrainerinnen und Ukrainer aus ganz Thüringen in Erfurt versammelt. Frauen trugen traditionelle ukrainische Trachten, während die Plätze mit Ständen geschmückt waren, die köstliche ukrainische Spezialitäten und Handwerkskunst anboten. Der Erlös aus den Verkäufen soll in die humanitäre Hilfe für die Ukraine fließen, eine Geste, die das Bewusstsein für den anhaltenden Konflikt schärft.
Stille und Gottesdienste
Auf der kleinen Bühne ertönte ein Gebet des ukrainisch-katholischen Priesters Yaroslav Sadovyy, der die Anwesenden bat, einen Moment der Stille für die Toten und Verwundeten in der Ukraine einzulegen. „Die Ukraine steht, kämpft und betet“, so der Geistliche, der betonte, dass dieser Tag nicht nur dem Feiern, sondern auch der Reflexion über die aktuelle Situation gewidmet sei. Der Sprechchor „Die Ukraine ist Europa!“ erfüllte die Luft, als die Menschen ihre Stimmen erhoben, um ihre Unzertrennlichkeit und ihren unerschütterlichen Glauben zu demonstrieren.
Birgit Pommer, die Landtagspräsidentin von Thüringen, wandte sich an die Versammelten und versicherte ihnen, dass die Unterstützung für que Flüchtlinge weiterhin bestehen bleibe. Mit bewegenden Worten erinnerte sie an die Werte, die die Ukrainer verteidigen, und betonte, dass diese Flagge vor dem Landtag wehen wird, bis der Krieg endet. Solche Erklärungen verkörpern die Solidarität der Thüringer Bevölkerung, die sich den Ukrainern in dieser schwierigen Zeit verpflichtet fühlt.
Die Suche nach einem neuen Zuhause
Liza Samoilenko, eine Grafikerin, die seit dem Beginn des russischen Angriffs in Gotha lebt, sprach über ihre Hoffnungen für eine zukünftige Existenz in Thüringen. „Ich möchte, dass mein Kind in Sicherheit aufwächst“, erklärte sie, während sie ihre Arbeiten im Erfurter Jazzclub präsentierte. Die Schmerzlichkeit der Exil-Situation ist für viele hier spürbar, doch sie versuchen, mit Kunst und Kultur Wege zu finden, ihre Identität zu bewahren und ein neues Leben aufzubauen.
Ganna Yarovenko, die beim Festival historische ukrainische Stickereien vorstellte, erläuterte, dass solche Traditionen eine wichtige Rolle in der ukrainischen Kultur spielen und auch in der Diaspora einen Platz finden sollten. Ihre Dokumentarfilme zeigen die tiefen Wurzeln und die Schönheit ukrainischer Künste, die sie mit den Menschen teilen möchte, um Brücken zwischen Kulturen zu schlagen.
Das Festival, welches in Zusammenarbeit mit der Deutsch-Ukrainischen Kulturgesellschaft veranstaltet wurde, dient nicht nur der Feier, sondern auch der Schaffung von Begegnungsräumen für Deutsche und Ukrainer. Es ist eine Plattform, die es den Menschen ermöglicht, die vielfältigen Facetten der ukrainischen Kultur zu erleben, von traditioneller Musik bis hin zu modernen Kunstformen. „Wir wollen keine Insel sein“, erklärte Nina Kondrikova und fügte hinzu, dass das Festival eine Gelegenheit bietet, im Dialog und durch kulturelle Ausdrucksformen Gemeinsamkeiten zu entdecken.
Am Abend genossen die Teilnehmer jazzige Klänge, während Musiker Mike Kaufman-Portnikov bekannte Melodien in ein neues Licht tauchte. Solche Veranstaltungen erinnern alle daran, dass trotz der schweren Zeiten auch Freude und Hoffnung weiterleben können. Das künstlerische Schaffen wird besonders in schwierigen Momenten zu einem Ausdruck der Resilienz und der Stärke der Gemeinschaft.
