Die Olympischen Dressurwettbewerbe in Versailles stehen im Zeichen eines ernsten Themas: Tiermisshandlung. Dies wird deutlich, als die erfolgreichste Dressurreiterin der Welt, Isabell Werth, über den kürzlichen Peitschen-Skandal spricht, der die Reitsport-Community erschüttert hat. Die britische Dressurreiterin Charlotte Dujardin ist in einem umstrittenen Video zu sehen, in dem sie wiederholt auf ein Pferd einschlägt. Werth zeigt sich emotional und sagt: „Wir sind alle fassungslos.“
Ein Schatten über dem Sport
Die Debatte über den Missbrauch von Tieren im Reitsport ist nicht neu, gewinnt jedoch durch diesen Vorfall an Dringlichkeit. Werth beschreibt die Situation als „sehr zerstörerisch für einen Menschen und auch für den Sport“. Diese moralischen Fragestellungen lassen sich nur schwer mit dem sportlichen Erfolg der Athleten vereinen.
Die Olympiade als Chance und Herausforderung
Der Moment ist für Werth besonders bedeutsam, da sie die Möglichkeit hat, deutsche Rekord-Olympiasiegerin zu werden. Mit einer weiteren Goldmedaille könnte sie die Rekordhalterin, die Kanutin Birgit Fischer, einholen. Bisher hat Werth sieben Gold- und fünf Silbermedaillen gewonnen. Sie betont jedoch, dass sie sich auf ihre Leistungen im Sattel konzentrieren möchte: „Ich freue mich darauf, alles andere wird man dann sehen.“ Die Wettkämpfe in Versailles, sowohl Mannschaftswertung als auch Einzelwettbewerb, stehen bevor.
Ein unerwarteter Vorteil durch Tierschutzskandale
Interessanterweise hat der Skandal um Dujardin direkte Auswirkungen auf Werths Chancen bei den Olympischen Spielen. Ein anderer Tierschutzfall, der im November durch einen dänischen Sender aufgedeckt wurde, hat dazu geführt, dass der Reiter Andreas Helgstrand von den Olympischen Spielen ausgeschlossen wurde. Helgstrand wird in den Aufnahmen gezeigt, während er Pferde mit Verletzungen misshandelt. Dies eröffnete Werths Unterstützerin, Madeleine Winter-Schulze, die Möglichkeit, Anteile an Helgstrands Pferd Wendy zu erwerben, und führte dazu, dass Werth erfolgreich die Olympiqualification erreichte.
Eine neue Herangehensweise
Wendy, das Pferd, auf dem Werth nun reitet, hatte sich erst spät zurückgemeldet und war ursprünglich verletzt. Werth, die in der Vergangenheit oftmals ihre eigenen Pferde jahrelang ausgebildet hat, hat seit Januar auf Wendy gesessen, was eine spontane Abkehr von ihrer üblichen Praxis darstellt. „Ich bin ja nicht durch die Gegend gefahren und habe gesagt, ich brauche ein fertiges Pferd“, erklärt sie.
Der Teamgeist und die olympischen Träume
Jessica von Bredow-Werndl, eine Teamkollegin von Werth, zeigt sich begeistert von der jüngsten Erfolgsserie: „Das ist natürlich mega für unser Team.“ Nach den positiven Erfahrungen beim CHIO in Aachen zeigt sich der deutsche Dressurreiter-Kader optimistisch gegenüber den bevorstehenden Wettkämpfen. Der Peitschen-Skandal hat vor allem die britische Mannschaft geschwächt, die vor Dujardins Sperre als Favorit galt, und somit die Wettbewerbslandschaft deutlich verändert.
Ein Appell zur Verantwortung
Werth gibt zu, dass sie sich wünscht, der Vorfall hätte niemals stattgefunden, und dass sie im Zweifelsfall lieber den zweiten Platz belegen würde, wenn es dazu führen würde, dass solche Misshandlungen nicht geschehen wären. Ihre Worte reflektieren den kollektiven Wunsch der Reitsportgemeinschaft, Verantwortung zu übernehmen und sicherzustellen, dass die Liebe zu den Tieren im Mittelpunkt des Sports bleibt.
– NAG