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Die Zukunft der Ostsee: Herausforderungen für Dorsch und Küstenfischerei

Auf dem Deutschen Fischereitag in Hamburg diskutieren Wissenschaftler, Fischer und Politiker am 27. August 2024 über die Zukunft der Fischerei in Mecklenburg-Vorpommern, insbesondere die Auswirkungen von Überfischung und Klimawandel auf die Bestände von Dorsch und Hecht, während Dr. Christopher Zimmermann auf dringende Maßnahmen zur Reduzierung der Überdüngung der Ostsee hinweist, um gesunde Fischbestände zu gewährleisten.

Die aktuellen Herausforderungen in der Fischerei in Mecklenburg-Vorpommern sind nicht zu ignorieren. Auf dem kürzlich stattgefundenen Deutschen Fischereitag in Hamburg kamen Experten, Angler, Fischer und Politiker zusammen, um über die drängendsten Themen der Branche zu diskutieren. Dabei war es nicht nur der Austausch von Informationen, der im Vordergrund stand, sondern auch das Ziel, auf die dringendsten Probleme hinzuweisen, die die Bestände von beliebten Fischarten bedrohen.

Ein zentrales Thema war der Dorsch, der unter den strikten Fangquoten leidet. Dr. Christopher Zimmermann, Leiter des Rostocker Thünen-Instituts für Ostseefischerei, präsentierte alarmierende Forschungsergebnisse. Die Lebensbedingungen für Dorsche in der West-Ostsee haben sich verschlechtert. Aufgrund von übermäßig warmem Wasser während der Sommermonate verlieren die Fische ihren Lebensraum. „Der Dorsch ist ein kaltgemäßigt angepasster Fisch und wenn die Wassertemperatur über 15 Grad steigt, dann flieht er ins tiefere Wasser“, erklärte Zimmermann. Doch auch dort ist der Sauerstoffgehalt unzureichend, was die Bedeutung dieses Problems noch verstärkt.

Die Herausforderung der Eutrophierung

Ein weiterer bedeutender Faktor, der die Bestände gefährdet, ist die übermäßige Eutrophierung der Ostsee. Diese Überdüngung verhinderte nicht nur die Erholung des Dorschbestandes, sondern schädigte auch die gesamte marine Umgebung. „Wir müssen letztlich anfangen, dafür zu sorgen, dass weniger Nährstoffe in die Ostsee gelangen“, betont Zimmermann. Sein Appell zur Reduzierung von Stickstoff- und Phosphorverbindungen ist dringlich, da Wissenschaftler davon ausgehen, dass die aktuellen Nährstoffverhältnisse mindestens die nächsten 20 Jahre beibehalten werden, wenn nicht sofort Maßnahmen ergriffen werden.

Die düsteren Prognosen für den Dorsch sind ein weiteres Beispiel für die besorgniserregende Lage der Fischbestände, die für Fischer in Mecklenburg-Vorpommern enorm wichtig sind. Angler müssen sich darauf einstellen, dass der Dorsch noch viele Jahre unter Schutz stehen wird, und es ist ungewiss, ob sich der Bestand überhaupt erholen kann. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass der Dorsch eine Erholungszeit von vielleicht 30 Jahren braucht“, fügt Zimmermann hinzu und verdeutlicht, wie ernst die Lage ist.

Der Boddenhecht und seine Schwierigkeiten

Nicht nur der Dorsch ist davon betroffen. Auch der Boddenhecht leidet unter den veränderten Bedingungen in den Gewässern Mecklenburg-Vorpommerns. Robert Arlinghaus, Professor für Integratives Fischereimanagement an der Humboldt-Universität in Berlin, erläutert, dass die Hechte zunehmend kleiner werden. Es wurden signifikante Umweltveränderungen festgestellt, vor allem der Rückgang der Unterwasserpflanzen im Bodden, die für die Reproduktion der Hechte von entscheidender Bedeutung sind. Angler und Wissenschaftler arbeiten gemeinsam an der Erforschung dieser Probleme, um die Bestände langfristig zu sichern.

In einer positiveren Wendung hat das Bundeslandwirtschaftsministerium die „Zukunftskommission Küstenfischerei für Nord- und Ostsee“ ins Leben gerufen. Diese Kommission, die in die Zukunft der Küstenfischerei blicken soll, umfasst eine Vielzahl von Interessengruppen, inklusive Wissenschaftler, Politiker und Vertreter der Fischerei. Dr. Christopher Zimmermann, auch Mitglied der Kommission, sieht Potenziale für die deutsche Küstenfischerei, die über den reinen Fischfang hinausgehen. Seefahrten für den Tourismus oder die Unterstützung wissenschaftlicher Projekte könnten den Fischern neue Einkommensquellen erschließen und zur Erhaltung der Fischerei beitragen.

