Im Jahr 2022 haben in Rheinland-Pfalz 2881 Schüler und Schülerinnen die Schule ohne Abschluss verlassen. Dies entspricht etwa 8 % aller Schulabgänger. Ein besorgniserregender Trend, der nicht nur die betroffenen Jugendlichen, sondern auch die Gesellschaft als Ganzes betrifft. Um diesem Problem entgegenzuwirken, hat das Bildungssystem neue Konzepte eingeführt. Ein herausragendes Beispiel dafür ist die „KoA-Klasse“, ein Programm, das Schülern, die in ihren bisherigen Schuljahren keinen Abschluss erreicht haben, eine neue Chance bieten möchte.
Die KoA-Klasse: Letzte Möglichkeit für viele
Die „Keiner ohne Abschluss“-Klasse, kurz KoA, ist an der Realschule plus in Idar-Oberstein eine neuartige Initiative, die Schülern, die in neun Schuljahren keinen Abschluss geschafft haben, helfen soll. Julia Molter, eine engagierte Lehrerin, sieht diese Klasse nicht nur als Chance für ihre Schüler, sondern auch als ihre eigene Möglichkeit, einen positiven Einfluss auf deren Leben zu haben. „Es ist auch für mich die letzte Chance, noch etwas dagegen zu tun“, erklärt sie.
Individuelle Förderung und Lebenspraktische Bildung
Die KoA-Klasse unterscheidet sich signifikant von traditionellen Klassen: Der Unterricht folgt keinem strengen Lehrplan und orientiert sich stattdessen an den individuellen Bedürfnissen der Schüler. „Wir können individuell schauen, was braucht wer“, beschreibt Molter den Ansatz, der darauf abzielt, den Schülern wieder Freude am Lernen zu vermitteln. Auf dem Stundenplan stehen lebensnahe Themen wie das Abschließen von Verträgen oder das Verständnis von Lebenshaltungskosten, die für die Schüler von unmittelbarem Nutzen sind.
Schulabbrecher in der Region Birkenfeld
Die Region, in der die Realschule plus angesiedelt ist, gehört zu den Gebieten mit den meisten Schulabbrechern in Rheinland-Pfalz. Molter betont, dass viele ihrer Schüler ein schwieriges familiäres Umfeld haben oder mit persönlichen Herausforderungen kämpfen. „Wir sind hier nicht die Resterampe“, stellt sie klar, während sie die Individualität und die Herausforderungen jedes einzelnen Kindes anerkennt.
Erfolgreiche Bilanz der KoA-Klasse
In Rheinland-Pfalz gibt es bereits 16 Schulen, die diese Art von Klassen anbieten, und die Erfolgsquoten sprechen für sich: Laut dem Bildungsministerium haben 83 % der Teilnehmer ihren Abschluss erreicht, und 85 % fanden direkt nach der Schule eine Ausbildung oder einen Arbeitsplatz. Diese Statistiken belegen den Wert der individuellen Betreuung und den kleinen Klassen, die mehr Raum für persönliche Entwicklung bieten.
Gemeinschaftliches Arbeiten und Unterstützung
Ein weiterer wichtiger Aspekt der KoA-Klasse ist die intensivere Betreuung. Mit maximal 16 Schülern und zwei Lehrkräften wird ein starkes Unterstützungsnetzwerk geschaffen, das auf die Einzelbedürfnisse der Schüler eingehen kann. „Das funktioniert hier nicht einfach nur durch Aussortieren. Ich muss wissen, wer vor mir sitzt“, erinnert sich Molter und unterstreicht die Wichtigkeit der Beziehung zwischen Lehrer und Schüler.
Ein System, das funktioniert
Die Grundlage für den Erfolg der KoA-Klasse liegt nicht nur in der Unterstützung, sondern auch in der Möglichkeit, in einem weniger strengen Rahmen zu lernen. Dies fördert die Bindung zwischen Lehrern und Schülern und hilft, eine positive Schulumgebung zu schaffen, in der sich die Schüler wohlfühlen. „An Schulen mit einer aufmerksamen Schulkultur fühlen sich die Schüler wohler, und das ist eine wichtige Voraussetzung für den Bildungserfolg“, sagt Molter.
Julia Molter gibt den Kindern nicht nur die Werkzeuge an die Hand, um ihre Schulabschlüsse zu erreichen, sondern bietet ihnen auch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Es bleibt abzuwarten, wie viele Schüler wie Justin, der voller Zuversicht in die Zukunft blickt, in dieser neuen Umgebung ihre Träume verwirklichen können.
– NAG