KREIS KLEVE. Die Violinistin Lea Brückner hat mit ihrem Debütalbum „Pangea“ einen bemerkenswerten Einstieg in die Welt der klassischen Musik vollzogen. Am 16. August 2023 erschien ihr Album, das nicht nur eine Vielzahl von Stilen repräsentiert, sondern auch die Vorurteile über klassische Musik hinterfragt. „Klassik ist mehr als nur Bach, Beethoven und Mozart“, erklärt die in Kevelaer aufgewachsene Künstlerin. „Ich möchte zeigen, wie vielfältig und bunt dieses Genre sein kann.“
Ihr Debüt entstand nicht von ungefähr. Nach dem Masterabschluss an der Universität Essen hatte Brückner die Möglichkeit, ein Konzert zu geben und gleichzeitig ein Album aufzunehmen. „Ich wollte nicht zu viel Druck machen, da die Veröffentlichung ein großer Aufwand ist“, gesteht sie. Doch ein glücklicher Zufall, inklusive positiver Rückmeldungen zu ihren Social-Media-Videos, führte zur Zusage eines Labels. „Es war eine Gelegenheit, die ich nutzen wollte“, fügt sie hinzu. So wählte sie Stücke aus, die nicht im allgemeinen Repertoire zu finden sind, und sammelte Werke von Komponisten aus insgesamt neun verschiedenen Ländern.
Vielfältige Klangwelten entdecken
„Pangea“ führt die Hörer auf eine musikalische Reise um den Globus. Von den bluesigen Klängen Louisianas geht es nach Osteuropa, wo die rumänische Volksmusik erklingt, gefolgt von Einflüssen der französischen Klassik. Brückner beschreibt das Album als „sehr bunt und vielfältig“. Dabei wollte sie, dass jede Komposition einzigartig und eigenständig ist. Unterstützung erhält sie dabei von Tamilla Guliyeva und Gábor Ladányi, die zu einzelnen Stücken Gastbeiträge leisten. So wird das Album in drei Teile gegliedert: drei Stücke solo, drei für Violine und Klavier sowie drei, die die Harmonie von Violine und Gitarre zeigen.
Ein besonderes Merkmal des Albums sind die Improvisationen und die von Brückner eingesprochenen Passagen. „Ich möchte mit meinem Publikum in Kontakt treten“, erklärt sie. Ihre unkonventionelle Herangehensweise an das Genre geht einher mit ihrer aktiven Auseinandersetzung mit Themen wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Das Booklet des Albums wurde mit recyceltem Papier gedruckt, und es gibt sogar einen Code, der das Pflanzen eines Baumes in Deutschland ermöglicht. „Es ist das erste Mal, dass das Label so etwas umsetzt“, sagt Brückner stolz. Die Kooperation mit „Planet Tree“ soll helfen, die Emissionen, die bei der Produktion des Albums entstanden sind, auszugleichen.
Zur álbumveröffentlichung kommt Brückner am 31. August 2023 um 19.30 Uhr zurück ins Kevelaerer Bühnenhaus. Dort wird sie zusammen mit Gábor Ladányi und Pianistin Anke Pan auftreten. „Zwei Drittel des Konzerts bestehen aus dem Albumprogramm, aber wir haben auch neue Stücke dabei“, verrät sie. Dabei wird auch Bach in einem unerwarteten Stil präsentiert – als Mash-Up, das sich durch verschiedene Musikrichtungen zieht, darunter Latin und Jazz. „Ich möchte, dass jeder Bach ganz anders erlebt“, sagt sie mit einem Lächeln. Zusätzlich wird der Flamenco-Tänzer José Manuel Sánchez Moreno für ein internationales Flair sorgen.
Einblick in die Kreativität
Die Veranstaltung wird vom Kevelaerer Verein „wirKsam“ organisiert, der für einen besonderen Rahmen sorgt. Besonders hervorzuheben ist die begleitende Kunstausstellung der ukrainischen Künstlerin Iryna Borysova, die für diesen Anlass ein neues Werk präsentieren wird. Die Eintrittskarten sind nicht nur der Zugang zu einem vielseitigen musikalischen Erlebnis, sondern unterstützen auch den guten Zweck. Zwei Euro jedes Tickets fließen an „Planet Tree“, während Kinder bis 16 Jahren nur zwei Euro zahlen müssen.
