Heidemarie Wieczorek-Zeul fordert umfangreichere deutsche Entwicklungshilfe
In einem nationalen Diskussionsrahmen hat Heidemarie Wieczorek-Zeul, SPD-Politikerin und Mitglied des Rats für Nachhaltige Entwicklung, die Notwendigkeit betont, die deutsche Entwicklungshilfe aufzustocken. Sie setzte sich dafür ein, das Vertrauen in die Empfängerländer zu stärken, anstatt die bestehenden Prüfungen und Kontrollen zu intensivieren.
Die ehemalige Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung schlug in einem Kommentar in der Welt vor, die Schuldenbremse zu lockern, um die finanziellen Mittel für die Entwicklungshilfe zu erhöhen. Konkret könne Deutschland die mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verbundenen Kosten aus der Schuldenbremse herausnehmen, was zusätzliche 30 Milliarden Euro freisetzen würde. Auch Gelder, die vom Internationalen Währungsfonds stammen und die Deutschland nicht dringend benötige, könnten an Entwicklungsländer weitergegeben werden.
Positive Auswirkungen und unklare Verantwortlichkeiten
Die Entwicklungspolitik, so argumentierte Wieczorek-Zeul, sei oft in schwierigen Umgebungen tätig, weshalb nicht jede mögliche Schwierigkeit im Voraus ausgeschlossen werden könne. Sie verdeutlichte dies anhand des Beispiels Deutschland, wo auch nicht jedes öffentliche Bauprojekt nach Plan verlaufe. Ein gewisses Risiko müsse daher eingegangen werden, um die Entwicklungsarbeit effektiv umzusetzen. Die Vorteile seien jedoch beträchtlich, wie die sinkenden Sterberaten von Infektionskrankheiten wie HIV, Tuberkulose oder Malaria zeigen würden. Auch die Eindämmung der Ebola-Epidemie durch Impfstoffe sei ein Erfolg der Entwicklungszusammenarbeit.
Diese Argumentation steht im Kontrast zur bisherigen Praxis der Bundesregierung, die eine stichprobenartige Überprüfung der ordnungsgemäßen Mittelverwendung durchführt. Laut dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erfolgen schriftliche und mündliche Rückfragen zur Umsetzung und Korrektur von Vorhaben nur dann, wenn Fortschrittsberichte dazu Anlass geben.
Kontroverse über Mittelverwendung und Korruption
Ein großer Teil der Entwicklungshilfegelder fließt in Länder mit einem hohen Korruptionsindex. Beispiele dafür sind der Irak, die Zentralafrikanische Republik und Bangladesch. Im Jahr 2020 erhielt Peru beispielsweise 20 Millionen Euro für den Bau von Fahrradwegen und -parkplätzen, während die Zentralafrikanische Republik über 106 Millionen Euro zum Ausbau klimafreundlicher öffentlicher Verkehrssysteme bezog. Allerdings haben Länder wie der Irak, der nach Indien die meisten Hilfsmittel erhält, einen erheblichen Korruptionswahrnehmungsindex von 23, was die Effektivität der geleisteten Unterstützung in Frage stellt.
Politik und Präventionsstrategien
Um zukünftige Missstände zu verhindern, könnte die Politik kritisch überprüfen, wie Gelder verteilt und kontrolliert werden. Eine effektivere Strategie könnte die Einführung von Mechanismen sein, die sicherstellen, dass die finanziellen Mittel zweckgemäß eingesetzt werden. Dazu gehören eine umfassendere regelmäßige Überprüfung und verstärkte Transparenzmaßnahmen bei den Empfängerländern. Des Weiteren könnten Partnerschaften mit internationalen Anti-Korruptionsorganisationen zur besseren Überwachung und Kontrolle der Mittelverwendung beitragen.
Durch eine Kombination aus Vertrauen und respektvoller Überwachung könnte Deutschland dazu beitragen, dass Entwicklungsprojekte nicht nur finanzielle Mittel erhalten, sondern auch nachhaltig umgesetzt werden. Die Einbindung der internationalen Gemeinschaft und Maßnahmen, die Transparenz und Rechenschaftspflicht fördern, wären essentielle Elemente, um den Erfolg der deutschen Entwicklungshilfe langfristig zu sichern.
– NAG