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Öffentliche Gebete vor der Blauen Moschee: Ein Konflikt in Hamburg-Nord

Vor der geschlossenen Blauen Moschee in Hamburg versammelten sich am 23. August 2024 rund 200 Muslime zu Gebeten und Protesten, um für die Rückkehr zu ihrem Gotteshaus zu demonstrieren, während Anwohner und die CDU die Situation als unhaltbar kritisieren und das Bezirksamt über eine mögliche Sondergenehmigung zur Versammlung entscheidet.

Seit der Schließung der Blauen Moschee in Hamburg und dem Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) finden regelmäßig Gebete von Gläubigen auf der Straße statt. Diese Situation hat nicht nur den Unmut der Anwohner geweckt, sondern auch eine notwendige politische Debatte angestoßen. In den letzten Wochen waren Gläubige zu religiösen Versammlungen und Protesten gegen die Schließung des Gotteshauses vor der Alster gekommen, und während sich die Menschen vor der Moschee versammeln, steht auch eine Entscheidung des Bezirksamts Hamburg-Nord bevor.

Am vergangenen Freitag haben sich rund 200 Muslime versammelt, um zu beten und Transparente zu halten, auf denen Botschaften wie „Wir wollen unsere Moschee zurück“ zu lesen waren. Solche Versammlungen sind mittlerweile zu einem regelmäßigen Ereignis geworden, nach Angaben der Polizei zuletzt auch mit einer Versammlung von etwa 140 Gläubigen am Donnerstagabend. Aufmerksam wurde dabei auf den Geräuschpegel gelegt, der laut Messung nicht über 65 Dezibel, vergleichbar mit der Lautstärke eines Fernsehers, hinausging.

Politische Reaktionen und Anwohnerproteste

Die bevorstehende Entscheidung des Bezirksamts verdeutlicht den politischen Druck, der durch die Situation entsteht. Die CDU führt in ihrer Kritik an den wiederkehrenden Versammlungen aus, dass es unhaltbar sei, wenn für die wöchentlichen Gebete Straßen gesperrt werden und die Polizei ständig vor Ort sein müsse. Dennis Thering, der Landes- und Fraktionschef der CDU, äußerte sich besorgt über die alltägliche Normalität dieser Situation und warnt davor, dass dies kein Dauerzustand werden dürfe.

Auf der anderen Seite fühlen sich Anwohner durch die öffentlichen Gebete teilweise gestört. Im Gespräch mit NDR 90,3 haben einige Nachbarn bereits angekündigt, im Falle einer dauerhaften Genehmigung der Versammlungen rechtliche Schritte einzuleiten. Eine Nachbarin bemerkte, dass sie die Erhaltung der Moschee in einem Stadtteil, der für seine Exklusivität bekannt ist, als wichtig empfindet.

Antrag auf Sondernutzungserlaubnis

Die Veranstalter der Gebete streben eine grundsätzliche Erlaubnis an, um ihre Versammlungen rechtlich abzusichern. Aktuell werden die Gebete als Versammlungen angemeldet, was zu den vorübergehenden Straßensperrungen führt. Ein Sprecher des zuständigen Amtes hat bestätigt, dass ein Antrag auf Sondernutzungserlaubnis gestellt worden ist, über den in den kommenden Tagen entschieden werden soll. Dies könnte die rechtlichen Rahmenbedingungen der Gebetsversammlungen grundlegend verändern.

Zugleich gab es auch eine Klage des IZH gegen die Schließung der Blaue Moschee beim Bundesverwaltungsgericht. Das Ziel dieser rechtlichen Schritte ist ganz klar: Die Rückkehr zur freien Religionsausübung in einem ehrenwerten Ort, der für viele Muslime von Bedeutung ist.

Hintergrund zur Schließung der Moschee

Die Schließung der Imam-Ali-Moschee, wie die Blaue Moschee offiziell heißt, geschah nach dem Verbot des IZH durch Bundesinnenministerin Nancy Faeser, die das Zentrum als bedeutendes Propagandazentrum des Irans in Europa bezeichnete. Diese Entscheidung führte zu landesweiten Maßnahmen, bei denen die Polizei Objekte des Zentrums und damit verbundene Einrichtungen durchsuchte. Seitdem steht die Moschee unter der Verwaltung des Bundes und ist für die Gläubigen nicht zugänglich.

