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Revolution im Schlafzimmer: Wie die „St. Pauli Nachrichten“ Hamburg eroberten

In den schillernden 60er-Jahren erlebte Hamburg eine sexuelle Revolution, angeführt von der aufrührerischen Zeitschrift „St. Pauli Nachrichten“, die 1968 vom Fotografen Günter Zint ins Leben gerufen wurde. Ursprünglich als einmaliges Spaßblatt konzipiert, wurde die Publikation schnell zum Symbol der Emanzipation. Mit provokanten Titeln und einem Aufklärungsanspruch mischte sie sich kräftig in die gesellschaftlichen Debatten ein und erreichte in ihren besten Zeiten eine Auflage von bis zu 1,2 Millionen Exemplaren. Zeitschriftenmitarbeiter wie der spätere Spiegel-Chef Stefan Aust und der Publizist Henryk M. Broder erlebten legendäre Redaktionssitzungen, oft begleitet von einem Glas Rotwein.

Doch das wilde Treiben blieb nicht ohne Folgen: Anzeigen im Kleinanzeigenmarkt, die nach sexuellen Abenteuern suchten, führten zu einem medienwirksamen Prozess, der die Zeitschrift vor Gericht brachte. Während die Staatsanwaltschaft die Inserentenliste beschlagnahmte, konnte die Verteidigung schließlich die Rückgabe der Daten durchsetzen und setzte damit ein Zeichen für die Pressefreiheit. Die „St. Pauli Nachrichten“ wurden somit nicht nur zum Sprachrohr für die sexuelle Befreiung, sondern auch zum politischen Störfaktor gegen eine repressive Gesellschaftsordnung. Die Publikation verlor jedoch mit steigenden Verkaufszahlen ihren revolutionären Spirit und entwickelte sich ab 1971 mehr und mehr zu einem Männermagazin und verlies seine einstige politische Ausrichtung. Weitere Details zu dieser bewegenden Geschichte finden sich in einem Artikel auf www.ndr.de.

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