Hessen

Zukunft des VW-Werks in Baunatal: Sorgen um Nordhessens Wirtschaft

Der Wirtschaftsexperte Guido Bünstorf warnt vor den möglichen Folgen des geplanten Sparkurses bei Volkswagen, der das Baunataler Werk gefährden und massive Auswirkungen auf die Region Nordhessen haben könnte, vergleichbar mit der Wende in der ehemaligen DDR, weshalb seine Bedeutung nicht zu unterschätzen ist (Stand: 04.09.2024).

Stand: 04.09.2024 21:31 Uhr

Die jüngsten Ankündigungen von Volkswagen (VW) über einen Sparkurs rufen Besorgnis unter den Beschäftigten im Baunataler Werk hervor. Besondere Aufmerksamkeit erregt die Möglichkeit der Schließung, die laut Wirtschaftsexperte Guido Bünstorf für die Region Nordhessen katastrophale Folgen haben könnte, vergleichbar mit den Umwälzungen in der ehemaligen DDR.

VW steht unter Druck, die Kosten zu senken, und hat angekündigt, dass alle Standorte einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Außerdem wird die im Jahr 2029 vereinbarte Job-Garantie in Frage gestellt. Die Bundesregierung, geführt von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), bemüht sich um eine Sicherung aller VW-Montagestandorte, um betriebsbedingte Kündigungen abzuwenden.

Die Rolle von Baunatal in der Unternehmensstruktur

Professor Guido Bünstorf, der die Bundesregierung in Innovationsfragen berät und an der Universität Kassel das Fachgebiet Wirtschaftspolitik leitet, äußert sich im Interview mit hessenschau.de über die ernsthafte Gefährdung des Baunataler Werks. Er führt aus, dass VW grundsätzlich die Möglichkeit nicht ausschließt, ein Werk in Deutschland zu schließen, und daher auch Baunatal gefährdet sein könnte.

Bünstorf sieht in den Sparmaßnahmen von VW eine mögliche Strategie, um auf die Notwendigkeit der Reduzierung von Arbeitskosten hinzuweisen. „Es könnte sein, dass die Werksschließung mehr ein Druckmittel ist, als tatsächlich eine Entscheidung, die umgesetzt werden soll“, so der Wirtschaftsprofessor.

In Anbetracht des Umstiegs auf Elektromobilität sieht Bünstorf die Baunataler Produktion in einer herausfordernden Lage, da die bisherigen Kernkompetenzen (wie der Getriebebau) an Relevanz verlieren werden. Es ist notwendig, eine neue Wettbewerbsposition aufzubauen. Ob wirklich ganze Werke geschlossen werden, bleibt seiner Meinung nach jedoch noch offen.

Die Stellung des Bundeslandes Niedersachsen, das 20 Prozent der Anteile an Volkswagen hält, und der Standort Wolfsburg, die Heimatstadt von VW, könnten ebenfalls Einfluss auf die Entscheidungen des Unternehmens haben. Bünstorf erklärt, dass politische Überlegungen bei strategischen Entscheidungen nicht ausgeklammert werden können. „Es ist daher möglich, dass Baunatal unter politischen Gesichtspunkten gefährdeter ist, als es aus einer rein unternehmerischen Sicht der Fall wäre“, erläutert er.

Folgen für die Region Nordhessen

Die Auswirkungen einer möglichen Schließung des Standortes Baunatal für die Region Nordhessen wären erheblich. Bünstorf beschreibt VW als den größten Arbeitgeber in der Region, der nicht nur industrielle Arbeitsplätze bietet, sondern auch eine zentrale Rolle für die lokale Identität spielt. Der Verlust dieser Arbeitsplätze würde zu einem massiven Rückgang der Kaufkraft führen, was sich negativ auf die Gastronomie und den Einzelhandel auswirken könnte.

Darüber hinaus wäre ein Rückgang der Immobilienpreise zu erwarten, und die Abwanderung junger, gut ausgebildeter Menschen könnte die Region weiter destabilisieren. Sogar die Universität Kassel könnte von den Entwicklungen betroffen sein. Bünstorf warnt: „Es wäre ein gewaltiger Schock für die Region, wenn es zu einer Werksschließung kommen sollte.”

Er stellt jedoch klar, dass eine plötzliche Schließung unwahrscheinlich ist. „Es wäre wahrscheinlich ein gradueller Prozess, der durch einen Sozialplan gemildert würde“, fügt er hinzu. Bünstorf hebt hervor, dass auch zahlreiche regionale Zulieferer und Dienstleister, die auf VW angewiesen sind, von den Sparmaßnahmen stark betroffen sein könnten. Die wirtschaftlichen Auswirkungen würden von der Art der Geschäftsbeziehung zur Volkswagen AG abhängen.

Insgesamt ist die Situation für die Region Nordhessen und insbesondere für das Baunataler Werk angespannt. Die bevorstehenden Entscheidungen werden nicht nur die Belegschaft von VW betreffen, sondern auch das gesamte wirtschaftliche Ökosystem um das Unternehmen herum beeinflussen.

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