In einer klaren Positionierung haben sich die Schüler:innenkammer Hamburg gegen die anstehende Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren an Gymnasien gewandt. Diese Debatte entsteht kurz bevor die Unterschriftensammlung für eine Volksinitiative beginnt, die genau diesem Ziel dienen möchte. Thorben Bauer, der Vorsitzende der Schüler:innenkammer, äußerte deutlich, dass G9 keinen Fortschritt für die Hansestadt darstelle. Stattdessen verwies er auf die Stadtteilschulen, die bereits einen Weg zum Abitur nach neun Jahren ermöglichen.
Im Jahr 2002/2003 wurde in Hamburg das System des achtstufigen Gymnasiums eingeführt. Seither hat sich die Schulstruktur in der Stadt erheblich entwickelt. Nach dem Einführung des Doppelabiturs im Jahr 2010 wurden die Stadtteilschulen als Alternative zu Haupt- und Realschulen etabliert, um Schülern ebenfalls die Möglichkeit zu geben, das Abitur in einem kürzeren Zeitraum zu erreichen.
Schüler:innenkammer kritisiert Initiative für G9
Die Schüler:innenkammer äußerte zudem, dass die Bestrebungen der Elterninitiative, die G9 zurückbringen will, nicht fundiert seien. Bauer kritisierte, dass die Wahlfreiheit zwischen den verschiedenen Bildungswegen – dem Abitur nach acht oder neun Jahren – nicht richtig genutzt werde. Er betonte, dass ein Besuch an einem Gymnasium keinen weiteren Vorteil mit sich bringe als der Besuch einer Stadtteilschule.
Ein zentraler Punkt der Kritik ist die potenzielle Klassifizierung von Schulen. Die Rückkehr zu G9 könnte dazu führen, dass Gymnasien als Eliteschulen wahrgenommen werden, während Stadtteilschulen als Bildungseinrichtungen für andere gelten würden. Diese Trennung lehnt die Schüler:innenkammer entschieden ab und sieht hierin eine Gefahr für die Chancengleichheit im Bildungssystem.
Die Volksinitiative „G9 – Mehr Zeit zum Lernen! Bildungsgerechtigkeit HH“ verfolgt das Ziel, das 2010 eingeführte Abitur nach acht Jahren abzuschaffen. Die Vertreter dieser Initiative argumentieren, dass Schüler in Hamburg im Vergleich zu ihren Altersgenossen in anderen Bundesländern benachteiligt sind, da sie über ein Jahr weniger Zeit für die Abiturvorbereitung haben. Trotzdem stellen die Schüler:innenvertreter klar, dass die Rückkehr zu G9 nicht die Antwort auf die bestehenden Herausforderungen ist.
Alternative Ansätze gefordert
Jakob Zierep, der Vize der Schüler:innenkammer, plädiert für eine neue Bildungsvision: „Anstelle von G9 an Gymnasien sollten wir eine Schule für alle anstreben, die in neun Jahren zum Abitur führt.“ Diese Idee einer integrierten Schule würde i. d. R. für mehr Gerechtigkeit im Bildungssystem sorgen, anstatt bestehende Trennungen weiter zu verstärken.
Die Unterschriftensammlung für die Volksinitiative beginnt am Dienstag. Der Erfolg der Initiative hängt von der Unterstützung der Bevölkerung ab: Mindestens 65.835 Unterschriften sind nötig, um die Initiative ins Rollen zu bringen. Scheitert die Bürgerschaft erneut an einem Volksentscheid, könnte das Vorhaben möglicherweise im Rahmen einer bevorstehenden Wahl behandelt werden.
Diese Diskussion um die Schulstruktur in Hamburg ist nicht neu; bereits 2014 gab es einen ersten Versuch, G9 zurückzubringen, der jedoch scheiterte. Wenige Stimmen blieben damals zur erforderlichen Unterstützung aus, wodurch die Debatte über die Schullandschaft in Hamburg weiterhin offen bleibt.