Kopenhagen (dpa) – Die Daten zum Sexverhalten junger Menschen in Europa sind alarmierend. Laut einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat der Gebrauch von Kondomen unter Jugendlichen in den letzten Jahren stark abgenommen. Diese besorgniserregende Entwicklung zeigt, dass Jugendliche vor Geschlechtsverkehr weniger auf Schutz achten, was sie einem hohen Risiko für sexuell übertragbare Infektionen und ungeplante Schwangerschaften aussetzt.
Nach den Ergebnissen des Berichts, der auf einer umfassenden Studie zur sexuellen Gesundheit basiert, ist der Rückgang schockierend: Von 2014 bis 2022 gaben 70 Prozent der Jungen an, beim letzten Sex ein Kondom verwendet zu haben; 2022 waren es nur noch 61 Prozent. Bei Mädchen sank der Anteil von 63 Prozent auf 57 Prozent. Ein Drittel der Befragten teilten mit, beim letzten Geschlechtsverkehr weder Kondome noch die Antibabypille verwendet zu haben, was auf signifikante Lücken in der bisherigen Aufklärung hinweist.
Vergleich der Nutzung von Verhütungsmitteln in Deutschland
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern liegt Deutschland beim Kondomgebrauch von Jugendlichen im Durchschnitt. Laut dem Bericht gaben im Jahr 2022 59 Prozent der Jungen und 58 Prozent der Mädchen an, beim letzten Sexualkontakt ein Kondom verwendet zu haben. Im Jahr 2014 waren es noch 72 Prozent der Jungen und 68 Prozent der Mädchen. Dennoch zeigt sich in Deutschland ein bemerkenswerter Trend, dass die Pille als Verhütungsmittel deutlich häufiger genutzt wird: Nur 16 Prozent der Mädchen und 23 Prozent der Jungen verwendeten weder Pille noch Kondom, was bessere Werte sind als in vielen anderen Ländern.
Notwendigkeit von umfassender Sexualerziehung
Die WHO hebt hervor, dass diese besorgniserregenden Ergebnisse keineswegs überraschen. Die Altersgerechte Sexualerziehung bleibt in vielen Ländern vernachlässigt. Der WHO-Regionaldirektor Hans Kluge erklärte, dass sowohl der Zugang zu Verhütungsmitteln als auch die Möglichkeit zur altersgerechten Aufklärung nicht ausreichend gewährleistet sind. Eine gut strukturierte Sexualerziehung ist wesentlich, damit junge Menschen informierte Entscheidungen treffen können. András Költo, Hauptautor des Berichts, betont, dass es wichtig ist, nicht nur Informationen bereitzustellen, sondern auch sichere Räume zu schaffen, in denen Jugendliche über Themen wie Zustimmung, individuelle Beziehungen, Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung sprechen können.
Die WHO fordert verstärkte Maßnahmen, um Jugendliche besser über sexualisierte Themen zu informieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, bewusste Entscheidungen zu treffen. Dies ist gerade in der sensiblen Phase des Übergangs vom Jugend- zum Erwachsenenalter von größter Bedeutung.