Die Auseinandersetzung zwischen der niedersächsischen Landesregierung und den Beschäftigten der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) spitzt sich zu. Nach dem Entscheid des Arbeitsgerichts, das einen geplanten Warnstreik untersagt hat, ruft die Gewerkschaft ver.di nun zu einer Demonstration auf. Diese ist für Freitag, den 23. August 2024, in Hannover angesetzt. Die Gewerkschaft sieht sich und die Beschäftigten der MHH in ihrem Recht auf einen Tarifvertrag sowie auf die Durchsetzung ihrer Interessen stark eingeschränkt.
Am vergangenen Freitag äußerte der niedersächsische Minister Falko Mohrs vor 800 Mitarbeitern der MHH zwar Verständnis für deren Bedürfnisse, gleichzeitig leiteten er und die Landesregierung juristische Schritte gegen den geplanten Warnstreik ein. Diese widersprüchlichen Signale haben die Beschäftigten und die Gewerkschaft ver.di verärgert. „Die Politik hat 100 Tage Zeit gehabt, um ernsthaft über den nötigen Tarifvertrag zu verhandeln, aber stattdessen wird auf Zeit gespielt“, kritisiert Andrea Wemheuer, die Landesbezirksleiterin von ver.di. Ihrem Gefühl nach nutzen die Verantwortlichen juristische Taktiken, um Proteste der Beschäftigten zu unterdrücken.
Reaktionen und Widerstand der Beschäftigten
Die Reaktionen vonseiten der MHH-Beschäftigten sind eindeutig. Katja Brockhausen, eine engagierte Krankenpflegerin und Mitglied der ver.di-Tarifkommission, sagt: „Die Ablenkungsmanöver und Einschüchterungsversuche werden uns nicht aufhalten. Wir sind entschlossen, für mehr Personal und Entlastung zu kämpfen – nicht nur für uns, sondern auch für unsere Patient*innen.“ Die Verärgerung über die aktuelle Situation ist groß, und die Beschäftigten setzen sich nach wie vor für bessere Arbeitsbedingungen ein.
Nils Hoffmann, Vorsitzender des Personalrats an der MHH, unterstützt diesen Widerstand und betont, dass es bundesweit in den meisten Universitätskliniken ähnliche Tarifverträge gibt, die dem Personal zugutekommen. „Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, warum das an der MHH nicht möglich sein sollte“, erklärt er. Die von der Landesregierung vorgeschlagene Dienstvereinbarung wird von Huk as unzureichend angesehen, da sie nach Meinung des Personalrats gegen das Personalvertretungsgesetz verstoßen würde.
Details zur bevorstehenden Demonstration
Die Demonstration von ver.di wird am Freitag, dem 23. August 2024, um 15:00 Uhr an der Adresse Goseriede 12 in Hannover starten. Der anschließende Demonstrationszug führt durch die Innenstadt. Um 16:45 Uhr ist eine Abschlusskundgebung am Platz an der Goseriede geplant. Diese Veranstaltung soll ein starkes Zeichen für die Rechte der Beschäftigten und gegen die aktuelle Lage setzen und die Forderungen nach mehr Personal und einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen unterstreichen.
Die Situation an der MHH ist ein Spiegelbild eines tieferliegenden Problems im Gesundheitssystem, das viele Beschäftigte zur Verzweiflung treibt. Die Nöte der Klinikmitarbeiter gehen weit über individuelles Unbehagen hinaus; es ist ein Appell an die Verantwortlichen, die realen Herausforderungen, mit denen das Pflegepersonal konfrontiert ist, ernst zu nehmen und endlich konkrete Schritte zur Verbesserung einzugehen. Der Streit um den Tarifvertrag könnte zur entscheidenden Wende in der Diskussion über die Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen werden, mehr als je zuvor ist jetzt der politische und gesellschaftliche Druck gefragt, um nachhaltige Veränderungen herbeizuführen.