Kulturelles Erbe bewahren
Der 24. August wurde so zu einem Tag, der sowohl die Traurigkeit über den Krieg als auch den Stolz auf die eigene Kultur vereint. An einem Ort, wo Geschichten von Verlust und Überleben angeschaut werden, blüht die Hoffnung auf, dass die Ukraine und ihre Menschen nicht nur die Herausforderungen des Krieges meistern, sondern auch ihr reiches kulturelles Erbe für kommende Generationen bewahren können. Das Engagement und die Leidenschaft, die an diesem Tag spürbar waren, lassen darauf hoffen, dass die Einheit und die Schönheit der ukrainischen Kultur weiterhin strahlen werden, auch wenn die Straßen und Häuser in der Heimat unter Bomben liegen.
Soziale und wirtschaftliche Situation der Geflüchteten in Thüringen
Die Situation der Geflüchteten aus der Ukraine in Thüringen ist von einer Vielzahl von Herausforderungen und Chancen geprägt. Seit dem Beginn des Konflikts im Jahr 2022 sind zahlreiche Ukrainer in die Bundesrepublik geflohen, wobei viele von ihnen in Thüringen Zuflucht gefunden haben. Laut einer aktuellen Erhebung des Thüringer Ministeriums für Migration und Integration leben etwa 50.000 Ukrainer in Thüringen, was die Bedeutung der Unterstützung und Integration dieser Gemeinschaft unterstreicht.
Die Geflüchteten sind mit zahlreichen bürokratischen Hürden konfrontiert, wenn es darum geht, sich in die Gesellschaft zu integrieren. Dazu zählen Fragen der Aufenthaltsgenehmigungen, des Zugangs zu sozialer Hilfe und des Arbeitsmarktes. Im Durchschnitt haben ukrainische Flüchtlinge einen relativ hohen Bildungsgrad, was sie zu wertvollen Arbeitskräften macht, jedoch benötigen sie oft Unterstützung beim Spracherwerb und dem Verständnis der deutschen Arbeitsmarktstrukturen.
Aktuelle Initiativen und Programme zur Unterstützung
Um die Integration der ukrainischen Geflüchteten zu fördern, haben verschiedene Organisationen und die Landesregierung Initiativen ins Leben gerufen. Ein Beispiel dafür ist das Programm „Integration durch Bildung“, das geflüchteten Menschen Sprachkurse und Berufsbildungsmaßnahmen anbietet. Diese Programme sind essenziell, um den Flüchtlingen zu helfen, sich in ihrem neuen Umfeld zurechtzufinden und berufliche Perspektiven zu entwickeln.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Unterstützung sind die sozialen Initiativen, die von lokalen Gemeinschaften organisiert werden. In vielen Städten Thüringens, einschließlich Erfurt, finden regelmäßig Veranstaltungen und Kulturfeste statt, die darauf abzielen, die ukrainische Kultur lebendig zu halten und Brücken zwischen den verschiedenen Communities zu bauen. Diese Veranstaltungen bieten den Geflüchteten nicht nur eine Plattform zur Selbstdarstellung, sondern fördern auch die interkulturelle Verständigung.
Schlüsseldaten zur Flüchtlingssituation
Die Zahlen zur Flüchtlingssituation in Deutschland und speziell in Thüringen sind beeindruckend. Laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wurden bis Ende September 2023 über 1,4 Millionen geflüchtete Ukrainer in Deutschland registriert. Thüringen steht dabei in Bezug auf die Aufnahmequote gut da, da das Land prozentual mehr Geflüchtete aufnimmt als viele andere Bundesländer.
Konkret zeigt eine Statistik des Thüringer Landesamtes für Statistik, dass über 60% der geflüchteten Ukrainer inzwischen über temporäre Wohnmöglichkeiten in Gemeinschaftsunterkünften oder bei Gastfamilien verteilt im Land versorgt werden. Die Zahlen verdeutlichen die Dringlichkeit von Unterstützungsangeboten und die Notwendigkeit, weiterhin Ressourcen für die Integration zur Verfügung zu stellen.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Ereignisse rund um die Ukraine-Krise nicht nur das Land selbst betroffen haben, sondern auch weitreichende soziale und wirtschaftliche Auswirkungen in Deutschland, insbesondere in Thüringen, nach sich gezogen haben. Die starke Solidarität und Unterstützung seitens der deutschen Gesellschaft sind wichtige Faktoren, die den Geflüchteten nicht nur helfen, ihre neuen Lebensumstände zu bewältigen, sondern auch Hoffnung auf eine bessere Zukunft geben.