MAIN-KINZIG-KREIS – Vor kurzem fand im Druck- und Pressehaus Naumann in Gelnhausen ein bedeutendes Treffen der Akteure aus Politik und Wirtschaft statt. In der mittlerweile fünften Gesprächsrunde „Politik-Wirtschaft“ kamen einflussreiche Persönlichkeiten zusammen, um die drängenden Herausforderungen des regionalen Mittelstands im Main-Kinzig-Kreis zu erörtern. Zu den Teilnehmern zählten Landrat Thorsten Stolz, der neue Kreisbeigeordnete Jannik Marquart, Andreas Hofmann als Erster Kreisbeigeordneter sowie weitere namhafte Wirtschaftsvertreter und Mitglieder der Wirtschaftsinitiative Mittelstand Main-Kinzig e.V.
Die zweistündige Sitzung wurde von Michael Graf, einem Vorstandsmitglied der Wirtschaftsinitiative, und Kerstin Cieslik-Pfeifer, der Geschäftsführerin der Initiative, moderiert. Der Austausch zwischen der Wirtschaft und der Kreisverwaltung war dem Ziel gewidmet, durch ein besseres Verständnis der jeweiligen Herausforderungen Brücken zu bauen. Im Zentrum standen vor allem die sogenannten Kittelbrennthemen, die für die Unternehmen in der Region von großer Bedeutung sind. Dazu gehören der Fachkräftemangel, Fragen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der Abbau von Bürokratie sowie die Integration von Migranten in die Unternehmensstrukturen.
Herausforderungen annehmen und Lösungen entwickeln
Landrat Thorsten Stolz brachte die Diskussion auf den Punkt, indem er das umfangreiche Anliegen nach angemessener Bürokratie ansprach. „Für Transparenz, faire Wettbewerbsbedingungen und eine verlässliche Qualität der Arbeit sind gewisse Rechtsstandards auf EU-, Bundes- und Landesebene notwendig. Wichtig ist jedoch, dass diese Standards die Unternehmen in ihrem Alltag nicht überfordern“, betonte er. Er ermutigte die Unternehmer, konkrete Beispiele aus ihrer Praxis zu benennen, wenn Institutionen wie die DIHK und die hessische Landesregierung Stellen zur Entbürokratisierung schaffen möchten.
Ein weiteres zentrales Thema war der Fachkräftemangel, insbesondere bei der Integration ausländischer Mitarbeiter. Heiko Lenz, Geschäftsführer der HHL Service GmbH aus Biebergemünd, wies darauf hin, dass die fehlende kompetente Beratung zu einer großen Hürde beim Recruiting führt. „Wir benötigen eine Schnellbewertung durch die Behörden und eine beschleunigte Prozessierung der Aufenthaltsgenehmigungen“, forderte er und sprach damit auch die Dringlichkeit an, die die Unternehmen zur aktuellen Zeit verspüren.
Andreas Hofmann, der Erste Kreisbeigeordnete, möchte mit Unterstützung des Arbeitgeberservices in der Ausländerbehörde eine nachhaltige integration neuer Fachkräfte fördern. „Die gesellschaftliche und politische Integration ist neben der beruflichen Eingliederung von großer Bedeutung. Der Schlüssel zur Integration ist die Sprache, die sowohl im Alltag als auch im Arbeitsleben gebührend gefördert werden muss“, erklärte er.
Die Forderung nach wirtschaftsorientierten Sprachkursen zur schnelleren Integration ausländischer Mitarbeiter wurde von Jörn Rohde, Geschäftsführer der Rohde Schutzgasöfen GmbH, unterstützt. „Wir stehen vor existenziellen Herausforderungen und müssen in diesen Belangen enger zusammenarbeiten“, stellte er klar, bevor er vor den Konsequenzen eines weiteren Wartens warnte: „Sonst könnte es bald keinen Mittelstand mehr geben.“ Diese eindringlichen Worte untermauern die Dringlichkeit der Diskussion.
Ein gemeinsames Ziel – Wirtschaftsmarke Main-Kinzig-Kreis
Frischer Wind kam auch von Jannik Marquart, dem neuen Wirtschaftsdezernenten, der erst seit Juli im Amt ist. Er stellte seine Vision vor, aus dem Main-Kinzig-Kreis eine weithin anerkannte Wirtschaftsmarke zu entwickeln. „Es ist entscheidend, dass wir wirtschaftsnahes Denken und Handeln durch Netzwerktreffen wie die Gesprächsrunde fördern“, sagte er.