Ein innovativer Ansatz zur Weiterentwicklung der Fischerei in der Region ist die Ausbildung von Fischern zu „Sea-Rangern“ oder „Förstern der Meere“. Elf Küstenfischer haben diesen neuen Ausbildungsweg eingeschlagen und Studien von der Landesregierung zur Förderung erhalten. Diese Qualifikationen sollen den Fischern ermöglichen, alternative Einnahmequellen zu erschließen und die maritime Umwelt aktiv zu schützen. Diese Initiative könnte eine wichtige Rolle im Erhalt der Fischerei und in der Förderung nachhaltiger Praktiken spielen.

Der Blick in die Zukunft der Fischerei

Es ist klar, dass die Herausforderungen in der Fischerei nicht nur aus Überfischung, sondern auch aus komplexen ökologischen Faktoren bestehen. Die Zusammenarbeit von Wissenschaft, Politik und der Fischerei-Community ist entscheidend, um praktikable Lösungen zu finden. Die Meeresumwelt steht im Mittelpunkt dieser Bemühungen, und es bedarf eines gemeinsamen Ansatzes, um die Bestände für zukünftige Generationen zu sichern und die Küstenfischerei als kulturelles Erbe und wirtschaftlichen Faktor zu erhalten.

Die aktuelle Lage der Fischbestände in der Ostsee ist Teil eines vielschichtigen ökologischen Problems, das in den vergangenen Jahrzehnten an Dringlichkeit gewonnen hat. Verschiedene Faktoren wie Überfischung, Klimawandel und Umweltverschmutzung wirken sich negativ auf die Lebensräume der Meeresbewohner aus. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die Bestände, sondern auch auf die lokale Wirtschaft und Gemeinschaften, die vom Fischfang abhängig sind.

Politische Rahmenbedingungen

Die Fischereipolitik in Europa ist stark reguliert und unterliegt den Bedingungen der Gemeinsamen Fischereipolitik der Europäischen Union. Diese Politik zielt darauf ab, nachhaltige Fischerei zu fördern und die Bestände zu schützen. Aktuelle Maßnahmen umfassen Fangquoten, geschützte Gebiete und ökologische Zertifizierungen. Dennoch gibt es immer wieder Debatten über die Effektivität dieser Regulierungen, insbesondere, wenn es um die Einhaltung von Quoten und den Schwarzmarkt geht. Laut einer Studie der Umweltorganisation WWF könnte die illegale Fischerei einen bedeutenden Anteil am Fischfang in Europa ausmachen und die Bemühungen zur Rekonstitution der Bestände untergraben.

Zusätzlich spielen lokale Gesetze und Vorschriften eine Rolle, die von den Bundesländern individuell festgelegt werden. Dies kann zu Inkonsistenzen führen, die die Fischerei in den verschiedenen Regionen der Ostsee unterschiedlich betreffen.

Wirtschaftliche Auswirkungen

Die wirtschaftlichen Folgen der schwachen Fischbestände sind erheblich. In Deutschland sind tausende von Arbeitsplätzen direkt oder indirekt von der Fischerei betroffen. Eine Überfischung des Dorschbestandes könnte nicht nur das Einkommen der Fischer gefährden, sondern auch den Tourismus in Regionen wie Mecklenburg-Vorpommern beeinträchtigen. Es wird geschätzt, dass der Fischereisektor und die damit verbundenen Dienstleistungen allein in Mecklenburg-Vorpommern mehrere tausend Arbeitsplätze bereitstellen.

Die Wiedereinführung von Erholungszeiten für bestimmte Fischarten ist oft notwendig, aber sie können vorübergehende Rückgänge im Fischfang und damit verbundene wirtschaftliche Herausforderungen für die betroffenen Gemeinden bedeuten. Laut dem Statista Research Department haben viele Fischer in den letzten Jahren durch reduzierte Fangquoten Einbußen erlebt. Dies hat zu Forderungen nach besseren Unterstützungssystemen für die von der Fischerei abhängigen Gemeinschaften geführt.

Ökologische Effekte der Überdüngung

Die Eutrophierung der Ostsee hat tiefgreifende Konsequenzen für das marine Ökosystem. Übermäßige Nährstoffe, insbesondere Stickstoff und Phosphor, führen zu Algenblüten, die den Sauerstoffgehalt des Wassers signifikant reduzieren. Diese Veränderungen schädigen die Fischbestände, da viele Fischarten auf eine bestimmte Wasserqualität angewiesen sind. Eine Studie der Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft zeigt, dass die Schädigung von Habitat und Wasserqualität langfristige Effekte auf die Biodiversität und das gesamte Ökosystem der Ostsee hat.

Die Reduktion der Nährstoffeinträge ist ein zentrales Ziel für die Wiederherstellung gesunder Meeresökosysteme. Es gibt bereits Initiativen zur Überwachung und Reduktion dieser Einträge, jedoch müssen Anstrengungen von Regierungsseite und der Industrie koordiniert werden, um effektiv zu sein.

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