Fulda

Fuldaer Stadtschloss-Turm: Streit um neue Kralle entbricht

Die neue Haube auf dem Schlossturm in Fulda, die am 8. September 2024 montiert wurde, sorgt für heftige Diskussionen und Kritik, insbesondere von Künstlern und ehemaligen Politikern, die deren architektonische Gestaltung als unpassend und potenziell schädigend für das Stadtbild betrachten.

In Fulda wird derzeit heftig über die neue Haube diskutiert, die am Samstag auf dem Stadtschloss-Turm angebracht wurde. Die Meinungen darüber sind gespalten: Während einige Anwohner die Konstruktion als künstlerisches Symbol feiern möchten, äußern viele Künstler und Bürger ihre Kritik, vehement und teilweise auch mit spöttischen Bemerkungen. Das Echo in sozialen Netzwerken ist überwältigend—jede Menge negative Rückmeldungen schaffen eine Atmosphäre des Unbehagens.

Erst kürzlich hat der international renommierte Künstler Franz Erhard Walther seine Meinung zu dem Thema geäußert. Seiner Ansicht nach handelt es sich dabei um eine architektonische Fehlentscheidung, die nicht nur unästhetisch, sondern auch unzeitgemäß ist. „Was soll man zu dieser architektonischen, vermeintlich künstlerischen Lachnummer sagen?“, fragte er rhetorisch. Die Verwendung des Begriffs „Geschmack“ als Verteidigungsmittel findet er besonders ärgerlich und betont, dass Kunst eine Frage der Form und nicht des persönlichen Geschmacks sein sollte.

Kritik und Bedenken aus der Politik

Der frühere Oberbürgermeister Dr. Alois Rhiel stimmt Walther in gewisser Weise zu. Auch er sieht die neue Stahlkonstruktion kritisch und fragt sich, ob die Entscheidung, den Turm mit einer so dominanten Form zu krönen, gut durchdacht war. Rhiel erinnert daran, dass das Stadtschloss ursprünglich von Fürsten erbaut wurde, die über das Volk herrschten. Heute leben wir jedoch in einer Demokratie, und ein solches Bauwerk könnte ungewollt Assoziationen zu alten Machtverhältnissen wecken.

„War man sich der Gefahr des Missverständnisses bewusst?“, fragt Rhiel. Die Außenerscheinung eines Gebäudes sollte nicht die Arbeit im Inneren prägen, und doch könnte der neue Turm etwas ganz anderes kommunizieren. Eine erneute Betrachtung der Motive für diese Entscheidung sei notwendig.

Michael Schmitt, ein ehemaliger Fraktionsvorsitzender im Stadtparlament, hat ebenfalls scharfe Kritik geübt. Seiner Meinung nach verletze die „neue Krone“ die Integrität des historischen Barockensembles. „Die Krone vermittelt den Eindruck einer Kralle, die den Gesamteindruck massiv stört“, meint Schmitt. Dies schade nicht nur dem Stadtschloss selbst, sondern ruinierte auch den Anspruch der Stadt, ein reines Barockbauwerk zu sein.

Die Stadtverwaltung sieht sich mit einem Dilemma konfrontiert: Während sie den Anspruch erhebt, historische Werte zu bewahren, hat sie gleichzeitig eine Entscheidung getroffen, die als Verstoß gegen genau diese Werte interpretiert werden könnte. Die Spaltung zwischen Befürwortern und Kritikern der neuen Haube wird dadurch nur schärfer. Es wird auch darauf hingewiesen, dass die Finanzierung des 600.000 Euro teuren Projekts durchaus fraglich sei, auch wenn es bereits im Schwarzbuch der Steuerzahler aufgeführt wurde.

Ausblick und Möglichkeiten der Veränderung

Historiker Gregor Stasch sieht die Dinge ähnlich. Er fragt sich, warum die hessische Denkmalpflege eine solch erhebliche Veränderung genehmigt hat und ob die Bürger von Fulda mit der Zeit an diese Veränderung gewöhnen können – genauso wie früher die Generationen an den haubenlosen Turm gewöhnt waren. „Zur Not kann die Krone in der Zukunft mit relativ großem Aufwand auch wieder abgenommen werden“, meint er resigniert.

Eine offizielle Stellungnahme von den Verantwortlichen, insbesondere vom Bistum Fulda, bleibt bisher aus. Man hat sich entschieden, nicht auf die unterschiedlichen Meinungen und Kritiken einzugehen. Diese Ruhe könnte jedoch als stille Zustimmung zum umstrittenen Bauwerk gewertet werden. In jedem Fall bleibt das Interesse der Öffentlichkeit ungebrochen, und die Debatte über die neue Stadtschloss-Haube in Fulda dürfte noch lange andauern.

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