Die Auseinandersetzungen um Tarifverträge und bessere Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen sind kein neues Phänomen. Der Druck auf das Personal in Krankenhäusern hat in den letzten Jahren zugenommen, insbesondere durch hohe Arbeitsbelastungen, Personalmangel und die Anforderungen, die durch die COVID-19-Pandemie verstärkt wurden. Die Gehälter der Beschäftigten, die trotz des massiven Einsatzes oft unzureichend sind, tragen zur Unzufriedenheit bei. Initiativen wie die von ver.di sind daher Teil eines größeren Trends, bei dem Beschäftigte in vielen Sektoren aktiv für ihre Rechte eintreten.
Ein entsprechendes Beispiel aus der Vergangenheit ist der „Pflegenotstand“, der seit den 2010er Jahren in Deutschland diskutiert wird. Bisherige Maßnahmen der Politik, wie die Pflegepersonalregelung, haben oft nicht die erhoffte Entlastung gebracht. In vielen Universitätskliniken wurden Tarifverträge zur Entlastung des Personals erfolgreich eingeführt, doch gibt es signifikante Unterschiede zwischen den Einrichtungen. Während einige Kliniken zeitgemäße Arbeitsbedingungen bieten, bleibt vieles beim Alten, was zu einem Abwandern von Fachkräften führt. An der MHH jedoch sehen die Beschäftigten die Notwendigkeit, für vergleichbare Standards zu kämpfen.
Politische und soziale Rahmenbedingungen
Die Beschäftigten an der Medizinischen Hochschule Hannover stehen nicht allein. Es gibt bundesweit zahlreiche Initiativen, die sich für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen einsetzen. Politische Debatten über die Finanzierung des Gesundheitssystems und den Fachkräftemangel verstärken den Druck, geeignete Lösungen zu finden. Die Zuverlässigkeit der Gesundheitsversorgung hängt maßgeblich von den Beschäftigten ab, die in einem stressigen Umfeld oft über das Notwendige hinaus arbeiten müssen. So ist es kein Zufall, dass die Gewerkschaften in dieser Zeit besonders aktiv sind.
Zusätzlich ist der Arbeitsmarkt für Fachkräfte im Gesundheitswesen von einem Wettbewerbsdruck geprägt, der sowohl von öffentlichen als auch von privaten Trägern ausgeht. Der Personalmangel führt nicht nur zu einer erhöhten Belastung der Beschäftigten, sondern auch zu einem signifikanten Risiko für die Patientensicherheit. Die Forderungen der ver.di zur Entlastung und zum Streikrecht sind daher nicht nur ein Ausdruck von Unmut, sondern auch ein notwendiger Schritt, um die Rahmenbedingungen für medizinisches Personal zu verbessern.
Aktuelle Statistiken im Gesundheitswesen
Eine Studie der Bundesärztekammer zeigt, dass 61% der Beschäftigten im Gesundheitswesen über einen akuten Personalmangel klagen. Dies führt nicht nur zu einer erhöhten Belastung des bestehenden Personals, sondern auch zu längeren Wartezeiten für Patient*innen und einer potenziellen Verschlechterung der Versorgungsqualität. In einer Umfrage des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK) gaben 77% der Befragten an, dass sich die Arbeitsbedingungen in den letzten Jahren nicht verbessert, sondern eher verschlechtert haben.
Die ständigen Hinweise auf unzureichende Gehälter und Überstunden haben auch dazu geführt, dass viele Fachkräfte die Branche verlassen oder kaum motiviert sind, im Gesundheitswesen zu arbeiten. Eine nachhaltige Lösung kann nur durch einen strukturellen Wandel und ausreichende Investitionen in die Gesundheitsversorgung erreicht werden. Der aktuelle Fall an der MHH stellt daher nicht nur einen spezifischen Konflikt dar, sondern ist Teil eines umfassenderen Problems, das einen längeren Atem erfordert, um nachhaltige Veränderungen zu erreichen.