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„Demokratie-Kurier: Kirchen in Ostthüringen setzen Zeichen vor der Wahl“

Drei Ostthüringer Kirchenkreise der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland haben vor der Landtagswahl am 1. September ein einmaliges Demokratie-Magazin mit 140.000 Exemplaren herausgegeben, um gegen extremistische Tendenzen zu positionieren und die Bürger zur Teilnahme an demokratischen Prozessen zu ermutigen.

Vor den Landtagswahlen am 1. September 2024 setzen die Kirchenkreise Gera, Altenburg und Greiz in Ostthüringen ein bemerkenswertes Zeichen für die Demokratie. In einer bisher einzigartigen Aktion verteilt die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) ein Magazin mit dem Namen „Demokratie-Kurier“. Auf insgesamt 16 Seiten wird über wichtige demokratische Werte informiert und Position bezogen gegen die aufkommenden rechtsextremen Strömungen, die in der Gesellschaft immer mehr Fuß fassen.

Mit der Verbreitung von 140.000 Exemplaren des „Demokratie-Kuriers“ wird bis Samstag jeder Haushalt in diesen Kirchenkreisen erreicht. Diese Initiative, die mit Kosten von rund 25.000 Euro verbunden ist, verfolgt ein klares Motto: „Ihre Stimme ist extrem wichtig. Wählen Sie am 1. September. Aber nicht extrem!“ Diese Aussage soll den Bürgern die Bedeutung ihrer Stimme verdeutlichen und sie zugleich ermutigen, sich nicht auf extremistische Positionen einzulassen.

Positionierung gegen Extremismus

Superintendent Hendrik Mattenklodt aus Gera äußert sich besorgt über die Bedrohungen, die extremistische Parteien wie die AfD oder Bewegungen wie der „Dritte Weg“ in der Gesellschaft mit sich bringen. Er betont, dass diese Gruppierungen Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe oder Religion herabwürdigen und ausgrenzen, was unvereinbar mit den Werten des christlichen Abendlandes sei. Diese Werte beinhalten Toleranz, Respekt und Gemeinschaftssinn, die in einer funktionierenden Demokratie unverzichtbar sind.

Tobias Steinke, Superintendent des Kirchenkreises Greiz, unterstreicht, dass nach intensiven Überlegungen und Beratungen diese Form der kommunikativen Auseinandersetzung gewählt wurde. Die Kirchenleitungen beabsichtigen, klare Grenzen zu setzen und damit ein Zeichen gegen Diskriminierung und Ausgrenzung zu setzen.

Annette von Biela, Superintendentin des Kirchenkreises Altenburg, hebt hervor, dass die evangelische Kirche sich nicht gegen Wähler der AfD richte, sondern vielmehr gegen die Partei selbst. Sie betont die Wichtigkeit eines angstfreien politischen Dialogs. Demzufolge wird im Einleitungstext des Heftes festgehalten, dass die Welt unperfekt sei, es viele Missstände gebe, aber die Demokratie ein Angebot für alle bereithalte, um konstruktiv miteinander zu reden und zu streiten.

Regionalität und Gemeinschaftsengagement

Ein weiterer Aspekt des Projekts ist die regionale Verankerung. Auf den Seiten des „Demokratie-Kuriers“ kommen nicht nur Pfarrer zu Wort, sondern auch lokale Künstler, Ärzte und Abiturienten, die sich mit dem Thema Demokratie auseinandersetzen. Dies zeigt, dass die Kirchenkreise ein starkes Bewusstsein für die Belange ihrer Region haben und die Meinungen der Menschen vor Ort einbeziehen wollen.

Ein Sprecher der mitteldeutschen Landeskirche äußerte, dass es nicht ausgeschlossen sei, das Magazin auch in anderen Teilen Thüringens zu verbreiten, sofern die Initiative auf positive Resonanz stößt. Dies könnte möglicherweise eine breitere Diskussion über die Werte der Demokratie anstoßen und aufzeigen, wie wichtig es ist, gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern.

Die Superintendenten der drei Kirchenkreise erwarten, dass ihre Aktion direkte Rückmeldungen aus der Bevölkerung hervorruft. Sie hoffen, dass sich daraus vor der Wahl ein respektvoller Dialog über die Werte der Demokratie entwickeln kann. Mit diesem Schritt möchte die Kirche zeigen, dass sie offen für Gespräche über gesellschaftliche Herausforderungen ist.

