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Rondenbarg-Prozess: Geldstrafen für G20-Gegner wegen ihrer Kleidung

Der G20-Protest in Hamburg vor sieben Jahren bekommt nun rechtliche Nachwirkungen, die die Diskussion um Versammlungsfreiheit und kriminelle Handlungen in einem neuen Licht erscheinen lassen. Zwei G20-Gegner, die an einer Demonstration beteiligt waren, wurden vom Hamburger Landgericht verurteilt. Ihre Kleidung an dem Tag – hauptsächlich schwarz – spielte eine entscheidende Rolle in der Urteilsfindung und führte zu Geldstrafen.

Am 7. Juli 2017, als die Führungsspitzen der G20-Staaten in Hamburg zusammenkamen, fanden sich zahlreiche Protestierende in der Innenstadt zusammen, viele von ihnen gekleidet in dunkler Kleidung. Dieser Protestzug wurde in der Straße Rondenbarg von der Polizei umzingelt und führte zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, in deren Verlauf Steine und Böller gegen die Einsatzkräfte geworfen wurden, ohne dass jemand ernsthaft verletzt wurde. Die Situation eskalierte schnell, und 85 Demonstranten wurden festgenommen, einige davon schwer verletzt.

Urteil des Landgerichts

Die Richterin führte in der Urteilsverkündung aus, dass die Beteiligung der Angeklagten an einem „gemeinsamen Bedrohungsszenario“ erkennbar war. Ihnen wurden insgesamt 90 Tagessätze aufgebrummt, da sie nach Ansicht des Gerichts in den Landfriedensbruch und weitere Delikte verwickelt waren. Dies geschah trotz der Tatsache, dass der Staatsanwaltschaft keine spezifischen Straftaten gegen die Angeklagten vorgeworfen wurden. Vielmehr wurde argumentiert, dass ihre schwarze Kleidung und ihr Auftreten dazu beitrugen, dass gewalttätige Teilnehmer sich unter den Protestierenden verstecken konnten und durch ihre Präsenz bestärkt wurden.

„Der schwarze Finger“ – so wurde der Teil des Protests benannt, in dem die betroffenen Demonstranten marschierten – wurde von der Richterin als gewaltbereit eingestuft. Sie war der Ansicht, dass die Bekleidung der Angeklagten sowie ihre Vermummung eine bewusste Entscheidung waren, die den Eindruck erweckte, dass ein konfrontativer Ansatz verfolgt wurde. „Jeder weiß, dass ein schwarz gekleideter Aufzug nichts Gutes bedeutet“, so die Aufklärung im Gericht.

Das Argument der Verteidigung

Die Verteidigung hob hervor, dass Teilnehmende einer friedlichen Versammlung nicht für die Taten anderer verantwortlich gemacht werden sollten. Ihr Argument beruhte auf dem Grundsatz der Versammlungsfreiheit, der im Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1985 klar definiert wurde. Anwalt Sven Richwin betonte, dass es nicht bei der Versammlungsfreiheit um ästhetische Entscheidungen gehe und dass Ängste von Passanten nicht auf eine ganze Gruppe projiziert werden dürften. „Eine Versammlung ist kein Schönheitswettbewerb“, lautete sein prägnanter Kommentar.

Die Richterin blieb jedoch dabei, dass die Vielzahl an schwarz gekleideten Menschen ein unheilvolles Bild hervorgerufen habe, das Ängste schürte. Dies wurde als grundlegend für die Entscheidung gewertet, die einen signifikanten Präzedenzfall in der Rechtsprechung zur Versammlungsfreiheit darstellen könnte.

Nun stellt sich die Frage, ob die Verurteilten, Nils Jansen und Gabi Müller, gegen das Urteil in Revision gehen werden. Während die rechtlichen Auseinandersetzungen weitergehen, bleibt die Debatte um Versammlungsfreiheit in Deutschland ein Thema von hohem gesellschaftlichem Interesse. Die Reaktionen auf das Urteil zeigen, wie wichtig es ist, das Gleichgewicht zwischen öffentlicher Sicherheit und der Freiheit des individuellen Protestes zu wahren.

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