Kropywnytzkyj (dpa) – In einer kürzlichen Videobotschaft hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bedeutende politische Entwicklungen in der Ukraine angesprochen und dabei das Parlament für eine einschneidende Entscheidung gelobt. Inmitten des Chaos, das der Krieg mit Russland mit sich gebracht hat, hat die Werchowna Rada, das ukrainische Parlament, das Verbot einer moskautreuen Orthodoxen Kirche in der Ukraine verabschiedet. Selenskyj erklärte: «Ich möchte heute die Arbeit der Werchowna Rada hervorheben, die das Gesetz für unsere geistliche Unabhängigkeit verabschiedet hat.» Dies deutet auf einen tiefgreifenden Wechsel in der religiösen Landschaft des Landes hin.
Der größte Grund für das Verbot dieser Kirche ist die enge Bindung an das Moskauer Patriarchat, das aktiv den Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützt. Der Kirche wird vorgeworfen, die Verbrechen der russischen Truppen zu rechtfertigen oder möglicherweise sogar mit den Kriegsgegnern zusammenzuarbeiten. Obwohl die ukrainisch-orthodoxe Kirche sich offiziell von Moskau losgesagt hat, bleibt der Vorwurf bestehen. Diese Entscheidung ist nicht nur in der Ukraine umstritten, sondern hat auch internationale Aufmerksamkeit erregt und lässt auf Meinungsverschiedenheiten im In- und Ausland schließen.
Militärische Fortschritte in Westrussland
Während die politischen Wogen hochgehen, wird das ukrainische Militär für seine militärischen Erfolge gelobt. Laut Selenskyj gibt es Fortschritte im westrussischen Gebiet Kursk, wo die ukrainischen Truppen im Rahmen einer Gegenoffensive in den vergangenen zwei Wochen über 1260 Quadratkilometer und 93 Ortschaften eingenommen haben. Diese Erfolge sind besonders wichtig, da sie einen gegenläufigen Trend im Krieg verdeutlichen, wo die ukrainischen Streitkräfte versuchen, die Kontrolle über bedeutsame Gebiete zurückzugewinnen.
Selenskyj betonte, dass die Priorität beim Militär nicht nur in der Sicherung von Gebietsgewinnen liegt, sondern auch in der Gefangennahme russischer Soldaten. Diese Taktik könnte potenziell dazu dienen, ukrainische Gefangene im Austausch zurückzubekommen. Oberbefehlshaber Olexander Syrskyj bringt die Situation in der Grenzregion auf den Punkt und warnt vor einer möglichen Einkesselung russischer Truppen, nachdem entscheidende Brücken gesprengt wurden. Diese Entwicklungen könnte signifikante Auswirkungen auf den kriegerischen Verlauf haben.
Religiöse Dimensionen im Krieg
Ein weiterer wichtiger Punkt, den Selenskyj anspricht, ist die bevorstehende Kommunikation mit dem Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomäus I. Der Patriarch wird als ehrenhaftes Oberhaupt der orthodoxen Kirche angesehen und hatte vor sechs Jahren der Orthodoxen Kirche der Ukraine die autokephale Stellung verliehen. Kiew hofft nun, von dieser religiösen Unterstützung zu profitieren und die Beziehungen zu stabilisieren, während die Spannungen mit Moskau weiter bestehen.
Die Erlass des Verbots der für Moskau loyalen Kirche und die militärischen Erfolge der Ukraine sind Zeichen eines Wandels in der nationalen Identität und dem politischen Willen des Landes. Trotzdem stellt die Kiewer Regierung fest, dass die Situation an den Fronten im Osten, insbesondere in den Regionen Pokrowsk und Torezk, weiterhin angespannt bleibt. President Selenskyj hat unmissverständlich auf die Herausforderungen hingewiesen, die die ukrainischen Verteidiger unter den gegenwärtigen Bedingungen zu bewältigen haben.
