In der wirtschaftlichen Landschaft Deutschlands hat sich ein weiteres Kapitel der Unsicherheit aufgetan. Die Insolvenz der ISHPaper GmbH und der Spezialpapierfabrik Ober-Schmitten GmbH aus Nidda sorgt für bestürzte Gesichter unter den Mitarbeitern und der Gemeinde. Diese Hochburg der Papierherstellung, die auf eine 200-jährige Geschichte zurückblickt, hat am 4. September 2024 beim Amtsgericht in Friedberg Insolvenz angemeldet. Dies löst nicht nur Bedenken um die Zukunft des Unternehmens aus, sondern auch um die Schicksale von mehr als 200 Beschäftigten.
Die wirtschaftlichen Probleme des Traditionsunternehmens sind besonders schockierend, wenn man bedenkt, dass noch vor einem Jahr große Hoffnung auf eine Wende bestand. Mit der Übernahme durch die IS Holding, die den Betrieb für einen symbolischen Euro von dem amerikanischen Konzern Glatfelter erwarb, schien ein Neuanfang möglich. Der neue Geschäftsführer Ilkem Sahin sprach damals von einer „phänomenalen Geschichte“, die das Unternehmen wieder zum Blühen bringen sollte. Eine neue Papiermaschine und Investitionen in Höhe von 500 Millionen Euro wurden angekündigt, und es wurde sogar von einer Neuanstellung von Mitarbeitern berichtet.
Schock und Enttäuschung in Nidda
Doch der plötzliche Rückschlag hat viele überrascht, insbesondere die Mitarbeitenden, die voller Zuversicht in eine neue Ära des Unternehmens gestartet waren. Werkleiter Hagen Knodt, der im Urlaub von der Krise erfuhr, beschreibt seine Emotionen als „Schock“, als ob ihm „die Schuhe ausgezogen“ worden wären. Diese Metapher verdeutlicht das Gefühl der Hilflosigkeit, das die Beschäftigten empfanden. Auch Niddas Bürgermeister Thorsten Eberhard äußerte seine Enttäuschung über die unerwartete Wendung und betonte, dass er kein Verständnis für die rasante Entwicklung der Insolvenz habe.
Die Stadtgemeinde steht vor der Herausforderung, wie sie die Situation der betroffenen Mitarbeiter und deren Familien unterstützen kann, während die Unsicherheit darüber, ob Löhne ausbleiben, durch die Medien kursiert. Laut Angaben der Gewerkschaft IGBCE stehen für den Monat August noch keine Gehälter zur Verfügung, was die angespannte Lage zusätzlich verschärft.
Vielfältiges Produktangebot des Unternehmens
Die Spezialpapierfabrik hat sich in der Vergangenheit durch die Herstellung von Transparentpapier und traditionellem Butterbrotpapier einen Namen gemacht. Das Transparentpapier findet Verwendung in der Lebensmittelverpackung, für Pralinen und sogar beim Basteln. Diese Produkte wurden nicht nur im Inland angeboten, sondern auch auf internationalen Märkten in Indien, Japan und China exportiert. Besonders das alternative Packaging, also die Ersetzung von Plastik durch umweltfreundliche Stoffe, gab den Mitarbeitern Hoffnung auf ein Wachstumspotential für die Zukunft.
Dr. Jan Markus Plathner wurde als vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt und bringt wertvolle Erfahrung mit, nachdem er bereits bei anderen Unternehmen der Branche solche Situationen gemanagt hat. Seine erste Aufgabe wird es sein, die finanzielle Situation des Unternehmens zu prüfen und mögliche Strategien zur Rettung zu evaluieren. Viele hoffen, dass er die Gelegenheit zur Rehabilitierung nutzen kann, während die Ängste über den Verlust von Arbeitsplätzen immer drückender werden.
In der Zwischenzeit kommt es zu einem Nebeneffekt der Insolvenz: Die IS Holding hat nicht nur die Papierfabrik im Portfolio, sondern auch andere Unternehmen wie den Autozulieferer BBS, der ebenfalls in Schwierigkeiten steckt und Insolvenz anmelden musste. Damit sind diese wirtschaftlichen Turbulenzen Teil eines größeren Musters in der deutschen Industrie, das auf die fragilen Strukturen von Traditionsunternehmen hinweist, die Möglichkeiten der Investitionsübernahmen und deren Konsequenzen für die Beschäftigten.