Kaiserslautern

Alarmstufe Rot: Suchtbeauftragter kritisiert Wettwerbung in der Bundesliga

In der Fußball-Bundesliga, wo fast jeder Verein einen Sponsor aus der Glücksspielbranche hat, fordert der Suchtbeauftragte Burkhard Blienert angesichts steigender Spielsucht in Deutschland Konsequenzen, während der VfL Bochum als einziger Erstligist ohne aktuellen Glücksspiel-Partner ist.

In der deutschen Fußball-Bundesliga wird das Thema Sportwetten und deren Einfluss auf die Vereine immer brisanter. Fast alle Erstligisten haben Sponsoren aus der Glücksspielbranche, was nicht nur die Fans beschäftigt, sondern auch den Politikern ein Dorn im Auge ist. Mit einem Blick auf die aktuelle Situation wird schnell klar, dass die Verflechtungen zwischen Fußball und Glücksspiel tief sitzen und auf vielen Ebenen diskutiert werden müssen.

Der Start in die neue Bundesliga-Saison hat den Fokus auf die omnipräsente Werbung der Wettanbieter gelenkt. Ob im Stadion oder im Fernsehen: Die Sportwetten sind überall sichtbar. Anbieter wie bwin und Tipico haben sich lukrativen Sponsoring-Verträgen mit der Deutschen Fußball-Liga (DFL) angeschlossen. Diese Zahlungsmittel fließen in die Klubs, die sich dadurch eine zusätzliche Finanzspritze erhoffen. Ein Beispiel ist der VfB Stuttgart, welcher auf seiner Trikot-Brust offensiv für den Online-Wettanbieter Winamax wirbt. Dies zeigt, wie stark die sportliche Landschaft von der Glücksspielindustrie durchzogen ist.

Vielfältige Sponsoring-Verträge in der Bundesliga

Der Einfluss der Wettanbieter zeigt sich auch darin, dass zahlreiche Bundesliga-Vereine mit diesen Unternehmen zusammenarbeiten. Der FC Bayern München verweist auf seiner Website stolz auf seinen „Platin Partner“ Tipico, während Bayer Leverkusen ebenfalls einen Vertrag mit dem Wettanbieter eingegangen ist. Es ist ein Wettlauf, bei dem die Klubs die Einnahmequellen maximieren wollen, was jedoch kritisch hinterfragt werden sollte.

In einem anderen Teil der Liga sind auch Martin Heidenheim und andere Clubs in der Diskussion. Während viele Vereine mit Lotto und Wettanbietern wie neobet werben, bleibt der VfL Bochum als Sonderfall übrig. „Es laufen aktuell Gespräche“, sagte ein Vereinsvertreter, was darauf hindeutet, dass selbst dieser Klub möglicherweise bald in den Kreis der Glücksspiel-Sponsoren eintreten könnte.

Die TSG Hoffenheim, Werder Bremen und Borussia Mönchengladbach ergreifen demselben Ansatz und unterstützen verschiedene Wettmarken mit ihrer Werbung. Die Mainzer hatten zuvor drei Saisons lang einen Wettanbieter auf ihrem Trikot und haben nun einen Partner gewählt, der sich auf Rückforderungen von verlorenen Geldern spezialisiert hat, was nicht gerade für eine positive Wahrnehmung spricht.

Kritik von Seiten der Politik

Die Verbreitung solcher Partnerschaften bleibt nicht unbeachtet. Burkhard Blienert, der Suchtbeauftragte der Bundesregierung, äußert sich besorgt über die nahezu flächendeckende Zusammenarbeit zwischen den Vereinen und Spieleplattformen. „Das können wir so nicht hinnehmen“, sagt er in einem Interview. Die Tatsache, dass Wettanbieter auch bei großen Turnieren wie der Fußball-EM präsent sind, macht die Sache nicht besser. „Das ist ein Milliardengeschäft, das am Ende die Fans teuer zu stehen kommen“, ergänzt er.

Aktuell leiden in Deutschland etwa 1,3 Millionen Menschen unter Glücksspielsucht. Besonders Jugendliche und junge Männer, oftmals mit Migrationshintergrund, werden gezielt von Wettanbietern angesprochen. „Es ist ein Teufelskreis“, warnt Blienert. Die Werbung, die derzeit über Fernsehen und andere Medien ausgestrahlt wird, sollte seiner Meinung nach radikal eingeschränkt werden, vorzugsweise aus den Hauptsendezeiten gestrichen werden.

