Ein Kribbeln im Fuß, das mehrere Male täglich zu unkontrollierbaren Höhepunkten führt – was sich ungewöhnlich anhört, ist die Realität für eine Betroffene des Fuß-Orgasmus-Syndroms (FOS). Diese seltene Krankheit hält die Mediziner auf Trab, da sie so außergewöhnlich ist und es nur wenige bekannte Fälle gibt.
Im Jahr 2013 stieß die medizinische Gemeinschaft auf einen bislang einmaligen Fall: Eine Patientin aus den Niederlanden lit dabei unter bis zu sechs unfreiwilligen Orgasmen pro Tag, beginnend mit einem unangenehmen Kribbeln im linken Fuß. Dieses Empfinden wanderte ihren Körper hinauf bis zum Intimbereich, wo es zu unerwarteten Höhepunkten kam – ganz ohne sexuelle Gedanken oder jegliche Stimulation.
Die Symptome und ihre Bedeutung
Laut dem Neuropsychiater Marcel D. Waldinger, der die Patientin untersucht und ihren Fall in der Fachzeitschrift „Journal of Sexual Medicine“ dokumentiert hat, waren die Empfindungen für die Frau zunächst „peinlich“ und „beängstigend“. Diese unkontrollierten Höhepunkte ähnelten den Empfindungen während eines normalen sexuellen Aktes. Trotz der Tatsache, dass die Symptome sehr belastend waren, bietet der Fall einen faszinierenden Einblick in die Funktionsweise des menschlichen Nervensystems.
Waldinger führte umfassende Tests und Scans durch und stellte eine mögliche Ursache für das Phänomen auf: Es könnte sich um eine Informationsverwechslung im Gehirn handeln. Die Nerven, die das Gehirn über die Empfindungen des Fußes informieren, könnten in Kontakt mit denjenigen gekommen sein, die Signale aus dem Vaginalbereich senden. Ein Zusammenlaufen im Rückenmark könnte dazu führen, dass das Gehirn nicht mehr zwischen den beiden auseinanderhalten kann.
In seiner Studie erklärte Waldinger: „Wenn wir ihren linken Fuß elektrisch stimulieren, ergibt das einen spontanen Orgasmus.“ Dies deutet darauf hin, dass die sensorischen Informationen fälschlicherweise im Gehirn interpretiert werden und so ein ungewolltes sexuelles Erlebnis auslösen.
Behandlung und Hoffnung
Eine gezielte Behandlung konnte der Patientin helfen: Eine Injektion in den Rückenmarksnerv, der für die Übertragung der sensorischen Informationen aus dem Fuß verantwortlich ist, endete alle ungewollten Orgasmen. Ob es der Betroffenen heute besser geht, bleibt unklar, aber die Möglichkeit, das Syndrom zu behandeln, bietet Hoffnung für andere Leidende.
Waldinger weist darauf hin, dass möglicherweise nicht nur die dokumentierte Patientin betroffen ist. Viele Menschen könnten ähnliche Leiden haben, trauen sich jedoch nicht, darüber zu sprechen. „Wir können dieses Phänomen behandeln“, so Waldinger in der Studie, was den Betroffenen signalisiert, dass sie nicht allein sind.
Das Fuß-Orgasmus-Syndrom bleibt eine extrem seltene neurologische Erkrankung, die aufgrund ihrer Einzigartigkeit in der Medizin eine besondere Herausforderung darstellt. Die Szenarien, die Betroffene durchleben, sind ungewöhnlich und werfen viele Fragen zu den komplexen Beziehungen zwischen Nervensystem und Empfindungen auf, die erst noch gründlicher untersucht werden müssen.