Im Herzen Hamburgs, auf der belebten Mönckebergstraße, kürte sich Olav Kooij (22) zum strahlenden Sieger der „Bemer Cyclassics“. Der niederländische Radprofi vom Team „Visma/Lease a Bike“ wagte im entscheidenden Moment den Sprint und überquerte die Ziellinie nur hauchdünn vor Jonathan Milan aus Italien (23) und dem Eritreer Biniam Girmay (24), einer der Helden der vergangenen Tour de France.
Der Wettbewerb wurde zum ersten Mal von der Organisation A.S.O., dem Veranstalter der Tour de France, ausgerichtet. Interessanterweise starteten die 159 Profis mit einer Verspätung von 45 Minuten, was auf einen Rettungshubschraubereinsatz sowie mehrere schwere Stürze im vorhergehenden Hobby-Rennen zurückzuführen war. Um den Zeitplan einzuhalten, entschloss sich der neue Sportliche Leiter Fabian Wegmann (44), die Strecke um 21 Kilometer zu verkürzen. Laut Wegmann hatte die Verkürzung jedoch keinen negativen Einfluss auf das Rennen: „Das hat dem Rennverlauf überhaupt keinen Abbruch getan.“
Der Sprint und der Nervenkitzel
In dieser 28. Ausgabe der Cyclassics, die mit 177 Kilometern als kürzestes Profi-Rennen in der Eventgeschichte gilt, setzten die Fahrer ein atemberaubendes Tempo von rund 48 km/h. Gleich zu Beginn des Rennens bildete sich eine sechsköpfige Ausreißergruppe, die die ersten Kilometer dominierte. Doch nach 150 Kilometern wurde das Rennen zunehmend nervöser und es kam zu mehreren kleineren Stürzen, was die restlichen Fahrer mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h näher an die Fluchtgruppe heranführte. Ein Ausreißversuch des spanischen Berg-Königs Alex Aramburu (28) endete an der berüchtigten Waseberg-Steigung, die mit 15 Prozent extrem anspruchsvoll ist. „Ich habe mich da nicht gut gefühlt, aber gut genug, um zu überleben. Und wenn man dort überlebt, hat man eine Chance im Sprint“, äußerte er sich nach dem Rennen.
Am Ende kam es zu dem mit Spannung erwarteten Duell der besten Sprinter des Jahres, das Kooij für sich entscheiden konnte. „Ich wusste auf der Ziellinie nicht wirklich, ob ich vorn bin, um ehrlich zu sein. Ich habe ihn neben mir gespürt und darum nicht zu früh gefeiert“, gesteht der stolze Sieger. Trotz eines Sturzes vor zwei Wochen hatte er genug Energie, um seinen 36. Profi-Sieg einzufahren.
Die Entwicklung des Rennens und die Zukunft der Cyclassics
Obwohl die deutschen Radprofis in der entscheidenden Phase nicht um den Sieg mitkämpfen konnten, zeigte Nikias Arndt (32) aus Buchholz mit einem 17. Platz die beste Platzierung für das heimische Publikum. Der Deutschland-Chef der A.S.O., Matthias Pietsch, reflektierte über die Herausforderungen und Erfolge der ersten Austragung unter neuer Leitung: „Das Rennen hat seine eigene Geschichte, Struktur, da ist es für einen neuen Veranstalter wichtig, von Anfang an einen guten Job zu machen. Das haben wir ganz gut hinbekommen.“
11.000 Hobby-Radfahrer hatten sich in diesem Jahr für die Cyclassics angemeldet. Pietsch verkündete, dass das Event definitiv mehr Aufmerksamkeit und Qualität verdient: „Wir werden schauen, dass wir den Teilnehmern wieder mehr Highlights bieten.“ Für die 29. Auflage, die am 17. August 2025 stattfinden soll, sind bereits Ideen in Planung, darunter eine Rückkehr über die Köhlbrandbrücke und vielleicht sogar eine dritte Jedermann-Runde für die Teilnehmer.