In der ehemaligen Fabrik von Superior Industries in Werdohl, wo einst hochmoderne Aluminiumräder für Autos gefertigt wurden, herrscht seit einiger Zeit eine bedrückende Stille. Seit der Schließung des Werks stehen die Produktionsmaschinen still, und der Sicherheitsdienst überwacht die verwaisten Hallen. Hier hat sich eine traurige Realität eingestellt: Der Traum vom Wiederaufleben der Produktion ist geplatzt.
Ursprünglich gab es Hoffnung auf einen strategischen Investor, als das Unternehmen BBS Autotechnik Interesse an der Übernahme der Fabrik zeigte. Diese Euphorie wich jedoch schnell der Ernüchterung, als BBS Autotechnik Insolvenz anmeldete und damit die Kaufpläne für Superior Industries scheitern ließ. Insider vermuteten, dass BBS Autotechnik die vereinbarte Kaufsumme, die sich vermutlich im zweistelligen Millionenbereich bewegte, nicht überweisen konnte.
Der Weg in die Unsicherheit
Die Nachricht von der Insolvenz setzte den ehemaligen Mitarbeiter von Superior Industries zusätzlich zu. Viele von ihnen, überwiegend Männer, hatten bereits Produkte hergestellt, die weltweit verkauft wurden. Einige waren sogar bereit, andere Jobmöglichkeiten abzulehnen, in der Hoffnung, dass die Produktion bald wieder aufgenommen werden könnte. Ein Ex-Mitarbeiter erzählt, dass zahlreiche Beschäftigte weiterhin auf einen positiven Ausgang hoffen, während andere, die als die „guten Leute“ beschrieben werden, bereits neue Anstellungen gefunden haben.
Die Situation eskalierte weiter, als die IS Holding, der Geldgeber hinter BBS Autotechnik, mitteilte, dass sie die Übernahme der Fabrik nicht realisieren werde. Jens Lieser, der Insolvenzverwalter, konstatierte überrascht, dass diese Nachricht völlig unerwartet kam. Den Grund für diesen Rückzug nannte die IS Holding nicht, was bei Gewerkschaftsvertretern Verwunderung auslöste. Torsten Kasubke von der IG Metall Märkischer Kreis bezeichnete den Vorgang als „ungewöhnlich“ und als „abenteuerlich“.
Nicht nur die Hoffnungen der Beschäftigten sind geschwunden, auch die Perspektiven für die Fabrik selbst scheinen trüb. Der Insolvenzverwalter äußerte sich pessimistisch über die Möglichkeit, das Werk als Ganzes zu verkaufen. „Die Chancen, die Fabrik am Stück zu verkaufen, sind sehr gering geworden“, erklärte er und betrachtete die vollständige Wiederaufnahme der Produktion als äußerst unwahrscheinlich.
Auflösung der Maschinen und Zukunft des Standorts
Die nächsten Schritte sehen vor, dass die Maschinen, die zuvor von Superior Industries geleast wurden, abgebaut und verkauft werden. Dies ist der erste Schritt, um die verbliebenen Werte der Fabrik zu monetarisieren. Lieser plant, das Grundstück sowie die Betriebs- und Geschäftsausstattung zum Kauf anzubieten, in der Hoffnung, bis zum Jahresende einige Käufer für die Maschinen zu finden. Er teilt mit, dass das Grundstück durchaus attraktiv sei und er innerhalb der nächsten zwölf Monate einen Verkauf anstrebe.
Der Verfall der einst florierenden Fabrik hat bereits eine düstere Prognose für die Region aufgestellt. Werdohl könnte mit einer weiteren Industriebrache konfrontiert werden, falls der Verkauf nicht gelingt. Die Herausforderung, solche Immobilien nach Schließungen wieder zu revitalisieren, wird durch gescheiterte Projekte in der Vergangenheit nur verstärkt; das Beispiel einer seit vier Jahren stillgelegten Anlage von Georg Fischer steht dabei exemplarisch.
Die traurige Realität ist, dass in der ehemaligen Produktionshalle, die einst zwei Millionen Aluminiumräder pro Jahr produzierte, möglicherweise bald endgültig die Lichter ausgehen. Gewerkschaftsvertreter beklagen diesen Schritt als Teil der Deindustrialisierung in der Region, ohne dass die genauen Gründe für den Verlust von mehr als 400 Arbeitsplätzen klar definiert werden konnten.
