Die kürzlich durchgeführten Ausgrabungen in Griesheim haben nicht nur historische Artefakte ans Licht gebracht, sondern auch einen faszinierenden Einblick in das Leben der Kriegsgefangenen während des Ersten Weltkriegs ermöglicht. Anwesend bei der Präsentation der Ergebnisse waren Griesheims Bürgermeister Geza Krebs-Wetzl sowie Jens Gottwald, der Geschäftsführer der SEGG. Die Ausgrabungen wurden von den Archäologen Dr. Thomas Becker, Iwona Juraszek M.A. und Joachim Juraszek M.A. geleitet.
Historische Bedeutung des Geländes
Das Griesheimer Areal hat eine lange militärische Vergangenheit, die bis in die 1860er Jahre zurückreicht. Ursprünglich als Übungsgelände für Artillerie genutzt, wurde es während des Ersten Weltkriegs in ein Kriegsgefangenenlager umgewandelt, in dem bis zu 15.000 vor allem französische Soldaten interniert waren. Diese traurige Geschichte macht das Gelände zu einem wichtigen Ort, um die Erfahrungen der Kriegsgefangenen zu verstehen und zu dokumentieren. Nach dem Krieg wurde das Gelände mehrfach umgenutzt, unter anderem durch französische Truppen und später die Wehrmacht.
Alltagsleben der Kriegsgefangenen
Ein zentrales Ergebnis der Ausgrabungen waren Funde, die das Alltagsleben der Kriegsgefangenen verdeutlichen. Bei einem 5 Meter breiten Suchschnitt konnten die Fundamente mehrerer Baracken erfasst werden. Besonders interessant waren die Gegenstände, die in den verfüllten Latrinen der Baracken entdeckt wurden. Hier fanden sich Alltagsgegenstände wie Zahnbürsten, medizinische Verpackungen und sogar Schuhe. Diese Funde erzählen von dem harten und oft alltäglichen Leben der gefangenen Soldaten und lassen ihre einzigartigen Geschichten lebendig werden.
Einblicke in das Kriegsgefangenenlager
Insgesamt existierten während des Ersten Weltkriegs im Deutschen Reich 96 Lager für kriegsgefangene Soldaten, wobei Griesheim als eines der wenigen Lager gilt, das archäologisch erforscht wurde. Diese Untersuchungen sind nicht nur von lokalem Interesse, sondern tragen auch zur allgemeinen Geschichtsschreibung bei. Die Fundstücke geben nicht nur Aufschluss über die materiellen Bedingungen, unter denen die Soldaten leben mussten, sondern sie sensibilisieren auch für die humanitären Aspekte des Kriegs. Sie bieten eine seltene Gelegenheit, die subjektiven Erfahrungen und Lebensbedingungen der Kriegsgefangenen nachzuvollziehen.
Fazit und Ausblick
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Griesheim sind ein weiterer Baustein zur Aufarbeitung der Geschichte des Ersten Weltkriegs. Die archäologischen Funde liefern nicht nur wertvolle Informationen über das Leben der Kriegsgefangenen, sondern sie stellen auch einen wichtigen Schritt dar, um das Bewusstsein für die menschlichen Schicksale im Krieg zu fördern. Die Gemeinde Griesheim kann stolz darauf sein, einen Ort von solcher historischer Bedeutung zu haben, der nicht nur die Vergangenheit dokumentiert, sondern auch zur Diskussion über Frieden und Versöhnung anregt.