Ein langwierig gehandelter Rechtsstreit um Hartz-IV Leistungen, der sich über ein Jahrzehnt erstreckt, nimmt eine überraschende Wendung. Die Klägerinnen sind eine Mutter und ihre Tochter, die seit 2014 um fehlende Sozialleistungen kämpfen. Inzwischen sind diese Leistungen unter dem Begriff Bürgergeld bekannt, doch das Verfahren zieht sich in die Länge, und hat mittlerweile mehrere Klageverfahren umfasst.
Der Ursprung des Streits reicht bis zurück ins Jahr 2014, als die beiden Frauen vor dem Sozialgericht in Darmstadt klagten. Sie wollten Hartz-IV-Leistungen für den Monat Februar 2014 erhalten, die ihnen aufgrund bürokratischer Hürden vorenthalten wurden. Nach mehreren Anläufen, darunter ein gescheitertes Verfahren im Jahr 2018, war die Geduld der Klägerinnen auf eine harte Probe gestellt worden. Zudem hatten sie die letzten Jahre über ganze 45 Klagen eingereicht. Diese Vielzahl von Klagen wurde jedoch von dem Landessozialgericht als übermäßig angesehen und führte dazu, dass die Klägerinnen der „Überbelastung“ des Systems beschuldigt wurden.
Ein umstrittenes Urteil des Bundessozialgerichts
Trotz der wiederholten Klagen, die hauptsächlich um einen geringen Streitwert von 308 Euro kreisten, erkannten die Richter des Bundessozialgerichts die Unangemessenheit der langen Verfahrensdauer an. Am 26. Oktober 2023 wurde in einem wegweisenden Urteil (AZ: B 10 ÜG 1/22 R) klar gestellt, dass auch bei einer Vielzahl von Klagen das Recht auf Entschädigung aufgrund überlanger Verfahrensdauer bestehen bleibt. Wesentlich ist, dass die häufigen Klagen der Klägerinnen nicht zu einer finanziellen Benachteiligung führen dürfen.
Das Bundessozialgericht wies explizit darauf hin, dass die Klägerinnen nicht für das Klageverhalten ihrer Rechtsbevollmächtigten in anderen Verfahren verantwortlich gemacht werden können. Dies bedeutet, dass die Anzahl der eingereichten Klagen an sich nicht den rechtlichen Anspruch auf Entschädigung mindern kann. Ein solches Urteil ist besonders relevant für zahlreiche Personen, die in ähnlichen Situationen argumentieren könnten, dass die Rechtsprechung sie unrechtmäßig benachteiligt.
Bedeutung für die Betroffenen
Obwohl es sich bei dem Streitwert von 308 Euro um einen relativ kleinen Betrag handelt, haben die ausgebliebenen Bürgergeldleistungen für die Klägerinnen enorm große Bedeutung. Mit einem geringen Einkommen belastet, bedeuten die fehlenden Zahlungen für die Frauen eine erhebliche Einschränkung ihrer Lebensqualität. Das Bundessozialgericht stellte fest, dass die Höhe des Streitwerts für die Beurteilung des Entschädigungsanspruchs irrelevant ist.
In Folge der Entscheidung wurde die zuvor abgewiesene Klage auf eine Geldent-schädigung wieder eröffnet. Experten empfehlen, auch seitens der Betroffenen weiterhin aktiv bei den Jobcentern auf eine Klärung ihrer Ansprüche zu pochen. Ein solches Engagement könnte nach der aktuellen Rechtsprechung bedeuten, dass sich auch betroffene Bürger, die sich über die Bürokratie hinwegsetzen müssen, auf den rechtlichen Rückhalt ihrer Ansprüche berufen dürfen.
Die Entscheidung des Bundessozialgerichts könnte somit als Wegweiser für künftige Klagen in ähnlichen sozialen Streitigkeiten dienen. Es bietet nicht nur einen Lichtblick für die Klägerinnen im konkreten Fall, sondern auch für viele Menschen, die auf ihre rechtmäßigen Ansprüche warten müssen und sich unfair behandelt fühlen. Die Klärung der Rechte in solch langen Rechtsstreitigkeiten kann eine grundlegende Hilfe für Menschen in vergleichbaren Situationen schaffen.