Aktuelle Herausforderungen und ein Blick in die Zukunft
Die Entwicklungen der letzten Zeit verdeutlichen, wie das ukrainische Militär und die Regierung strategisch vorgehen, um sich inmitten eines fortwährenden Konflikts neu zu positionieren. Die Kombination aus militärischen Erfolgen und politischer Neuausrichtung wirft Fragen darüber auf, wie der Krieg langfristig ausgehen könnte und ob die Ukraine in der Lage ist, eine eigene Identität und Unabhängigkeit zu wahren, während sie diese tiefen kulturellen und religiösen Wunden heilen muss.
Die religiöse Landschaft in der Ukraine
Die orthodoxe Kirche spielt eine zentrale Rolle im gesellschaftlichen und kulturellen Leben der Ukraine. Historisch ist die religiöse Landschaft von verschiedenen strömungs- und geopolitischen Einflussfaktoren geprägt. Mit der Teilung der Orthodoxie zwischen dem Moskauer und dem Konstantinopeler Patriarchat hat sich auch die Rolle der ukrainisch-orthodoxen Kirche stark verändert.
Im Jahr 2018 erhielt die Orthodoxe Kirche der Ukraine (OCU) durch Bartholomäus I., den Patriarchen von Konstantinopel, die Autokephalie, also die kirchliche Eigenständigkeit. Diese Entscheidung war nicht nur ein Akt der religiösen Unabhängigkeit, sondern auch ein bedeutendes politisches Signal, das die Distanz der Ukraine zu Russland unterstrich. Umgekehrt bedeutet das Verbot des moskautreuen Kirchenzweigs, dass die ukrainische Gesellschaft weiterhin in ihrer Suche nach nationaler Identität und kollektiver Erinnerung gefestigt wird.
Internationale Reaktionen und geopolitische Implikationen
Das Verbot der moskautreuen orthodoxen Kirche hat auch internationale Reaktionen ausgelöst. Einige westliche Länder, die die Ukraine unterstützen, begrüßen diesen Schritt als wichtigen Teil des Bestrebens, die nationale Souveränität zu wahren. Kritiker hingegen argumentieren, dass das Verbot möglicherweise die Spannungen innerhalb der Gesellschaft anheizen könnte, da es zu einer weiteren Spaltung zwischen verschiedenen religiösen und ethnischen Gruppen führen kann.
Die Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland sind ohnehin angespannt, und die Rolle der Religion in diesem Kontext könnte die geopolitischen Spannungen weiter verschärfen. Die Unterstützung der Orthodoxen Kirche der Ukraine durch westliche Nationen wird als Teil einer breiteren Strategie gesehen, die darauf abzielt, die Ukraine stärker in die europäische Gemeinschaft zu integrieren, während Russland versucht, seinen Einfluss in der Region zu wahren. Solche Dynamiken zielen nicht nur auf die religiöse, sondern auch auf die wirtschaftliche und politische Stabilität in der Region ab.
Statistische Daten zur religiösen Zugehörigkeit in der Ukraine
Laut dem Forschungsinstitut „Democratic Initiatives“ und dem Київський міжнародний інститут соціології (Kiewer Internationaler Institut für Soziologie) aus dem Jahr 2021 identifizierten sich etwa 70-75% der Ukrainer als orthodoxe Christen. Innerhalb dieser Gruppe tendieren viele dazu, der Orthodoxen Kirche der Ukraine oder dem Moskauer Patriarchat anzugehören. Eine Umfrage aus dem Jahr 2022 zeigte, dass der Anteil der Botschaften der Orthodoxen Kirche der Ukraine in der Gesellschaft gewachsen ist, während die Unterstützung für das Moskauer Patriarchat abnimmt.
Darüber hinaus berichten Umfragen, dass die öffentliche Meinung in Bezug auf die Kirchgänge und den Glauben stark von der geopolitischen Situation beeinflusst wird. Je länger der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland andauert, desto mehr Menschen in der Ukraine sehen die Notwendigkeit, sich von der russischen Einflussnahme, auch im religiösen Bereich, zu lösen.