HamburgKriminalität und Justiz

Datenträger-Flut im Drogenprozess: Ermittler kämpfen gegen die Zeit

Im aktuellen Drogenprozess vor dem Landgericht Hamburg, in dem einer Bande der Schmuggel von einer Tonne Kokain vorgeworfen wird, stehen die Ermittlungsbehörden aufgrund der hohen Datenflut von sichergestellten Handys und Laptops vor enormen Herausforderungen, da die Auswertung dieser Datenträger im Schnitt 18 Monate dauert und die überlastete Justiz somit in Zugzwang gerät.

Die digitale Revolution hat zahlreiche Bereiche unseres Lebens verändert und brachte eine Flut an Daten mit sich, die insbesondere für die Strafverfolgung zu einer Herausforderung wird. Immer mehr Datenträger wie Smartphones, Laptops und andere Geräte werden sichergestellt, um Beweismittel zu erheben. Doch die monumentale Menge an Informationen führt dazu, dass Ermittlungen verzögert und Gerechtigkeit in Gefahr gerät.

Vergangenheit und Herausforderungen der Ermittlungen

Aktuelle Prozesse wie der vor der Großen Strafkammer 25 des Landgerichts, bei dem sechs Männer wegen Drogenschmuggels inhaftiert sind, veranschaulichen die Problematik. Eine Tonne Kokain, gestohlen vom Eurogate-Terminal, hat einen Straßenverkaufswert von 27 Millionen Euro. Damit ist die Vertiefung in digitale Beweismittel imperativ. Allerdings stehen Ermittlungsbehörden unter Druck, denn die durchschnittliche Auswertungsdauer für Datenträger beträgt mittlerweile 18 Monate, was die ohnehin überlastete Justiz zusätzlich belastet.

Daten, Technik und deren Bedeutung

Mehr denn je spielen Datenträger eine zentrale Rolle in Strafverfahren. Jan Reinecke, Landeschef der Kriminalistengewerkschaft BDK, betont, dass fast jedes technische Gerät wichtige Informationen speichern kann. Es handelt sich nicht nur um Smartphones und Laptops, sondern auch um Spielekonsolen oder Smart-TVs, über die Daten über Chats ausgetauscht werden können. In diesen Fällen ist die Sicherstellung von Daten entscheidend.

Qualität der Datenauswertung und Gerechtigkeit

Doch die Qualität der Datenauswertung wirft Fragen auf: Sind faire Verfahren noch möglich, wenn Daten nicht rechtzeitig analysiert werden können? Marayke Frantzen, Richterin am Oberlandesgericht, weist darauf hin, dass Verzögerungen im Auswertungsprozess zu Problemen führen könnten, insbesondere in Haftsachen, wo eine Frist von sechs Monaten für die Eröffnung eines Verfahrens gilt. Es ist eine Herausforderung, die nicht ignoriert werden kann, da die Rechte der Beschuldigten auf dem Spiel stehen.

Ressourcenmangel und Entwicklung neuer Verfahren

Die Hamburger Polizei steht vor großen Herausforderungen. Der BDK kritisiert, dass die verfügbaren Ressourcen nicht ausreichen. Mit nur 200 Auswerterechnern für über 2000 Kriminalbeamte ist die Unterstützung bei der Datenanalyse limitiert. Eine über 25 Jahre alte Praxis, die Daten physisch zwischen verschiedenen Standorten zu transportieren, stößt zunehmend an ihre Grenzen. Die Polizeipressestelle informiert über ein Projekt zum Anschluss an die integrierte Untersuchungs- und Auswerteumgebung des Bundeskriminalamtes, dessen Abschluss für Juni 2025 avisiert ist.

Die Rolle der Künstlichen Intelligenz

Künstliche Intelligenz beginnt bereits eine Rolle in der Ermittlungsarbeit zu spielen, insbesondere im Bereich der Kinderpornografie, wo Bilddateien kategorisiert werden, um die anschließende Auswertung zu erleichtern. Doch in vielen Fällen bleibt die technische Zulassung hinter den Anforderungen zurück. Der Vorsitzende des Vereins Hamburger Arbeitsgemeinschaft für Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger, Arne Timmermann, mahnt an, dass alle Beteiligten gleiche Chancen haben müssen, um ein faires Verfahren zu gewährleisten.

Die Sichtweise der Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft betont, dass die Anklageerhebung trotz unvollständiger Datenträgerauswertung erfolgen kann, wenn der Beschleunigungsgrundsatz gewahrt werden muss. Dies geschieht unter der Prämisse, dass keine signifikanten Daten mehr erwartet werden. Gerichtssprecherin Frantzen stellt klar, dass bisher kein Verfahren aufgrund unvollständiger Daten ausgesetzt wurde, da nachgereichte Daten in der Regel keine neuen Erkenntnisse geboten haben.

Fazit: Eine drängende Situation

Die Probleme, die mit der Auswertung von digitalen Beweismitteln verbunden sind, verdeutlichen die Notwendigkeit für die Strafverfolgungsbehörden, sich den Herausforderungen der Datenflut anzupassen. Ein effektives und gerechtes System für die Auswertung muss dringend entwickelt werden, um die Rechte der Beschuldigten zu wahren und die Effizienz der Ermittlungen zu verbessern.

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