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Hoffen und Basteln: Ampel kämpft mit 12-Milliarden-Euro-Haushaltsloch

Die Regierungskoalition in Berlin hat am Freitag einen Haushalt beschlossen, der trotz intensiver Verhandlungen ein Defizit von 12 Milliarden Euro aufweist, was Wirtschaftsminister Habeck lapidar mit den Worten „Boah… ist halt so, ne“ kommentierte.

Die Ampelkoalition kämpfte am heutigen Freitag damit, eine Einigung im neuen Haushaltsentwurf zu erzielen. Ursprünglich war ein riesiges Loch von 17 Milliarden Euro vorgesehen. Ziel war es, dieses auf 9 Milliarden Euro zu reduzieren. Doch die letztendliche Einigung führte zu einem Defizit von 12 Milliarden Euro, was immer noch drei Milliarden weniger ist als zunächst geplant.

Wirtschaftsminister Robert Habeck äußerte sich dazu im Bericht aus Berlin. Seine Worte spiegelten die Unsicherheit und das pragmatische Vorgehen der Regierung wider: „Drei Milliarden wird man schon noch finden können. Aber wir haben sie halt jetzt nicht gefunden. Das ist so ein bisschen… boah, wie soll ich sagen… ist halt so, ne“.

Hoffnungsträger der Ampelkoalition

  • Ein tieferer Blick in die Haushaltseinigung zeigt, dass bei der Ampelkoalition das Prinzip Hoffnung dominiert. Man setzt auf eine wieder erstarkende Wirtschaft und sinkende Zinsen.
  • Interessant ist auch der Ansatz mit Uniper, dem verstaatlichten Energieversorger. Die Koalition plant, dass Uniper im Jahr 2025 etwa 300 Millionen Euro mehr an den Bund zahlen wird als ursprünglich angenommen. Auch die Kürzung der Vorsorge für den Ausfall von Steuereinnahmen beim EU-Energiekrisenbeitrag bringt 200 Millionen Euro zusätzlichen Spielraum.

Ein weiteres Beispiel für die Hoffnung der Ampel: Die Zuschüsse des Bundes an die Deutsche Bahn. Hier wird ein Trick angewendet: 4,5 Milliarden Euro werden als Eigenkapital ausgewiesen, während zusätzlich drei Milliarden Euro als Darlehen des Bundes an die Bahn vergeben werden. Dadurch bleibt beides außerhalb der Schuldenbremse.

Auch die Autobahn GmbH könnte davon profitieren, Zuschüsse des Bundes als Darlehen zu erhalten. Zwar hat die Autobahn GmbH derzeit keine Einnahmen, da die LKW-Maut nicht an sie abgeführt wird, doch dies könnte sich ändern. Die Lösung würde der Ampel Zeit verschaffen, das Problem aber auf künftige Regierungen abwälzen.

Globale Minderausgabe als letzte Hoffnung

Mit den verbleibenden 12 Milliarden Euro setzt die Ampelkoalition auf das Prinzip der globalen Minderausgabe. Hierbei handelt es sich um Gelder, die den einzelnen Ressorts zwar zugeteilt, aber nicht im Haushaltsjahr ausgegeben wurden – etwa, weil Projekte scheiterten. Ein riskanter Plan, vor allem wenn die Wirtschaft nicht, wie erwartet, wieder in Schwung kommt.

Ein weiteres potenzielles Problem ist, dass diese Strategie der globalen Minderausgabe stark davon abhängig ist, dass keine unerwarteten Kosten auftreten und tatsächlich Projekte scheitern, bei denen Mittel übrig bleiben. Sollte jedoch die Wirtschaft nicht wie erwartet anziehen und sollten unerwartete Ausgaben auftreten, könnte der Haushaltsplan der Ampelkoalition in ernsthafte Schwierigkeiten geraten.

Die Reaktionen und Ausblicke

Mit Spannung blickt die Öffentlichkeit auf diese finanziellen Manöver und fragt sich, ob die Ampelkoalition ihre Ziele erreichen kann oder ob sie in den kommenden Monaten erneut Anpassungen vornehmen muss. Es bleibt abzuwarten, ob die eingeleiteten Maßnahmen ausreichen werden, um das Haushaltsdefizit auf ein akzeptables Maß zu reduzieren, oder ob der Finanzminister erneut zu einer Haushaltsklausur zusammenrufen muss.

Der weitere Verlauf wird zeigen, wie robust die deutschen Finanzen aufgestellt sind und ob der optimistische Ansatz der Ampelkoalition Früchte trägt. Experten sind geteilter Meinung, was die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der getroffenen Maßnahmen anbelangt. Eines ist jedoch sicher: Die kommenden Monate werden für die deutsche Finanzpolitik entscheidend sein.

