Die Deutsche Bahn blickt einem ernsthaften Problem entgegen, das nicht nur die Pünktlichkeit ihrer Züge gefährdet, sondern auch die Sicherheit der Fahrgäste beeinträchtigen könnte. Das Unternehmen steht unter Druck, weil es Schwierigkeiten hat, ausreichend Fachkräfte für seine Stellwerke zu rekrutieren. Die Situation hat dazu geführt, dass Pendler in Städten wie Stuttgart und Magdeburg bis Ende 2025 mit massiven Verspätungen und Zugausfällen rechnen müssen.
Die Situation ist ernster, als es zunächst erscheinen mag. Die Süddeutsche Zeitung berichtete, dass die Stellwerke, die für einen reibungslosen Ablauf des Schienenverkehrs unerlässlich sind, aktuell stark unterbesetzt sind. Ganze Standorte stehen zeitweise still, was zu erheblichen Beeinträchtigungen im Schienenverkehr führt. Insidereinsichten der Bahn zeigen, dass die Personalsituation so angespannt ist, dass das Unternehmen zugeben musste: „Der Personalbedarf auf den Stellwerken kann aktuell nicht gedeckt werden.“ Diese Information stammt aus internen Dokumenten, die darlegen, dass die Stellwerke erst ab Ende 2025 sicher besetzt sein sollen.
Überlastete Infrastruktur und demografische Herausforderungen
Das Dilemma der Deutschen Bahn wird durch zusätzliche infrastrukturelle Herausforderungen verstärkt. Der Staatskonzern arbeitet derzeit an einer umfassenden „Generalsanierung“ des Schienennetzes, die für die Zeit bis 2027 zahlreiche große Projekte umfasst. Dazu zählt unter anderem die Renovierung der Riedbahn zwischen Frankfurt am Main und Mannheim sowie die aufwändigen Arbeiten an der Kinzigtalbahn. Diese Sanierungen führen bereits jetzt zu Verspätungen und Ausfällen, was das Spiel mit dem Personalbedarf zusätzlich kompliziert macht.
Diese Problematik ist nicht neu, hat jedoch unter den gegenwärtigen Umständen eine erschreckende Dringlichkeit angenommen. Die demografische Entwicklung und der allgemeine Fachkräftemangel sind problematische Faktoren. Trotz kontinuierlicher Bemühungen um die Gewinnung neuer Mitarbeiter macht sich die geringe Verfügbarkeit insbesondere hochqualifizierter Fachkräfte bemerkbar, die für Stellwerke nötig sind und die nur schwer kurzfristig ersetzt werden können. Die Beschäftigtenzahl ist auch von erhöhten Krankheitsständen betroffen, was die Situation weiter eskaliert.
Reaktionen der Gewerkschaften und finanzielle Engpässe
Die Reaktion der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) auf die Personalnotwendigkeiten war ebenfalls deutlich. Der Gewerkschaftsvorsitzende kritisierte kürzlich Pläne für einen Stellenabbau im operativen Bereich. „Es darf keinen Stellenabbau geben“, sagte er. „Da muss es einen Ausbau geben“ – eine klare Botschaft für die Notwendigkeit, dass das Unternehmen nicht an Mitarbeitern sparen darf, die für den Betrieb und die Sicherheit entscheidend sind.
DB-Chef Richard Lutz versicherte derweil, dass das Unternehmen zwar sparen müsse, aber nicht am Kundenservice oder an der Sicherheit. Er erklärte, dass im operativen Bereich weiterhin Bedarf an neuen Mitarbeitern für Lokführer, Instandhalter, Zugverkehrssteuerer und Servicekräfte bestehe.
Allerdings wird diese Personalsituation noch komplizierter durch das schrumpfende Budget der Bahn. Der Bundeshaushalt für 2025 sieht nur 18,1 Milliarden Euro für die Bundesbahninfrastruktur vor, was im Vergleich zu den angestrebten 45 Milliarden Euro, die im Koalitionsvertrag vorgesehen waren, stark unzureichend erscheint. Dies führt zu der Sorge, dass in kommenden Jahren noch weniger Mittel zur Verfügung stehen, was die Investitionen in die Schieneninfrastruktur weiter gefährden könnte.
Mit diesen Herausforderungen steht die Deutsche Bahn an einem kritischen Punkt, an dem sowohl infrastrukturelle als auch personelle Engpässe zu signifikantem Druck führen. Es bleibt abzuwarten, wie das Unternehmen auf diese Probleme reagieren wird und ob es gelingt, die dringend benötigten Veränderungen zeitnah umzusetzen.