Die Ablehnung eines bedeutenden Medikaments gegen Alzheimer durch die EU-Arzneimittelbehörde EMA wirft Fragen hinsichtlich der medizinischen Versorgung und des Zugangs zu innovativen Therapien in Europa auf.
Entscheidung der EMA sorgt für Unruhe
In Amsterdam hat die EMA entschieden, die Zulassung des Alzheimer-Wirkstoffs Lecanemab abzulehnen. Diese Entscheidung ist besonders aufsehenerregend, da Lecanemab das Potenzial hatte, die erste ursächliche Therapie zur Behandlung von Alzheimer in der EU zu sein. Die Behörde bewertete das Risiko schwerer Nebenwirkungen, wie Wassereinlagerungen und Blutungen im Gehirn, als höher als den erwarteten Therapieerfolg.
Reaktionen aus der Fachwelt
Der Neurologe Wenzel Glanz, der an der Uniklinik Magdeburg tätig ist, äußerte sich überrascht über die Entscheidung der EMA: „Wir hatten uns schon auf die Infusionstherapien eingestellt.“ Solche Reaktionen zeigen, wie sehr die medizinische Gemeinschaft auf Lecanemab gehofft hatte, um den Verlauf der Krankheit bei Frühstadium-Patienten verlangsamen zu können. Trotz der Fakten, die die EMA anführte, sieht die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) in der Entscheidung ein Risiko für eine Zwei-Klassen-Medizin, in der sich Patienten, die es sich leisten können, die Therapie möglicherweise über internationale Apotheken beschaffen müssten.
Risiken und Nutzen der Therapie im Fokus
Lecanemab, auch bekannt unter dem Handelsnamen Leqembi, wird bereits seit Anfang 2023 in den USA zur Behandlung von Alzheimer im Frühstadium eingesetzt. Studien zeigen, dass das Medikament den Krankheitsverlauf um etwa 30 Prozent verlangsamen kann. Diese positive Wirkung betrifft jedoch einen stark begrenzten Personenkreis, von dem Experten schätzen, dass er weniger als 10 Prozent der Alzheimer-Patienten in Deutschland ausmacht. Über eine Million Menschen sind hierzulande von der Krankheit betroffen.
Regelmäßige Kontrollen erforderlich
Die Therapie erfordert strenge Überwachung, da Mikroblutungen und Ödeme im Gehirn häufige Nebenwirkungen sind. Patienten müssen sich regelmäßig MRT-Untersuchungen unterziehen, um mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen. „Es gibt bei etwa 30 Prozent der Behandelten solche Komplikationen“, erklärte Glanz und betonte, dass eine ständige Kontrolle notwendig sei, um die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten.
Ein Blick in die Zukunft
Trotz der Ablehnung durch die EMA haben die Verantwortlichen von Eisai die Möglichkeit, innerhalb von 15 Tagen einen Antrag auf erneute Prüfung zu stellen. Diese Situation verdeutlicht die Herausforderungen und Dilemmata, mit denen die europäische Gesundheitsbehörde in Bezug auf innovative Medikamente konfrontiert ist. Die Entscheidung könnte nicht nur die Zukunft von Lecanemab, sondern auch die medizinische Versorgung von Alzheimer-Patienten in Europa beeinflussen.
Insgesamt zeigt die Entwicklungen im Zusammenhang mit Lecanemab, wie wichtig es ist, innovativen Therapien auch in der EU eine Chance zu geben, während gleichzeitig die Sicherheit der Patienten gewährleistet werden muss.
– NAG