In den letzten Jahren hat die Bedeutung des Tierwohls in zoologischen Einrichtungen enorm zugenommen. Eine neue Entwicklung im Bereich des Delfinschutzes könnte nun weitreichende Auswirkungen auf die Praxis in Zoos und Aquarien haben. Hierbei spielen wissenschaftlich fundierte Bewertungsinstrumente eine entscheidende Rolle.
Ein innovatives Werkzeug für das Delfinwohl
Das neu entwickelte Dolphin-WET (Dolphin Welfare Evaluation Tool) ermöglicht es zoologischen Einrichtungen, das Wohlbefinden von Delfinen systematisch zu überprüfen. An der Entwicklung haben verschiedene Organisationen, darunter der Zoo Nürnberg und internationale Partner, intensiv gearbeitet. Dr. Katrin Baumgartner, die als Zootierärztin am Tiergarten Nürnberg tätig ist, erklärt: „Wir erfassen nun Daten zu physischen und psychischen Aspekten des Wohlbefindens der Delfine aus einer wissenschaftlichen Perspektive.“
Die fünf Prinzipien des Wohlbefindens
Das Bewertungssystem ist in fünf Hauptkategorien unterteilt: Tiergesundheit, Ernährung, Verhalten, Unterbringung und Gemütszustand. Diese Kategorien ermöglichen es Fachleuten, nicht nur den Status quo zu bewerten, sondern auch Veränderungen über die Zeit zu verfolgen. Durch die frühzeitige Erkennung kleinster Veränderungen können gezielte Maßnahmen ergriffen werden, um das Wohlergehen der Tiere zu optimieren.
Eine umfassende Datenerhebung
Die Entwicklung des Dolphin-WET basiert auf umfangreichen Daten, die seit den frühen 90er Jahren zu Verhaltensweisen, Physiologie und Fortpflanzung von Delfinen erhoben wurden. In Zusammenarbeit mit einer internationalen Gruppe von Experten wurden 49 Indikatoren definiert, um eine objektive Beurteilung der Delfine in menschlicher Obhut zu ermöglichen.
Die Bedeutung für die Zukunft des Delfinschutzes
Der neue Ansatz könnte nicht nur Auswirkungen auf die Haltungsbedingungen in Zoos und Aquarien haben, sondern auch einen wertvollen Beitrag zur Erforschung gesundheitlicher Herausforderungen leisten, die wildlebende Delfinpopulationen bedrohen. Dr. Lorenzo von Fersen, Kurator für Artenschutz und Forschung am Tiergarten Nürnberg, hebt hervor: „Mit dem Dolphin-WET können wir wertvolle Daten sammeln, die uns helfen, die Herausforderungen im Bereich des Artenschutzes besser zu verstehen und darauf zu reagieren.“
Vorarbeit und internationale Zusammenarbeit
Die intensive Zusammenarbeit auf nationaler und internationaler Ebene ist ein Markenzeichen der Arbeit in wissenschaftlich geführten Zoos. Der Tiergarten Nürnberg und seine Partner haben sich seit 2012 mit der Verbesserung der Haltungsbedingungen für Delfine beschäftigt, und die Veröffentlichung des Dolphin-WET ist ein weiterer Schritt in diese Richtung. Experten aus unterschiedlichen Fachrichtungen, darunter Tiermedizin und Biologie, haben gemeinsam einen bedeutenden Beitrag zum Tierschutz geleistet.
Ausblick und Weiterentwicklung
Die Einführung der Dolphin-WET-App bietet nicht nur eine praktische Lösung für die Dokumentation und Auswertung der Beobachtungsdaten, sondern fördert auch eine interaktive Lernplattform für Fachleute, die in Zoos arbeiten. „Wir hoffen, dass dieses Werkzeug nicht nur unser Wissen über Delfine vertieft, sondern auch andere Einrichtungen dazu inspiriert, ähnliche Standards einzuführen,“ sagt Baumgartner zum Abschluss.
Das neu veröffentlichte wissenschaftliche Paper zu dieser Entwicklung, „Dolphin-WET—Development of a Welfare Evaluation Tool for Bottlenose Dolphins (Tursiops truncatus) under Human Care“, bietet detaillierte Einblicke in die Methode und deren Anwendung.