Historische Parallelen zur aktuellen Haushaltspolitik

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass ähnliche Situationen in der deutschen Geschichte keine Seltenheit sind. Eine vergleichbare Haushaltskrise erlebte die Bundesrepublik in den 1970er Jahren. Nach dem wirtschaftlichen Boom der Nachkriegszeit kam es insbesondere nach der Ölkrise 1973 zu erheblichen Haushaltsproblemen. Die Bundesregierung unter Kanzler Helmut Schmidt versuchte ebenfalls, durch trickreiche Finanzierungslösungen und das Prinzip Hoffnung die finanzielle Lage zu stabilisieren. Ähnlich wie heute wurde versucht, staatliche Beteiligungen und Kredite geschickt zu nutzen, um finanzielle Löcher zu stopfen.

Der Unterschied zur jetzigen Situation liegt allerdings in der globalen wirtschaftlichen Lage. Während die 1970er Jahre von einer Energiekrise und Inflation geprägt waren, sind die Herausforderungen heute vielschichtiger und beinhalten neben wirtschaftlichen Problemen auch gesundheitliche Krisen, wie die COVID-19-Pandemie, und geopolitische Spannungen, etwa den Russland-Ukraine-Konflikt.

Hintergrundinformationen zur Haushaltskrise

Die aktuelle Haushaltskrise der Ampel-Koalition hat vielfältige Ursachen. Ein wesentlicher Faktor ist die durch die Coronapandemie ausgelöste wirtschaftliche Rezession, die drastische staatliche Hilfsprogramme notwendig machte. Diese Programme führten zu einer nie zuvor gesehenen Verschuldung des Bundeshaushalts. Darüber hinaus belasten steigende Zinssätze die Haushaltsplanung zusätzlich. Beispielsweise hat die Europäische Zentralbank (EZB) wiederholt die Zinsen angehoben, um der Inflation entgegenzuwirken, was die Finanzierungskosten für neue Schulden erhöht.

Hinzu kommen die finanziellen Anforderungen der Energiewende, die durch die Ukraine-Krise zusätzlich verschärft wurden. Die enorme Volatilität auf den Energiemärkten und die Unsicheren in der Gas- und Ölversorgung verschärft die Budgetnöte. Auch die Rettung und Verstaatlichung großer Unternehmen wie Uniper zogen erhebliche Kosten nach sich, welche die Haushaltskassen zusätzlich belasten.

Expertenmeinungen zur Haushaltslage

Verschiedene Finanzexperten äußern sich kritisch zu den aktuellen Haushaltsansätzen der Ampelregierung. Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) warnt vor einer Politik der kurzfristigen Flickschusterei: „Nachhaltige Finanzpolitik bedeutet nicht, Löcher von heute auf morgen zu stopfen, sondern langfristige finanzielle Stabilität zu schaffen. Der jetzige Ansatz schafft lediglich kurzfristigen Spielraum, verlagert die Probleme aber in die Zukunft.“

Auch Clemens Fuest vom ifo Institut kritisiert die aktuelle Herangehensweise: „Es ist gefährlich, auf zukünftige wirtschaftliche Erholungen und konjunkturbedingte Mehreinnahmen zu setzen. Solche Hoffnungen können sich schnell als trügerisch erweisen, insbesondere in einem global instabilen Umfeld.“

Diese Expertenmeinungen unterstreichen die Notwendigkeit einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Finanzpolitik, um die Herausforderungen der heutigen Zeit zu bewältigen und langfristige Stabilität zu gewährleisten.

Aktuelle Statistiken und Daten zur Haushaltslage

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes betrug der Schuldenstand der öffentlichen Haushalte in Deutschland Ende 2022 rund 2,3 Billionen Euro, ein Anstieg von 7,3 % im Vergleich zum Vorjahr. Die Schuldenquote, also der Anteil der Schulden am Bruttoinlandsprodukt (BIP), lag bei etwa 69 %. Diese Statistik verdeutlicht die Herausforderung, vor der die Bundesregierung steht, wenn sie versucht, das Haushaltsdefizit zu senken und gleichzeitig dringend benötigte Investitionen zu tätigen.

Zudem zeigt eine Umfrage des Institutes für Demoskopie Allensbach, dass 58% der deutschen Bürger skeptisch sind, ob die Regierung ihre Finanzziele ohne weitere Steuererhöhungen oder Einsparungen erreichen kann. Dies weist auf einen erheblichen Vertrauensverlust hin, den die Regierung zu bewältigen hat.

Auch von Seiten der Wirtschaft gibt es bedenkliche Zahlen. Der ifo-Geschäftsklimaindex, ein wichtiger Frühindikator für die wirtschaftliche Entwicklung, ist im September 2023 erneut gefallen, was auf eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Aussichten hindeutet. Dies könnte die erhoffte Erholung der Wirtschaft und damit verbundene Mehreinnahmen weiter verzögern.

Für weitere Informationen und aktuelle Nachrichten besuchen Sie bitte Destatis, DIW und ifo Institut.

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