Ein spannendes Kapitel für Hamburg

Die gegenwärtige Entwicklung rund um die Blaue Moschee in Hamburg wirft tiefgreifende Fragen über Religionsfreiheit, politische Entscheidungen und die Rolle der Gemeinde auf. Die Spannungen zwischen den Bedürfnissen der Gläubigen und den Sicherheitsbedenken der Anwohner sind spürbar. Wie der Bezirk Hamburg-Nord auf die anhaltenden öffentlichen Gebete reagieren wird, bleibt abzuwarten. Diese Entscheidung könnte weitere Folgen für die religiöse Landschaft der Stadt haben sowie einen markanten Punkt im oder gegen den Umgang mit Religion in der Gesellschaft darstellen.

Die Schließung der Blauen Moschee und das Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) sind Teil eines größeren Kontexts, der sich mit der Bekämpfung von extremistischer Ideologie in Deutschland befasst. In den letzten Jahren hat die deutsche Regierung eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um islamistische Gruppierungen zu überwachen und, wenn nötig, zu verbieten. Dies geschah unter dem Druck einer erhöhten Bedrohung durch terroristische Aktivitäten und der Wahrnehmung, dass bestimmte Organisationen als ideologische Rückzugsorte für Extremisten dienen. Die Schließung des IZH und die damit verbundene Sicherstellung von Eigentum sind Beispiele für diese Strategie. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des [Bundesministeriums des Innern](https://www.bmi.bund.de).

Die Maßnahme zur Schließung kam nicht ohne Kontroversen. Kritiker argumentieren, dass die Maßnahmen übertrieben sind und die Rechte von Muslimen einschränken könnten, insbesondere das Recht auf Religionsfreiheit, das in Artikel 4 des Grundgesetzes verankert ist. Vertreter des IZH argumentieren, dass die Schließung ihrer Moschee eine unverhältnismäßige Reaktion sei, die die Gemeinschaft stigmatisiere. Das führt zu einer Spannungsdynamik zwischen Sicherheitsinteressen des Staates und den Bedürfnissen und Rechten der muslimischen Gemeinschaft in Deutschland.

Demografische und soziale Hintergründe

Die muslimische Gemeinschaft in Deutschland ist vielfältig und umfasst Menschen aus verschiedenen ethnischen und kulturellen Hintergründen. Laut dem Bericht des [Allgemeinen Deutschen Nachrichtenmagazins](https://www.dw.com) lebten 2021 rund 5,3 Millionen Muslime in Deutschland, was etwa 6,7 % der Gesamtbevölkerung entspricht. Die Gemeinschaft ist stark durch Migration geprägt, was dazu führt, dass nicht alle Muslime identische religiöse und kulturelle Praktiken teilen. Dies könnte zu unterschiedlichen Reaktionen auf die Schließung der Blauen Moschee führen, wobei einige möglicherweise die Maßnahmen unterstützen, während andere sich marginalisiert fühlen.

Eine Umfrage, die 2023 von der Friedrich-Ebert-Stiftung durchgeführt wurde, zeigte, dass 41 % der befragten Muslime in Deutschland von Diskriminierung aufgrund ihres Glaubens berichteten. Das Gefühl, dass ihre Religionsausübung eingeschränkt ist, könnte zu einer stärkeren politischen Mobilisierung innerhalb der Gemeinschaft führen. Die laufenden öffentlichen Gebete vor der Blauen Moschee könnten auch als ein Ausdruck dieser Mobilisierung interpretiert werden, in dem Streben, die eigene religiöse Identität und Privilegien zu verteidigen.

Politische Reaktionen und öffentliche Meinung

Die Reaktionen auf die Schließung der Blauen Moschee variieren erheblich. Während Politiker der CDU und der AfD die Maßnahmen unterstützen und als notwendig für die öffentliche Sicherheit betrachten, gibt es auch viele Stimmen, die betonen, dass diese Art von Maßnahmen eine Diskriminierung darstellen. Eine Umfrage des [Meinungsforschungsinstituts YouGov](https://yougov.de) aus dem Jahr 2024 ergab, dass 54 % der befragten Deutschen der Meinung sind, dass das Verbot unverhältnismäßig sei, während 29 % dies befürworteten. Diese Sichten spiegeln die Spaltung in der Gesellschaft wider und zeigen, wie Religion, Sicherheit und persönliche Freiheiten in der öffentlichen Diskussion miteinander verknüpft sind.

Diese Situation zeigt, wie wichtig es ist, den Dialog zwischen verschiedenen Gemeinschaften und der Regierung aktiv zu fördern, um Lösungen zu finden, die sowohl die Sicherheitsbedenken der Gesellschaft berücksichtigen als auch das Recht auf Religionsfreiheit wahren. Der Ausgang des Antrags auf Sondernutzungserlaubnis wird entscheidend sein, um die nächsten Schritte in dieser komplexen und emotionalen Angelegenheit festzulegen.

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