Von der Leyen droht Karriere-Aus: Die Alles- oder Nichts-Abstimmung | Politik
Entscheidungstag in Straßburg
Am Donnerstag um 13 Uhr ist es soweit: In Straßburg entscheiden die 720 Europa-Abgeordneten über das politische Schicksal von Ursula von der Leyen (65, CDU). Diese Abstimmung stellt einen Wendepunkt in ihrer Karriere dar, da sie erst bestätigt werden muss, um weitere fünf Jahre als EU-Kommissionschefin im Amt zu bleiben. Die Wahl ist geheim und es gibt nur einen Wahlgang, was die Spannung erhöht.
Der Kampf um die Mehrheit
Die Mehrheit von 361 Stimmen ist entscheidend für von der Leyen. Während die Koalition aus Konservativen, Liberalen und Sozialdemokraten offiziell 400 Unterstützer aufweist, sind 10 bis 20 Prozent Abweichler auf EU-Ebene keine Seltenheit. Diese Unwägbarkeiten zwingen von der Leyen dazu, auch über ihre Parteigrenzen hinaus um Stimmen zu kämpfen. Deshalb hat sie sogar einen wichtigen Gipfel in Washington abgesagt, um persönlich mit Fraktionen und einzelnen Abgeordneten zu sprechen. Vor Kurzem traf sie sich beispielsweise mit den Grünen, die sich für ihre Unterstützung beim „Green Deal“ bedankten, jedoch auf zu viele offene „Hintertüren“ hinwiesen.
Die politische Brisanz der Abstimmung
Sollte von der Leyen keine Mehrheit erreichen, wäre das nicht nur das Ende ihrer Karriere in Brüssel, sondern könnte auch zu einer politischen Krise in der EU führen. Diese möglichen Auswüchse sorgen für Unruhe in der politischen Landschaft Europas. Auch die CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, vertreten durch Daniel Caspary (48), sieht dies als großes Risiko in der aktuellen Weltlage. „Am 18. Juli müssen sich die Demokraten freuen können und nicht Putin, Orban, die AfD und ihre Freunde,“ betont Caspary.
Kontroverse Allianzen
Von der Leyens politische Manöver zur Sicherstellung einer Mehrheit sorgen für Diskussionen. Zum einen könnte die Unterstützung der Grünen ihr nützen, doch da diese sich nicht einig sind, setzte sie auch auf Gespräche mit der EKR-Fraktion, angeführt von Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni von den rechten „Fratelli d‘Italia“. Diese Annäherung kam bei Grünen und Sozialdemokraten nicht gut an. In der politischen Arena gleicht dies einer zu kurzen Bettdecke: egal wohin man sie zieht, es bleibt immer eine Seite unbedeckt und kalt.
Ein wichtiger Faktor für ihre Unterstützer ist EVP-Chef Manfred Weber (51, CSU). Es scheint ihm gelungen zu sein, Kritiker von der Leyens innerhalb der eigenen Partei zu überzeugen. Auch die Liberalen wissen, dass eine Niederlage von der Leyens negative Konsequenzen für ihre eigenen politischen Ziele hätte. Hierbei sticht vor allem Marie-Agnes Strack-Zimmermann (66) hervor, die sich Hoffnungen auf den Vorsitz eines möglichen EU-Verteidigungsausschusses macht.
Europa im Fokus
Die Wahl von Ursula von der Leyen könnte Europa vor einer Führungskrise bewahren. So haben die Sozialdemokraten bereits ihren Kandidaten António Costa (62), Portugals Ex-Premier, in Position gebracht. In Deutschland und Spanien gibt es daher die Erwartung, von der Leyen im nationalen Interesse zu unterstützen. Ein Versagen der Abstimmung könnte erhebliche Auswirkungen auf die politische Stabilität in der EU haben.
Schließlich appelliert Daniel Caspary an alle im demokratischen Lager, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein: „Sollte Ursula von der Leyen scheitern, dann tragen sie die Verantwortung für Chaos in Europa.“ Für die 720 Europa-Abgeordneten steht also am 18. Juli eine Entscheidung an, die weitreichende Konsequenzen für die gesamte Europäische Union haben könnte.
– NAG