Tim Walz ist als Kamala Harris‘ Running Mate in den Mittelpunkt der politischen Bühne gerückt. Mit einem einzigen markanten Kommentar im Fernsehen – „Diese Leute sind einfach seltsam“ – katapultierte sich der 60-Jährige ins Rampenlicht. Walz bringt eine bodenständige, klare und manchmal scharfzüngige Art mit, um gegen die republikanische Opposition anzutreten. Sein Lebenslauf ist beeindruckend: Er war Lehrer, Football-Coach und Mitglied der Nationalgarde, bevor er in die Politik einstieg.
Tim Walz wuchs im ländlichen Nebraska auf, verbrachte seine Sommer mit Landwirtschaft und Jagd und trat bereits mit 17 Jahren der Nationalgarde bei. Sein Vater, der als öffentlicher Schulverwalter arbeitete, ermutigte ihn zum Militärdienst, bevor er an Lungenkrebs starb, als Walz 19 Jahre alt war. Mit Hilfe von Sozialversicherungsleistungen und dem GI Bill konnte Walz sein Studium finanzieren und einen Einstieg ins Berufsleben finden.
Vom Lehrer zum Politiker
Walz setzte seine Lehrerausbildung in China fort, wo er für ein Jahr unterrichtete, kurz nach dem Tiananmen-Massaker. Nach seiner Rückkehr in die USA wurde er Lehrer und Football-Coach in Nebraska. Seine Frau Gwen Whipple, ebenfalls Lehrerin, brachte ihn schließlich nach Minnesota zurück. Als Coach an der Mankato West High School führte Walz die Football-Mannschaft zum ersten Staatstitel der Schule. Während seiner Lehrtätigkeit engagierte er sich auch für die LGBTQ+ Gemeinschaft, indem er als Berater der Gay-Straight-Allianz der Schule fungierte.
Walz trat erstmals in einer ländlichen, republicanisch geprägten Region im Süden von Minnesota zur Wahl an. Als gemäßigter Kandidat, der sich für den öffentlichen Dienst und die Belange der Veteranen einsetzte, gelang ihm ein überraschender Wahlsieg. In seinen 12 Jahren im Kongress erwies sich Walz als schwer zu kategorisieren. Er unterstützte das Affordable Care Act und setzte sich für eine Erhöhung des Mindestlohns ein, fand aber auch Gemeinsamkeiten mit den Republikanern, zum Beispiel bei der Finanzierung der Kriege im Irak und Afghanistan.
Geprägt durch Kontroversen
Als Gouverneur von Minnesota gewann Walz 2018 die Wahl mit deutlichem Vorsprung. Seine erste Amtszeit war jedoch stark geprägt von der COVID-19-Pandemie und der Tötung von George Floyd durch einen Polizisten in Minneapolis. Walz wurde von den Republikanern für seine langsame Reaktion bei der Entsendung der Nationalgarde während gewalttätiger Proteste kritisiert. Trotzdem konnte er seine Wiederwahl gewinnen und seine zweite Amtszeit begann mit einer Vielzahl von Gesetzesinitiativen, einschließlich der Sicherung von Abtreibungsrechten und Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungs- und Wohnsituation.
Walz ist bekannt für seine scharfen Kommentare über die Republikaner, die er als „seltsam“ bezeichnete und ihnen vorwarf, Bücher verbieten und sich in Arztgespräche einmischen zu wollen. Tom Emmer, der dritthöchste Republikaner im US-Repräsentantenhaus, warf Walz vor, Minnesota in einen zweiten Kalifornien-Staat verwandeln zu wollen. Trotz dieser Kritik sehen seine Anhänger in ihm einen Kandidaten, der Kamala Harris‘ Attraktivität für ländliche und Arbeiterwähler erhöhen könnte.
Auch Walz‘ Familie unterstützt ihn stark. Seine Frau Gwen und ihre beiden Kinder, Hope und Gus, begleiteten ihn zur Democratic National Convention, wo Walz sie als seine „ganze Welt“ bezeichnete. Diese Bemerkung brachte Gus sogar zu Tränen, als er ausrief: „Das ist mein Vater.“ Das Paar sprach offen über die Lernschwierigkeiten ihres Sohnes und wie diese Herausforderungen den Familienzusammenhalt stärkten.
Walz sprach bei der Convention in Chicago auch über die Fertilitätsprobleme, die er und seine Frau durchlebt haben. Dies ist ein sensibler Punkt im amerikanischen Diskurs über Abtreibungsrechte. Seine Frau stellte kürzlich klar, dass das Paar eine andere Methode als die häufig diskutierte IVF verwendet hat, was zu Kritik seitens der Republikaner führte.
Walz‘ Geschichte als Lehrer, Coach, Nationalgardist und Politiker zeichnet ein vielschichtiges Bild eines Mannes, der bereit ist, die nationale Bühne zu betreten und an der Seite von Kamala Harris in den Wahlkampf zu ziehen.