Ein Aufruf zur Teilhabe

Mit der Veröffentlichung des „Demokratie-Kuriers“ wird ein starker Aufruf zur Teilhabe und zum Engagement in der politischen Landschaft Thüringens gesendet. Die evangelische Kirche nimmt somit aktiv ihre Rolle als Stimme für demokratische Gesinnungen in der Gesellschaft ein. In einer Zeit, in der der gesellschaftliche Zusammenhalt oft auf die Probe gestellt wird, ist es entscheidend, dass Institutionen wie die Kirche sich klar positionieren und zur Mitgestaltung einladen. Dieser Weg könnte nicht nur zu mehr Awareness führen, sondern auch zur Mobilisierung und Stärkung der demokratischen Ideale in der Gemeinschaft.

Reaktion der Bevölkerung

Die Reaktionen auf die Initiative der drei Ostthüringer Kirchenkreise sind gemischt, was die Wichtigkeit der angestoßenen Diskussion über demokratische Werte unterstreicht. In Gesprächen mit der lokalen Bevölkerung zeigt sich, dass viele Bürger die Broschüre als willkommenen Impuls für einen notwendigen Dialog ansehen. Insbesondere in Regionen, in denen rechtsextreme Parteien an Zuspruch gewonnen haben, wird die Differenzierung zwischen Wählern und Partei von vielen als notwendig erachtet. Bürger betonen, dass ein respektvoller Austausch über demokratische Prinzipien und die Abgrenzung gegenüber extremistischen Ansichten unerlässlich ist, um den sozialen Zusammenhalt zu fördern und einer weiteren Spaltung der Gesellschaft entgegenzuwirken.

Darüber hinaus verweisen Umfragen darauf hin, dass der Wunsch nach einem stärkeren Engagement von Institutionen, wie Kirchen oder Schulen, zur Förderung demokratischen Bewusstseins wächst. Diese Bestrebungen könnten auch auf die Zunahme politischer Extremismen und Populismen zurückgeführt werden, die gerade in den letzten Jahren einen besorgniserregenden Trend darstellen. Laut einer Studie des Demokratiezentrums Thüringen gaben 63 Prozent der Befragten an, dass sie sich eine aktivere Rolle von Kirchenvertretern in politischen Debatten wünschen.

Politische und gesellschaftliche Kontexte

Die Aktion „Demokratie-Kurier“ findet im Kontext einer zunehmend polarisierten politischen Landschaft in Deutschland statt. Insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern ist eine hohe Unterstützung für rechtspopulistische und extremistische Parteien wie die AfD zu beobachten. Diese Parteien haben es geschafft, Ängste und Unsicherheiten der Bevölkerung aufzugreifen und für sich zu nutzen. Die Superindententen der Kirchenkreise machten daher deutlich, dass eine klare Positionierung gegen solche extremistischen Tendenzen notwendig sei, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu wahren.

In den sozialen Medien dir mobile Kommunikationsimperien förderten diese Polarisierung zusätzlich, indem sie populistische Narrative verstärkten und Diskurse oft in extreme Positionen führten. Die evangelische Kirche in Mitteldeutschland reagiert auf diese Entwicklungen, indem sie die Menschen auffordert, sich aktiv an demokratischen Prozessen zu beteiligen und gegen Ausgrenzung und Diskriminierung Stellung zu beziehen. In diesem Sinne wird die Kirche als eine Plattform gesehen, die sowohl moralische als auch soziale Verantwortung trägt.

Demokratie und gesellschaftliches Engagement

Die Initiative fördert nicht nur die politische Sensibilität in der Bevölkerung, sondern stärkt ebenso das gesellschaftliche Engagement. Es ist von zentraler Bedeutung, dass die Bürger nicht nur an Wahlen teilnehmen, sondern auch aktiv in gesellschaftliche Diskussionen eingebunden sind. Eine lebendige Demokratie erfordert einen ständigen Dialog und die Bereitschaft, unterschiedliche Perspektiven zu berücksichtigen. Hierbei ist es wichtig, dass verschiedene gesellschaftliche Gruppen, einschließlich Religionsgemeinschaften, sich für die Werte der Demokratie stark machen.

Bisherige Erfahrungen aus ähnlichen Initiativen, etwa in anderen deutschen Bundesländern, zeigen auf, dass gemeinschaftliche Projekte und Veranstaltungen, die sich um das Thema Demokratie drehen, oft positive Rückmeldungen erzeugen. Dabei ist es nicht nur entscheidend, Politikern zuzuhören, sondern auch den Stimmen von Bürgern aus verschiedenen Lebensbereichen Gehör zu verschaffen. Der „Demokratie-Kurier“ verfolgt diesen integrativen Ansatz und könnte somit als Modell für ähnliche Vorhaben in anderen Regionen dienen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Verankerung demokratischer Werte in der Gesellschaft eine fortwährende Aufgabe darstellt, die ohne aktives Mitwirken aller gesellschaftlichen Akteure kaum zu bewältigen ist.

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