Im ländlichen Raum Brandenburgs herrscht akuter Ärztemangel, der insbesondere junge Menschen und Neuzugezogene vor enorme Herausforderungen stellt. Momentan sind in der Region 300 Hausarztpraxen unbesetzt, und die Situation könnte sich noch verschärfen – Prognosen der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB) erwarten, dass in den kommenden Jahren bis zu 600 Praktiken aufgrund von Altersabgängen schließen werden. Eine praxisnahe Lösung wird dringend benötigt.
Die Situation ist in Rathenow besonders gravierend: Hier sind gleich elf Hausarztpraxen geschlossen, was einem Drittel der gesamten Zahl entspricht. Francine Heimann, eine junge Lehrerin, hat es geschafft, vor fünf Monaten eine Praxis zu finden, doch dies war kein einfacher Weg. „Die Leute haben sofort probiert, durchzukommen. Manche haben 20 Mal angerufen, nur um einen Termin zu bekommen“, berichtet sie von ihrer mühevollen Suche. Dies verdeutlicht, wie sehr die Einwohner der Region auf die medizinische Versorgung angewiesen sind.
Statistische Herausforderungen und Lösungansätze
Brandenburg hat im bundesweiten Vergleich die niedrigste Dichte an Hausärzten. Aktuellen Daten zufolge kommen hier auf 246 Personen nur ein Arzt, während in Hamburg lediglich 127 Einwohner auf einen Arzt kommen. Besonders besorgniserregend ist der Mangel an Hausärzten für Neuzugänge und jüngere Erwachsene, die nicht mehr von ihren Kinderärzten behandelt werden können. Diese demografische Herausforderung erfordert entscheidende Maßnahmen, um eine adäquate Gesundheitsversorgung sicherzustellen.
Um dem Ärztemangel entgegenzuwirken, setzt der Landkreis Havelland auf Anreize wie Stipendien und finanzielle Unterstützung für die Arzt-Niederlassung. Jene Ärzte, die eine neue Praxis eröffnen, können bis zu 20.000 Euro an Zuschüssen erhalten. Zusätzlich werden Ärzte, die eine Facharztausbildung anstreben, mit bis zu 1.000 Euro monatlich gefördert – und das über einen Zeitraum von maximal 30 Monaten. Diese Maßnahmen sollen ermutigen, sich in der Region niederzulassen und dort praktizieren zu wollen. Landrat Roger Lewandowski (CDU) hebt hervor, dass im vergangenen Jahr fünf neue Arztpraxen im Landkreis eröffnet wurden.
Die Hausärztin Anne Hackmann, die seit März 2024 in Rathenow tätig ist, hat bereits 100 Patienten aufgenommen und musste nun einen Aufnahmestopp verkünden. Ihre Unterstützung durch den Landkreis in Form eines Stipendiums über 23.000 Euro ist dabei eine willkommene Hilfe, um ihre Facharztausbildung zur Allgemeinmedizinerin zu finanzieren. Hackmann, die zuvor in der Orthopädie der Havelland-Kliniken arbeitete, erkennt, dass der neue Job eine deutliche Verbesserung für ihr Berufs- und Familienleben darstellt, da sich Schichtdienste mit familiären Verpflichtungen nur schwer vereinbaren lassen.
Die Suche nach Fachkräften
Die Schwierigkeiten, Ärzte für ländliche Regionen zu gewinnen, sind aber nicht nur finanzieller Natur. Infrastrukturelle Herausforderungen erschweren es jungen Medizinern, in diesen Gebieten Fuß zu fassen. Partnerschaften, Kinderbetreuung und berufliche Perspektiven für den Lebenspartner müssen in den Entscheidungsprozess mit einfließen. KVB-Vorstandsmitglied Holger Rostek betont, wie wichtig es ist, diese Punkte zu berücksichtigen, um das Angebot der Gesundheitsversorgung auf dem Land aufrechtzuerhalten.
Der Ärztemangel ist eine klare Herausforderung für die medizinische Versorgung in ländlichen Gebieten Brandenburgs, jedoch sind die Bemühungen der Kommunen und des Landkreises, diesen Problemen mit strukturierten Förderprogrammen und Anreizen entgegenzuwirken, ein positiver Schritt in die richtige Richtung. Dabei bleibt abzuwarten, ob diese Maßnahmen ausreichen, um den anhaltenden Bedarf an hausärztlicher Versorgung zu decken.
(Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 28.08.2024, 19:30 Uhr)