Angesichts dieser Zahlen fordert er ein allgemeines Werbeverbot für Wettanbieter, um die Gefahren des Spiels zu reduzieren. Und das bedeutet auch, dass während der beliebten ARD-Sportschau am Samstagabend keine Werbung für Wettanbieter mehr gezeigt werden sollte, um die Zuschauer zu schützen.

Im Kontext dieser Herausforderungen bleibt auch die Frage offen, welche Verantwortung die Bundesliga selbst in Bezug auf die Sponsorenverträge übernehmen sollte. Die Vereine sind in einem Spagat zwischen finanzieller Notwendigkeit und verantwortungsvoller Sponsorenwahl gefangen. Der VfL Bochum mag das erste Zeichen setzen und sich von Glücksspiel-Sponsoren distanzieren, aber wird dies eine Welle neuer Denkansätze anstoßen? Die vorherrschende Diskussion über Glücksspiel in der Bundesliga ist somit in vollem Gange und wird weiter beachtet werden müssen.

Die Verbreitung von Sportwetten in der Fußball-Bundesliga steht nicht isoliert, sondern ist Teil eines größeren Trends in der Gesellschaft. In den letzten Jahren hat der Markt für Online-Glücksspiele und Sportwetten exponentiell zugenommen. Diese Entwicklung wurde durch die Legalisierung und Regulierung von Sportwetten in Deutschland im Jahr 2021 begünstigt. Zuvor gab es zahlreiche unregulierte Angebote, und die Legalisierung brachte sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür wurden im Glücksspielstaatsvertrag festgelegt, der darauf abzielt, einen sicheren Umgang mit Glücksspiel zu fördern und gleichzeitig den Konsumentenschutz zu gewährleisten. Dennoch gibt es Bedenken, dass die schiere Menge an Werbung und Sponsoring im Fußball dazu führen könnte, dass insbesondere junge Menschen in die Glücksspielsucht gedrängt werden. Dies wird durch die anhaltend hohen Zahlen von Glücksspielsüchtigen, die mittlerweile etwa 1,3 Millionen Menschen in Deutschland zählen, verstärkt.

Einfluss der Werbung auf die Gesellschaft

Die Präsenz von Wettanbietern im Fußball hat einen direkten Einfluss auf das Verhalten vieler Zuschauer. Studien zeigen, dass Sportwetten zunehmend als normaler Bestandteil des Fansports angesehen werden, was das Risiko einer Normalisierung von Glücksspielen fördert. Besonders gefährdet sind junge Zuschauer, die oft weniger Erfahrung im Umgang mit Glücksspielen haben und anfälliger für Werbung sind.

Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHSS) hat in einer ihrer Studien festgehalten, dass fast 40% der regelmäßigen Wettenden ihre Spielgewohnheiten als problematisch oder riskant einschätzen. Zudem fühlen sich viele Spieler durch die aggressive Werbung der Wettanbieter unter Druck gesetzt, an Wettspielen teilzunehmen, während gleichzeitig die potenziellen Risiken dieser Aktivitäten oft geringfügig dargestellt werden.

Die Debatte über die Rolle von Wettanbietern in der Fußball-Bundesliga hat auch zu einem Umdenken innerhalb der Vereine geführt. Vereine, die sich zuvor mit Glücksspielanbietern verbunden hatten, wie der FC St. Pauli, beginnen, ihre Partnerschaften zu überdenken und präventive Maßnahmen zu ergreifen, um die Spieler und Fans zu schützen. Allerdings reflektiert diese Entscheidung oft auch den finanziellen Druck, der auf den Clubs lastet, da die Einnahmen aus solchen Sponsoringverträgen für viele of existenziell sind.

Gesundheitliche und soziale Implikationen

Die verstärkte Werbung für Sportwetten hat nicht nur Auswirkungen auf die individuelle Gesundheit, sondern auch auf die soziale Gesundheit der Gemeinschaft. Viele Spieler berichten von finanziellen Schwierigkeiten, die durch ihre Wettgewohnheiten entstanden sind, was oft zu Konflikten innerhalb von Familien und Freundschaften führt. Die Stigmatisierung von Glücksspielsucht und das Fehlen ausreichender Hilfsangebote sind zusätzliche Herausforderungen, die betroffene Personen konfrontieren müssen.

Die Psychoaktive Wirkung und die Anfälligkeit für Spielsucht sind ernst zu nehmende Themen, die eine umfassende gesellschaftliche Diskussion erfordern. Kritiker fordern daher nicht nur ein Verbot der Werbung in den Hauptsendezeiten, sondern auch ein Umdenken in der gesamten Branche, um sowohl den sozialen Teufelskreis der Glücksspielsucht als auch die damit verbundenen gesundheitlichen Risiken einzudämmen.

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