Der Übergang in den Ruhestand stellt für viele Menschen eine erhebliche Umstellung in ihrem Lebensalltag dar. Nach Jahren geordneter Routine, in der Arbeit eine zentrale Rolle spielt, folgt plötzlich eine Phase des Umbruchs. Die ersten Schritte ins Rentenleben können für die Betroffenen eine wahre Herausforderung darstellen, da sie sich nicht nur von der täglichen Beschäftigung sondern auch von den sozialen Kontakten aus dem Arbeitsumfeld verabschieden müssen.
In Frankfurt wird auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die viele Personen im Zuge ihres Renteneintritts erleben. Der Verlust der täglichen Struktur und der sozialen Interaktionen führt bei etlichen in eine Art Krise. Studien belegen, dass die Arbeit für viele Menschen einen Sinn und eine Identität stiftet. Mit dem Ende des Berufslebens können daher sogar depressive Zustände auftreten, wie der Assistenzprofessor Sebastian Kernbach von der Universität St. Gallen erläutert. Menschen, die sich von ihrem Arbeitsplatz verabschieden, empfinden häufig, dass ein Teil von ihnen verloren geht.
Die gesellschaftliche Rolle der Arbeit
Kernbach hebt hervor, dass die Aufgaben und die damit verbundenen sozialen Kontakte mit dem Renteneintritt abrupt wegfallen. „Mit der Arbeit hat eine Person eine Rolle in der Gesellschaft, in einem Team“, sagt er. Wenn diese Elemente wegbrechen, sind viele Menschen verloren in ihrem neuen Alltag und fühlen sich oft isoliert. Dies kann für viele eine erst zu verarbeitende Realität darstellen.
Um den Übergang zu erleichtern, zeigt eine Studie der Harvard Universität, dass es entscheidend ist, auch außerhalb des Arbeitslebens soziale Kontakte zu pflegen. Gute Freundschaften zu hegen, kann dazu beitragen, auch im Alter zufriedener zu sein. Diese neue Form der sozialen Bindung kann oft eine direkte Antwort auf die Einsamkeit bieten, die viele bei der Pensionierung empfinden.
Mit einer breiteren Perspektive auf die Arbeitswelt zeigt sich, dass sich auch Einstellungen der jüngeren Generationen ändern. Die Generation Z legt zunehmend Wert auf eine ausgewogene Work-Life-Balance, was bei der Jobsuche eine zentrale Rolle spielt. Diese Veränderungen könnten in der Zukunft möglicherweise den Renteneintritt neu definieren.
Vermeidung impulsiver Entscheidungen
Ein weiterer Punkt, den Kernbach anspricht, sind die häufig impulsiven Handlungen, die viele bei ihrem Übertritt in den Ruhestand unternehmen. Oft neigen Menschen dazu, plötzliche große Veränderungen in ihrem Leben vorzunehmen, sei es der Kauf eines Eigenheims im Ausland oder die Entscheidung für einen Camper. Sein Rat: Erstmal alles im Kleinen testen! Diese Herangehensweise kann helfen, unnötige Enttäuschungen zu vermeiden und das neu gewonnene Leben zu genießen.
Eine andere Herangehensweise ist es, dass viele Ruheständler sich entscheiden, weiterzuarbeiten oder einen Minijob zu nehmen. Kernbach setzt sich zudem für verbesserte gesellschaftliche Regelungen ein, um das Wissen und die Fähigkeiten der Pensionierten nicht ungenutzt verfallen zu lassen. „Es wäre gesellschaftlich unverantwortlich, das Wissen der Pensionierten einfach gehen zu lassen“, erklärt er und verweist auf die nachweislichen positiven Effekte, die eine Rente mit Arbeit mit sich bringt.
Der Grund, warum viele Rentner weiterhin arbeiten, liegt jedoch oft nicht nur im Wunsch nach gesellschaftlicher Teilhabe, sondern auch in der Notwendigkeit. Rund zehn Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland müssen mit weniger als 1100 Euro monatlich auskommen. Diese Summe liegt deutlich unter der Altersarmutsgrenze von 1250 Euro, weshalb viele ihre berufliche Tätigkeit fortsetzen müssen, um ihren Lebensstandard zu sichern.