Die Situation bei Volkswagen ist angespannt, und Ministerpräsident Stephan Weil von Niedersachsen, der auch Mitglied im Aufsichtsrat des Automobilkonzerns ist, äußert sich besorgt über die Herausforderungen, vor denen das Unternehmen steht. Er fordert, die Standortschließungen zu vermeiden, und ist überzeugt, dass der Konzern aus seiner Krise herauskommen kann, indem die verschiedenen Bereiche besser aufeinander abgestimmt und die Prozesse vereinheitlicht werden. Ein Ansatz, den er als vielversprechend sieht, ist die Möglichkeit, von den Innovationszyklen der chinesischen Automobilindustrie zu lernen. „Daran darf sich die europäische Automobilindustrie gerne ein Beispiel nehmen“, so Weil.
In einem Interview erklärt Weil, dass die Entwicklungen im Bereich Elektromobilität von großer Bedeutung sind. Der Ministerpräsident spricht sich auch für eine Rückkehr zu Kaufprämien für Elektroautos aus, um privaten Käufern mit geringerem Einkommen zu helfen. Seiner Ansicht nach wäre dies ein wertvoller Schritt, um die Akzeptanz von Elektrofahrzeugen in Deutschland zu erhöhen. „Ich habe den abrupten Stopp der Verkaufsförderung durch die Bundesregierung immer für falsch gehalten“, fügt er hinzu. In anderen europäischen Ländern, die Kaufanreize aufrechterhalten haben, sei der Absatz von Elektroautos weiterhin gestiegen. In Deutschland hingegen, wo solche Anreize nicht mehr vorhanden sind, seien die Verkaufszahlen rückläufig.
Die Rolle des Landes Niedersachsen bei Volkswagen
Niedersachsen hält 20 Prozent der Stimmrechte im VW-Konzern, was dem Land eine bedeutende Stimme im Aufsichtsrat verleiht. Neben Weil sitzt auch die Stellvertreterin Julia Willie Hamburg für die Grünen im Aufsichtsrat, wo sie zusammen mit den Arbeitnehmervertretern eine Mehrheit bilden. Bei wichtigen Entscheidungen hat Niedersachsen ein Veto-Recht, was den Einfluss des Bundeslandes auf die Unternehmenspolitik von Volkswagen unterstreicht.
Ministerpräsident Weil ist sich bewusst, dass die kommende Umstellung auf Elektromobilität nicht einfach sein wird. Der Druck zur Einhaltung der verschärften CO₂-Emissionen wird die Hersteller zwingen, sich schnell zu modernisieren. Die von der Politik geforderten Rahmenbedingungen sind klar: Ab 2035 sollen keine neuen Verbrennermodelle mehr zugelassen werden. Auch wenn die Diskussionen über diese Regelungen weiterhin stark geführt werden, bleibt der Kurs auf Elektromobilität für die Industrie notwendig.
Weil selbst plant, in naher Zukunft ein Elektroauto zu erwerben, obwohl er derzeit einen alten Golf fährt. Er zeigt sich optimistisch, dass Volkswagen an bezahlbaren Elektroautos arbeite, die in naher Zukunft auf den Markt kommen sollen. „Volkswagen selbst betont ja immer mal wieder: Wir müssen die verschiedenen Bereiche besser aufeinander abstimmen, weniger kompliziert sein, dann wird es auch billiger“, erklärt er.
Ein weiterer Punkt der Diskussion ist der Wettbewerbsdruck durch chinesische Hersteller, die im Niedrigpreissegment bereits Fahrzeuge anbieten, die Volkswagen momentan noch nicht zur Verfügung stellen kann. Weil räumt ein, dass chinesische Unternehmen bei der Unterstützung ihrer Industrien von Seiten des Staates profitieren, was zu einem ungleichen Wettbewerb führt. Er ist jedoch überzeugt, dass Volkswagen auf lange Sicht wettbewerbsfähig bleiben kann, wenn es gelingt, die internen Strukturen zu optimieren.
„Es wirkt, als sei VW ein deutscher Tanker, der im Wettbewerb chinesischen Schnellbooten gegenübersteht“, wird er gefragt. „Das Bild gefällt mir nicht“, antwortet Weil, und betont, dass auch große Unternehmen wie Volkswagen schnell und anpassungsfähig sein können. Die Herausforderung sei es, die bestehenden Vorteile zu nutzen und gleichzeitig flexibel zu bleiben.
Insgesamt ist Weil optimistisch, dass Volkswagen die notwendigen Veränderungen vornehmen kann, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Die Rückkehr zu Kaufanreizen für Elektroautos könnte ein wichtiger Schritt sein, um die Verkaufszahlen zu steigern und die Kunden von der Umstellung auf Elektromobilität zu überzeugen. Ob und wann solche Maßnahmen eingeführt werden, bleibt abzuwarten, während Niedersachsen eine Schlüsselrolle im Geschehen spielt.