„Ich hoffe, dass viele Menschen neugierig auf die Klänge der verschiedenen Kulturen werden“, äußert Brückner. Sie hat ihr Ziel deutlich formuliert: die Vielfalt der klassischen Musik einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, und ihrem Album „Pangea“ eine Plattform zu geben, um diese Botschaft zu verbreiten. Die Musik läuft nicht nur in Konzertsälen, sondern wird auch in unseren Alltag integriert und für jeden erlebbar gemacht. „Klassik kann so viel mehr sein als das, was man im klassischen Rahmen gewohnt ist“, fügt sie abschließend hinzu.
Die Relevanz von Vielfalt in der Klassik
Die Entscheidung von Lea Brückner, sich bei der Auswahl der Stücke ihres Debüt-Albums „Pangea“ auf weniger bekannte Werke des 20. und 21. Jahrhunderts zu konzentrieren, spiegelt eine wachsende Bewegung innerhalb der klassischen Musik wider, die Vielfalt und kulturelle Integration fördert. Diese Entscheidung ist insofern bedeutend, als sie dazu beiträgt, das Publikum für die reiche Palette an Kompositionen jenseits der tradierten großen Meister zu sensibilisieren.
Immer mehr Künstler setzen sich dafür ein, die Schubladen zu öffnen und sowohl die Beschränkungen des klassischen Repertoires zu hinterfragen als auch neue Klänge und Stile zu integrieren. Diese Bewegung wird unterstützt durch Projekte wie „Music Unites Us“, das sich dafür starkmacht, musikalische Ausdrucksformen aus verschiedenen Kulturen zu vereinen und einen interkulturellen Dialog zu fördern. Solche Initiativen sind nicht nur wichtig für die Entwicklung der klassischen Musik, sondern auch für das Verständnis und die Wertschätzung unterschiedlicher Kulturen.
Nachhaltigkeit in der Musikindustrie
Die Integration von Nachhaltigkeit in die Musikproduktion ist ein weiterer bemerkenswerter Aspekt von Brückners Album. Die Verwendung von recyceltem Papier für das Booklet und die Möglichkeit, mit einem speziellen Code einen Baum zu pflanzen, setzen ein Zeichen für umweltbewusste Praktiken in der Musikindustrie. Dieses Engagement ist Teil einer breiteren Bewegung, die versucht, die Proben und Produktionen in der Musikindustrie nachhaltiger zu gestalten.
Laut einer Studie von „Music Industry Sustainability“ machen die CO2-Emissionen für Tourneen und Produktionen einen erheblichen Teil des ökologischen Fußabdrucks der Musikbranche aus. Daher ist es begrüßenswert, dass Künstler wie Lea Brückner aktiv daran arbeiten, diese Emissionen zu reduzieren und ihre Veranstaltungen ökologisch zu gestalten. Das Vorantreiben solcher Initiativen könnte nicht nur den ökologischen Fußabdruck der Musikindustrie verringern, sondern auch das Bewusstsein der Fans für Umweltfragen schärfen.
Das Konzert als interkulturelle Begegnung
Das Konzert zur Veröffentlichung von „Pangea“ tritt nicht nur als musikalische Darbietung auf, sondern auch als interkulturelles Ereignis. Durch die Einbeziehung eines Flamenco-Tänzers und die Präsentation von Werken einer ukrainischen Künstlerin wird der Rahmen für eine lebendige, kulturelle Interaktion geschaffen. Kunst hat die Fähigkeit, Barrieren abzubauen und verschiedene Perspektiven zu vereinen – besonders in Zeiten, in denen gesellschaftliche Spannungen erkennbar sind.
Die Verknüpfung von Musik und bildender Kunst ist nicht neu, aber sie wird durch moderne Kontexte der Migration und des Einflusses von Globalisierung immer relevanter. Veranstaltungen, die solche interkulturellen Wechselwirkungen fördern, laden das Publikum ein, neue Erfahrungen zu machen und darüber nachzudenken, was Vielfalt in unserer heutigen Gesellschaft bedeutet.