Die Gesprächsrunde endete mit der Erkenntnis, dass viele Themen gemeinschaftlich angepackt werden müssen. „Das gegenseitige Kennenlernen der Akteure und ein respektvolles Verständnis für die unterschiedlichen Handlungsoptionen ist von großer Wichtigkeit“, so die Moderatoren Graf und Cieslik-Pfeifer. Dies wird auch in künftigen Veranstaltungen der Wirtschaftsinitiative weiterverfolgt, einschließlich eines „RoundTable.Personal“, bei dem die Behördenprozesse zur Onboarding von europäischen Mitarbeitern thematisiert werden sollen.
Der Austausch zwischen Politik und Wirtschaft ist somit nicht nur ein notwendiger Schritt zur Verbesserung der aktuellen Lage, sondern auch ein Tagungsort für Ideen und Lösungen, die unseren Mittelstand stark und zukunftssicher machen sollen.
Herausforderungen des Mittelstands im Fokus
Der Mittelstand spielt eine entscheidende Rolle in der deutschen Wirtschaft und beschäftigt einen Großteil der Arbeitnehmer. Im Main-Kinzig-Kreis sind vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stark vertreten, die vor vielfältigen Herausforderungen stehen. Der Fachkräftemangel ist eine der wichtigsten Probleme, mit denen die Unternehmen konfrontiert sind. Laut einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) sind zahlreiche Unternehmen nicht in der Lage, offene Stellen zu besetzen, was ihre Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt. Außerdem sind diese Unternehmen oft von einer hohen Bürokratie betroffen, die ihre Leistungsfähigkeit und Innovationskraft einschränkt.
Ein weiterer Aspekt, der angesprochen wurde, ist die Notwendigkeit, Familie und Beruf besser zu vereinbaren. Dies erfordert nicht nur flexible Arbeitszeiten, sondern auch eine optimale Kinderbetreuung. Eine Umfrage des Städtetags Deutschland ergab, dass viele Eltern in den ländlichen Regionen Schwierigkeiten haben, geeignete Betreuungsangebote zu finden, was sich negativ auf die berufliche Situation vieler Arbeitnehmer auswirkt.
Integration von ausländischen Fachkräften
Die Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt ist ein zentrales Thema der Diskussion. Der Anspruch an eine schnellere Bearbeitung von Anträgen zur Aufenthaltsgenehmigung ist besonders akut, da viele potenzielle Fachkräfte dringend benötigt werden. Die Bundesagentur für Arbeit hat in ihrem Bericht 2023 darauf hingewiesen, dass viele Unternehmen Schwierigkeiten haben, geeignete Fachkräfte zu finden, obwohl eine hohe Anzahl an Migranten bereit ist, in den deutschen Arbeitsmarkt einzutreten.
Die politischen Vertreter bei der Gesprächsrunde haben daher betont, wie wichtig es ist, wirtschaftsorientierte Einbürgerungsprozesse zu fördern. Ein Beispiel genau dafür ist das Pilotprojekt „Integration durch Ausbildung“, das in mehreren Bundesländern durchgeführt wird und Migranten ermöglicht, durch eine Ausbildung in den deutschen Arbeitsmarkt integriert zu werden. Es ist wichtig, die notwendige sprachliche und kulturelle Unterstützung zu bieten, um eine erfolgreiche Integration zu gewährleisten.
Die Herausforderungen der Integration sind nicht nur eine ökonomische Notwendigkeit, sondern auch eine gesellschaftliche Verantwortung. Die Schaffung eines einladenden Umfelds für Migranten kann nicht nur den Fachkräftemangel mildern, sondern auch zur Diversität und Innovationskraft der Unternehmen beitragen.
Aktuelle Statistiken zur Wirtschaft und Beschäftigung
Um die Diskussion um den Mittelstand und die Herausforderungen adäquat einzuordnen, sind aktuelle Statistiken unverzichtbar. Laut dem Statistischen Bundesamt lag die Arbeitslosenquote im Main-Kinzig-Kreis 2023 bei 5,7 %, was etwas über dem hessischen Durchschnitt liegt. Insbesondere junge Menschen sind von Arbeitslosigkeit betroffen, was den Fachkräftemangel verstärkt.
Des Weiteren zeigt eine Untersuchung des Dachverbands der deutschen Industrie- und Handelskammern, dass rund 52 % der deutschen Unternehmen aktuell Schwierigkeiten haben, Fachkräfte zu finden. Besonders betroffen sind Branchen wie das Handwerk, die Gastronomie und der Gesundheitssektor. Diese Daten verdeutlichen, dass die Herausforderungen, vor denen der Mittelstand steht, auch eine gesamtwirtschaftliche Dimension haben, die ein gemeinsames Handeln von Politik und Wirtschaft erfordert.
Diese statistischen Erkenntnisse unterstreichen die Dringlichkeit, effektive Strategien zu entwickeln, um den Fachkräftemangel zu beheben und die Bürokratie zu reduzieren, die die Unternehmen in ihrer Entwicklung behindert.