Dr. Achim Plagentz, ein erfahrener Theologe und engagierter Pädagoge, wird neuer Professor für Religionspädagogik am Theologischen Seminar in Herborn. Seine Ernennung markiert eine Rückkehr an die Institution, an der er vor zwanzig Jahren als Assistent tätig war. Am Freitag, dem 6. September 2024, wird er im Rahmen eines Gottesdienstes von der stellvertretenden Kirchenpräsidentin Ulrike Scherf und Stefan Claaß, dem Direktor des Seminars, offiziell eingeführt.
Der gebürtige Frankfurter bringt eine vielseitige Erfahrung mit, die sich über knapp zehn Jahre als Studienleiter im Religionspädagogischen Institut der EKKW und EKHN erstreckt, wobei sein Schwerpunkt auf der Konfirmandenarbeit in Marburg lag. Davor sammelte er über elf Jahre umfangreiche Erfahrungen als Gemeindepfarrer in Gießen, wo er Religions- und Konfirmandenunterricht erteilte und aktiv in der Kinder- und Jugendarbeit sowie der Erwachsenenbildung tätig war. Zudem hat er an der Goethe-Universität in Frankfurt Lehrveranstaltungen in Religionspädagogik und praktischer Theologie abgehalten. Seine Promotion im Jahr 2004 widmete er sich dem Fach praktische Theologie/Religionspädagogik in München.
Dr. Plagentz über seine neue Rolle
Achim Plagentz beschreibt den Beginn seiner neuen Aufgabe mit Optimismus und einer klaren Vision. Er sieht die Kirche und insbesondere die Ausbildung von Pfarrerinnen und Pfarrern als unerlässlich an, um gut auf die Herausforderungen der heutigen Zeit reagieren zu können. „Die Kirche benötigt motivierte aber auch flexibel denkende Pfarrer, die auf wechselnde Anforderungen zeitgemäß reagieren können. Dabei ist eine fundierte Ausbildung von zentraler Bedeutung“, betont er.
Im Interview äußert Plagentz auch seine Begeisterung für die Möglichkeit, junge Vikarinnen und Vikare lange zu begleiten und sie in ihren Lernprozessen zu unterstützen. Die verschiedenen Perspektiven, die diese jungen Menschen in den Unterricht einbringen, sieht er als wertvolles „Geschenk“, das nicht nur ihren, sondern auch seinen eigenen Horizont erweitert. „Die neuen Sichtweisen und Fragen der jungen Generation fordern auch mich heraus und halten mich veränderungsoffen“, sagt er.
Ein zentrales Thema seiner Berufung ist die aktuelle Diskussion über den Religionsunterricht in Schulen. Plagentz hebt hervor, dass oft die bisherigen Errungenschaften des konfessionell geprägten Religionsunterrichts in der öffentlichen Diskussion unterschätzt werden. Die enge Einbindung in staatliche Vorgaben helfe, die Religion sinnvoll in gesellschaftliche und kulturelle Kontexte zu integrieren. „Der Unterricht sollte nicht nur abstrakt über Religion sprechen, sondern vielmehr existenzielle Fragen des Menschseins und die sozial-kulturelle Vielfalt behandeln“, erklärt er.
Plagentz erkennt zwei große Herausforderungen: das interreligiöse Lernen und den Umgang mit einer zunehmend konfessionslosen Schülerschaft. Ziel sei es, die persönliche Auseinandersetzung mit Inhalten des Faches Religion nicht aus den Augen zu verlieren, während man sensibel auf die unterschiedlichen Hintergründe der Schülerinnen und Schüler eingeht.
Seine ambivalente Beziehung zum Religionsunterricht in seiner eigenen Schulzeit in den 1980er Jahren hat ihn geprägt. Während er in der Mittelstufe oft mit politischen Fragen konfrontiert war, die ihm nicht ganz zugänglich waren, fand er im Unterricht der Oberstufe zu einer positiven Herangehensweise, die seine Fragen zur sozialen Gerechtigkeit und zu einem menschlichen Gottesbild aufnahm. „Guter Religionsunterricht muss die Lebensrealitäten der Jugendlichen ins Zentrum rücken“, fügt er hinzu.
Die zukünftigen Pfarrerinnen und Pfarrer, so Plagentz, sollten die Chancen des Religionsunterrichts besser nutzen, um mit Menschen in Kontakt zu treten, die sonst keinen Bezug zur Kirche haben. „Im Religionsunterricht kommen wir in Kontakt mit Schülern, die in einem kirchlichen Umfeld oft ungehört bleiben“, erläutert er. Dies erfordere eine sensible Herangehensweise, die auf die Fragen und Themen der Schüler eingeht und offene Gespräche über Glaubens- und Lebensfragen ermöglicht. Innovative Lehr- und Lernmethoden sind dabei ebenso wichtig wie ein offenes Ohr für die Anliegen der Jugendlichen.
Insgesamt zeigt sein Ansatz, dass die Rolle des Religionsunterrichts im Schulkontext von entscheidender Bedeutung ist. Er sieht seine neue Position als eine Möglichkeit, nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern auch zu einem interkulturellen Dialog beizutragen und die Schüler auf ihren individuellen Lebenswegen zu begleiten.
Das Interview wurde von Holger Jörn Becker-von Wolff im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Evangelischen Dekanats an der Dill geführt.