Die Situation bei Superior Industries und die damit verbundenen Entwicklungen verdeutlichen die Herausforderungen, denen die Industrie in Deutschland gegenübersteht, insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Die Unsicherheiten hinsichtlich der Zukunft des Standorts spiegeln nicht nur unternehmerische Entscheidungen wider, sondern wirken sich auch auf die Lebensrealitäten unzähliger Beschäftigter aus.
Die wirtschaftliche Lage der Region
Die Schließung der Felgenfabrik in Werdohl ist nicht nur ein lokales Problem, sondern spiegelt die allgemeine wirtschaftliche Lage in der Region wider. Die Industrie im Märkischen Kreis ist in den letzten Jahren stark unter Druck geraten. Immer mehr Unternehmen sehen sich mit steigenden Produktionskosten, Arbeitskräften, die sich in andere Branchen orientieren, und einer schwindenden Nachfrage konfrontiert. Die Deindustrialisierung ist als übergreifendes Phänomen in vielen traditionellen Industriegebieten Deutschlands zu beobachten.
Werdohl, einst ein Zentrum der Aluminiumverarbeitung, hat demnach mit gravierenden wirtschaftlichen Herausforderungen zu kämpfen. Die vielen Arbeitsplätze, die über Jahrzehnte in der Aluminiumfertigung geschaffen wurden, sind bedroht. Laut einer Studie des Institut der deutschen Wirtschaft aus 2023 ist die Produktionsindustrie in Deutschland im Durchschnitt um 5,6 % seit 2019 geschrumpft, was das Ausmaß der Herausforderungen verdeutlicht.
Soziale Auswirkungen der Schließung
Die Schließung der Fabrik hat nicht nur wirtschaftliche Konsequenzen, sondern auch tiefgreifende soziale Auswirkungen auf die Beschäftigten und die Gemeinschaft. Über 400 Arbeitsplätze gingen verloren, was weitreichende Folgen für die Familien der Betroffenen hat. „Viele ehemalige Mitarbeiter stehen vor der Frage, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen. Ihre Hoffnungen auf eine schnelle Rückkehr in den Job sind enttäuscht worden“, sagt Torsten Kasubke von der IG Metall.
Ein ehemaliger Mitarbeiter berichtete von den psychischen und emotionalen Belastungen, die mit der Unsicherheit verbunden sind. „Für viele ist die Anstellung nicht nur ein Einkommen, sondern ein Teil ihrer Identität“, erklärte er. Die psychologische Gesundheit derjenigen, die arbeitslos wurden, könnte durch die anhaltende Unsicherheit weiter gefährdet sein. Laut einer Umfrage der DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) haben psychische Erkrankungen in den letzten Jahren unter Erwerbslosen deutlich zugenommen.
Maßnahmen zur Unterstützung der Betroffenen
Um die Auswirkungen der Schließung abzumildern, wurden verschiedene Unterstützungsmaßnahmen initiiert. Die Auffanggesellschaft, in der viele ehemalige Beschäftigte untergebracht sind, bietet Ausbildungsprogramme und berufliche Qualifizierungen an. „Wir möchten sicherstellen, dass die Leute die Fähigkeiten erwerben, die in anderen Branchen gefragt sind“, erklärt ein Mitarbeiter der Auffanggesellschaft.
Zusätzlich haben lokale und regionale Institutionen, wie die Agentur für Arbeit, Unterstützungsangebote für Arbeitsuchende bereitgestellt. Die Angebote reichen von Beratungsgesprächen bis zu finanzieller Unterstützung bei der Jobsuche. Trotz dieser Bemühungen bleibt die Unsicherheit für viele hoch, und die Aussicht auf neue, gleichwertige Arbeitsplätze ist oft nicht gegeben.
Die Rolle der Gewerkschaften
Gewerkschaften spielen eine entscheidende Rolle in der aktuellen Situation. Sie vertreten die Interessen der Beschäftigten und setzen sich für bessere Arbeitsbedingungen und neue Beschäftigungsmöglichkeiten ein. „Wir werden alles tun, um die Rechte der Beschäftigten zu wahren“, betont Kasubke. Die IG Metall hat bereits Maßnahmen eingeleitet, um ehemaligen Mitarbeitern von Superior Industries rechtliche Unterstützung anzubieten.
Darüber hinaus wird auf politischer Ebene Lobbyarbeit geleistet, um staatliche Unterstützung für von der Deindustrialisierung betroffene Regionen zu gewinnen. Die Notwendigkeit von Förderprogrammen für die Wirtschaft der Region wird zunehmend diskutiert, da viele Gemeinden mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind.