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Geheimnisse der Klingebiel-Zelle: Kunst und Geschichte in Göttingen entdecken

Die künstlerisch gestaltete Klingebiel-Zelle im ehemaligen Verwahrhaus Göttingen wird ab August der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, nachdem der denkmalgeschützte Raum, der bedeutende Wandgemälde des Insassen Julius Klingebiel aus den Jahren 1951 bis 1963 zeigt, bisher verschlossen war und umfassende Sanierungsarbeiten über fünf Millionen Euro erfordert.

Die Zugänglichmachung der Klingebiel-Zelle im ehemaligen Verwahrhaus Göttingen ist ein bedeutender Schritt zur Erhaltung und Wertschätzung der psychischen Gesundheit und der künstlerischen Ausdrucksform in der deutschen Geschichte. Diese Zelle, die lange Zeit geschlossen war, wird bald zur Besichtigung eröffnet, um das beeindruckende Werk des ehemaligen Insassen Julius Klingebiel zu zeigen.

Kunst und Psychiatrie: Ein historischer Kontext

Julius Klingebiel wurde 1939 im Alter von 34 Jahren, nach einem Arbeitsunfall, mit einer angeblichen Schizophrenie diagnostiziert. Diese Diagnose führte zu seiner Unterbringung in verschiedenen Kliniken, bevor er schließlich 1951 im Göttinger Verwahrhaus lebte. Während seiner Zeit dort, die bis zu seinem Tod 1965 dauerte, schuf er eindrucksvolle Wandgemälde, die nicht nur persönlich, sondern auch kulturell bedeutend sind und den Umgang mit psychischen Erkrankungen in Deutschland widerspiegeln.

Der Zugang zur Klingebiel-Zelle

Ab August dieses Jahres wird das Gebäude, das seit 2016 ungenutzt war, als Depot für die beiden Landesmuseen Hannover und Braunschweig genutzt. Im Rahmen dieser Umgestaltung wird die Einzelzelle 117, in der Klingebiel lebte, für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Hierfür sind umfangreiche Renovierungsarbeiten und der Einbau von Klimaanlagen sowie eines Glaskastens geplant, um den Raum für Besucher sicher erlebbar zu machen. Die geschätzten Kosten für diese Maßnahmen belaufen sich auf über fünf Millionen Euro.

Künstlerischer Ausdruck und Denkmalschutz

Die Wände der Zelle sind mit faszinierenden und vielfältigen Zeichnungen geschmückt. Klingebiel thematisierte unter anderem Religion und Nationalsozialismus, seine Werke erzählen von der Komplexität menschlicher Erfahrungen und der Auseinandersetzung mit seiner eigenen Realität. Auf der rechten Seite sind großflächige Malereien von Tieren, wie Hirschen, zu sehen, die eine beruhigende Wirkung auf ihn hatten. Diese kreative Ausdrucksform ist heute als hervorragendes Beispiel psychiatrieerfahrener Künstler anerkannt und steht seit 2012 unter Denkmalschutz.

Die Bedeutung für die Gesellschaft

Die Öffnung der Klingebiel-Zelle ist nicht nur ein symbolischer Akt, sondern auch Anlass für eine breitere Diskussion über den Umgang mit psychischen Erkrankungen und die Bedeutung von Kunst in der Heilung. Die Entscheidung, diesen einzigartigen Raum für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen, trägt dazu bei, das Bewusstsein für die Geschichte der Psychiatrie und die kreative Leistung von Menschen, die in psychiatrischen Einrichtungen lebten, zu fördern. Es ist auch ein Schritt in Richtung einer respektvollen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und der Wertschätzung für künstlerische Ausdrucksformen, die aus schwierigen Lebensumständen entstanden sind.

NAG

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